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Eine deutsche Katastrophe: Die Tragödie der "General Slocum"


Eine deutsche Katastrophe
Die Tragödie der "General Slocum"

Von dpa
Aktualisiert am 14.06.2014Lesedauer: 3 Min.
Nur noch ein rauchendes Gerippe mit riesigen Antriebsschaufeln blieben von dem ausgebrannten Wrack der "General Slocum" übrigVergrößern des BildesNur noch ein rauchendes Gerippe mit riesigen Antriebsschaufeln blieben von dem ausgebrannten Wrack der "General Slocum" übrig (Quelle: dpa-bilder)
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Ein fröhlicher Schiffsausflug hatte es werden sollen - und es endete in der größten zivilen Schiffskatastrophe der USA. Über 1000 deutsche Einwanderer kamen bei der Tragödie ums Leben, ein ganzer Stadtteil zerbrach an der Trauer und Verzweiflung der Hinterbliebenen. Vor genau 110 Jahren machte sich die "General Slocum", das "größte und glanzvollste Ausflugsboot New Yorks" auf seine verhängnisvolle letzte Fahrt.

An einem sonnigen Morgen am Sonntag vor genau 110 Jahren bestiegen 1358 Passagiere, hauptsächlich Frauen und Kinder deutscher Abstammung, den stolzen Raddampfer. Die lutherische St. Marks Kirche der deutsch-amerikanischen Gemeinde auf der Lower East Side hatte das Schiff für 350 Dollar gechartert und wollte wie jeden Sommer das Ende des Schuljahres feiern. Geplant waren Picknick, Musik und Tanz, und das alles vor der Küste New Yorks.

Pastor Hass begrüßte alle Passagiere mit Handschlag, ehe er Kapitän William Van Schaick das Zeichen zum Ablegen gab.

Feuer bricht aus - und das Desaster beginnt

Was folgte, ist die bis heute größte zivile Schiffskatastrophe der USA: Nur rund eine halbe Stunde nach dem Start brach in einem Lagerraum des Schaufelraddampfers Feuer aus. Glut einer Zigarette oder aus der Kombüse hätten unsachgemäß gelagertes Stroh entzündet, ergab später eine Untersuchung.

Löschversuche scheiterten, weil der einzige Schlauch verrottet war und platzte. Auch die Schwimmwesten erwiesen sich als unbrauchbar. Rettungsboote ließen sich nicht aus ihren Verankerungen lösen. Brandschutzübungen hatte es nie gegeben. Das Feuer lasse sich nicht bekämpfen, teilte die Crew Kapitän Van Schaick mit. "Es ist, als ob wir die Hölle selber löschen müssten."

Untergang am "Höllentor"

Schließlich sank das 76 Meter lange und 21 Meter breite nach dem Bürgerkriegshelden General Henry W. Slocum benannte Schiff vor der Küste der Bronx bei einer Flussenge mit dem Namen "Hell's Gate" (Höllentor). Hunderte Passagiere erstickten, verbrannten oder ertranken im heftigen Wellengang. Viele von ihnen konnten nicht schwimmen und wurden durch ihre damals modische schwere und lange Kleidung zusätzlich in die Tiefe gezogen.

Mehr als 1000 Menschen waren am Ende dieses so fröhlich gestarteten Tages tot, die meisten von ihnen Frauen und Kinder deutscher Herkunft. Nur 321 Passagiere überlebten. Noch Tage später wurden an den Küsten New Yorks Leichen angeschwemmt. "Ein Horrorspektakel, das sich mit Worten nicht beschreiben lässt", nannte es eine Zeitung damals.

Obwohl die Tragödie heute so gut wie in Vergessenheit geraten ist, ist sie nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 noch immer die größte Katastrophe in der Geschichte New Yorks.

"Little Germany" erholte sich nicht mehr

Es gab eine Untersuchung und ein aufsehenerregendes Gerichtsverfahren. Präsident Theodore Roosevelt ordnete strengste Sicherheitskontrollen für alle Passagierschiffe an. Kapitän Van Schaick, der das Unglück schwer verletzt überlebt hatte, wurde später zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Das "Little Germany" in der Millionenmetropole New York sollte sich von der Tragödie nie mehr erholen.

Im heutigen East Village hatten mehr als 50.000 deutsche Einwanderer ein vibrierendes "Kleindeutschland" gegründet. Insgesamt etwa eine halbe Million New Yorker sprachen damals Deutsch. Mit Schiffen kamen Woche für Woche Neuankömmlinge dazu. Rund um den Tompkins Park gab es auf mehr als 40 Straßenblocks Biergärten, Delikatessenläden, deutsche Schulen und Kirchen sowie Gesangs-, Sport- und Schützenvereine.

Nach der "General Slocum"-Katastrophe hatten Hunderte Männer ihre Familien verloren, die Kindergärten und Schulhöfe blieben leer, dutzende Witwer nahmen sich das Leben oder litten unter Despressionen. Andere gingen zurück nach Deutschland oder zogen weiter in den Norden Manhattans, nach Yorkville. Dort entstand ein zweites "Little Germany", das allerdings nur ein blasser Abglanz des Vorbilds war und von dem heute nur noch wenige Spuren zu sehen sind.

Einst eines der lebendigsten Einwandererviertel ist "Kleindeutschland" heute - anders als etwa Chinatown oder Little Italy - fast völlig verschwunden. "Die tödlichste Katastrophe in New York vor 9/11", so fasst es das Smithsonian Museum zusammen, "hat schlussendlich eine ganze deutsche Gemeinschaft von der Landkarte Manhattans ausradiert."

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