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Urteil: Lebenslange Haft für Ex-Krankenschwester wegen siebenfachem Babymord


Urteil in Großbritannien
Krankenschwester tötete sieben Kinder – lebenslange Haft

Von dpa, t-online
Aktualisiert am 21.08.2023Lesedauer: 4 Min.
Eine Gerichtszeichnung der verurteilten Lucy Letby: Die 33-Jährige hat in ihrem Job als Kinderkrankenschwester in einer Klinik in Chester zahlreiche Babys getötet.Vergrößern des BildesEine Gerichtszeichnung der verurteilten Lucy Letby: Die 33-Jährige hat als Kinderkrankenschwester in einer Klinik in Chester zahlreiche Babys getötet. (Quelle: IMAGO/Julia Quenzler / SWNS)
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Sieben Neugeborene hat sie getötet, bei mehr als 30 weiteren Babys soll sie es versucht haben: Im Prozess um eine britische Kinderkrankenschwester ist das Urteil gefallen.

Die britische Ex-Krankenschwester Lucy Letby ist für den Mord an sieben Kleinkindern und dem versuchten Mord an sechs weiteren zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Ein Gericht in Manchester verurteilte die 33-jährige am Montagnachmittag zu einer sogenannten "whole life order". Eine Jury hatte sie am vergangenen Freitag bereits für schuldig erklärt. Damit ist Letby erst die dritte Frau, die in Großbritannien diese Höchststrafe erhalten hat.

Einem Bericht des "Guardian" zufolge, der erst kurz vor der Urteilsverkündung erschienen war, soll die ehemalige Kinderkrankenschwester versucht haben, noch deutlich mehr Kleinkindern zu schaden. Ermittler hätten bisher etwa 30 weitere "verdächtige Vorfälle" mit Babys während Letbys Zeit am Krankenhaus in Chester ausgemacht, schrieb die Zeitung am Montag. Alle Kinder hätten überlebt. Insgesamt prüfen die Behörden die Betreuung von 4.000 Neugeborenen.

Es handelt sich um die schwerste Kindermordserie in Großbritannien in der jüngeren Geschichte.

Alphabet des Grauens

Die Ex-Kinderkrankenschwester nahm selbst nicht an der Urteilsverkündung teil. Schon als sie signalisiert hatte, dem Richterspruch fernbleiben zu wollen, hatten Politiker und Angehörige gefordert, Letby notfalls mit Gewalt vorzuführen. Das Gericht hatte jedoch keine Handhabe, sie zur Anwesenheit zu verpflichten. Die Regierung plant ein Gesetz, damit Straftäter ihrer Verurteilung nicht mehr fernbleiben können.

Bevor die Jury die einstige Krankenschwester am Freitag für schuldig bekannt hatte, gehörte der vorletzte Gerichtstag vor allem den Angehörigen. In Aussagen, oft unter Tränen, berichteten sie, wie der Tod ihrer Babys ihr Leben verändert hat. Anders als bei der Angeklagten dürfen ihre Namen nicht berichtet werden, die Opfer haben deshalb Buchstaben bekommen: von Kind A bis Kind Q – es ist ein Alphabet des Grauens.

So etwa im Fall von Kind D: Vorzeitig geboren, starb das Mädchen plötzlich. Die Beisetzung fand noch vor dem errechneten Geburtstermin statt. "Meine Arme, mein Herz, mein Leben fühlten sich so schmerzhaft leer an", sagte die Mutter, von Emotionen übermannt, vor Gericht. Sie frage sich jeden Tag, ob sie ihre Tochter im Stich gelassen habe.

In vielen Fällen war es Letby, die sich nach dem Tod um die kleinen Körper kümmerte. Bei Kind C etwa, einem Jungen, half sie, eine Box mit Erinnerungen zusammenzustellen, mit einem Fußabdruck. Den Leichnam von Kind E, ebenfalls ein Junge, wusch sie, bevor sie ihn in ein wollenes Gewand kleidete, das sie mit ihren Kolleginnen extra ausgesucht hatte. Wie die Mutter des Kinds erzählte, hatte Letby den ganzen Weg der Familienplanung miterlebt, schließlich klappte es mit Zwillingen. Der Bruder von E, Kind F, überlebte den Mordversuch. "Lucy wusste von unserer Reise und hat unseren Jungs absichtlich erheblichen Schaden und Grausamkeit zugefügt", sagte die Mutter im Prozess.

"Letztendlich wollte sie Gott spielen"

Zwar betonten die Angehörigen, dank des Urteils könnten sie anfangen, mit dem Tod ihrer Kinder abzuschließen. "Wir wollten Gerechtigkeit für (Kind D), und dieser Tag ist nun gekommen", sagte dessen Mutter. Eine andere nannte Letby einen "Niemand". Doch die Frage nach dem Warum ist noch offen. Weil die frühere Krankenschwester bis zuletzt ihre Schuld bestreitet, bleibt ihr Motiv verborgen.

Ankläger Johnson brachte im Verfahren mehrere Theorien auf. "Letztendlich wollte sie Gott spielen", sagte er über einen Fall, in dem Letby mit einem Kollegen über den bevorstehenden Tod eines Babys sprach. "Sie genoss, was passierte, und sagte fröhlich etwas voraus, von dem sie wusste, dass es geschehen würde", sagte Johnson. Letby hatte Kind P mit Milch überfüttert – 13 Minuten, nachdem sie dessen Drillingsbruder getötet hatte.

Verschiedene Theorien für Motiv

Als eine Möglichkeit gilt auch, dass die junge Frau sich bei einem Arzt, in den sie sich angeblich verliebt hatte, interessant machen wollte. Bei der Aussage des Mannes habe sie das einzige Mal im gesamten Prozess emotional reagiert, berichteten britische Medien.

Notizen könnten der einzige Hinweis auf ein Geständnis bleiben. "Ich bin böse, ich habe das getan", stand auf einem Klebezettel, den Ermittler in Letbys Wohnung fanden. Ebenso schrieb sie: "Ich verdiene nicht zu leben. Ich habe sie absichtlich getötet, weil ich nicht gut genug bin, mich um sie zu kümmern. Ich werde nie heiraten oder Kinder haben. Ich werde nie wissen, wie es ist, eine Familie zu haben." Letby sagte im Prozess, die Notizen seien lediglich Ausdruck ihrer seelischen Qualen, nachdem die Kinder in ihrer Obhut gestorben waren. Das nahm ihr die Jury nicht ab.

Offen ist auch, warum Letby nicht früher gestoppt wurde. Das Klinik-Management hatte Hinweise von Kollegen oder Vorgesetzten ignoriert oder gar schroff zurückgewiesen. Die Regierung hat eine Untersuchung angeordnet. "Nichts kann ändern, was uns geschehen ist", sagte die Mutter der Kinder E und F. "Wegen Lucys Verbrechen sitzen wir eine lebenslange Haftstrafe ab."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • theguardian.com: "Lucy Letby faces life in jail when she is sentenced for murdering seven babies" (englisch)
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