Ukraine-Krieg: Russischer Pilot schoss wohl mit Absicht auf Briten

Vor einem Jahr traf eine russische Rakete beinah ein britisches Flugzeug. Moskau sprach damals von einem technischen Defekt. Das stimmt offenbar nicht.

Dieser Zwischenfall hätte beinah die Nato auf den Plan gerufen: Am 29. September vorigen Jahres feuerte ein russischer Kampfjet auf ein britisches Aufklärungsflugzeug, das in internationalem Luftraum über dem Schwarzen Meer patrouillierte. Die russische Rakete verfehlte die RC-135 mit knapp 30 Personen an Bord nur knapp. Moskau beteuerte anschließend, der Kampfjet vom Typ Su-27 habe einen technischen Defekt gehabt und deswegen gefeuert. Doch das war offenbar gelogen.

Wie die BBC jetzt unter Berufung auf mehrere hohe Beamte berichtet, feuerte der russische Pilot mit voller Absicht auf das Flugzeug. Das soll aus den Funksprüchen zwischen zwei russischen Piloten und ihrer Bodenleitstation hervorgehen, die das britische Aufklärungsflugzeug abgefangen hat.

Abschuss hätte wohl Nato auf den Plan gerufen

Demnach habe der russische Pilot seine Rakete nach einem uneindeutigen Befehl von der Bodenstation abgefeuert. Der Pilot einer zweiten Su-27 habe dagegen nicht gefeuert, sondern gegen den Befehl Widerspruch eingelegt und den Kollegen in der anderen Su-27 heftig angebrüllt, so der Bericht.

Bekannt wurde der Zwischenfall erst im April dieses Jahres durch geleakte Papiere des US-Verteidigungsministeriums. Hätte die Rakete das britische Flugzeug getroffen, wäre der Vorfall möglicherweise Anlass zu einer Aktivierung der Nato-Artikel vier oder fünf gewesen.

Ersterer tritt dann in Kraft, wenn ein Nato-Mitgliedsstaat seine territoriale Integrität oder die allgemeine Sicherheit für gefährdet hält. Artikel fünf wird aktiviert, sobald es einen bewaffneten Angriff gegen eines der Mitgliedsstaaten gibt. Der Angriff wird dann als eine Attacke gegen das gesamte Militärbündnis gewertet. Offiziell haben sich weder Großbritannien noch Russland oder die USA zu dem Zwischenfall geäußert.