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Atombombe auf Berlin: Diese Stadtteile trifft es – wo ist man sicher?


Verheerende Auswirkungen
Was passiert, wenn eine Atombombe Berlin trifft?

Von Io Görz

Aktualisiert am 01.03.2024Lesedauer: 4 Min.
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Berlin: Was würde passieren, wenn hier eine Atomwaffe gezündet wird? (Quelle: IMAGO/Andreas Friedrichs)

Was passiert, wenn eine Atombombe Berlin trifft? Dieses Schreckensszenario hat eine Studie durchgerechnet. Das wären die Auswirkungen.

Ein Atomkrieg auf deutschem Boden – nach dem Kalten Krieg eigentlich ein undenkbares Szenario. Und es ist immer noch sehr unwahrscheinlich. Doch die Debatte um Atomwaffen und deren Einsatz ist nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erneut in den Fokus gerückt.

Immer wieder haben russische Politiker und Medien einen Atomschlag gegen Nato-Länder, darunter Deutschland, ins Spiel gebracht. Die Bedrohung fühlt sich also so real an wie seit Jahrzehnten nicht mehr, und Menschen fragen sich, was passieren würde, wenn eine Atombombe eine deutsche Stadt träfe. Als Regierungssitz wäre Berlin wahrscheinlich eines der ersten Ziele, sollte es je zu einer solchen Eskalation kommen.

Wenn man die Frage stellt, welche Auswirkungen eine Atombombe beim Abwurf auf Berlin hätte, ist entscheidend, welche Größe die Nuklearwaffe hat. Die Detonationskraft von Atom- und Wasserstoffbomben rangiert in einem weiten Spektrum. Von einer Sprengkraft von 0,3 Kilotonnen TNT bis zu rund 50 Megatonnen TNT ist alles möglich, doch sind das die Extreme der kleinsten und größten jemals zur Detonation gebrachten Atomwaffen. Daneben kommt es darauf an, ob eine Bombe auf dem Boden oder in der Luft explodiert. Die Druckwelle kann sich weiter ausbreiten, wenn ein Sprengkörper in der Luft detoniert.

Eine Nuklearwaffe beruht auf dem Prinzip der Kernspaltung bei einer klassischen Atombombe wie denen von Hiroshima oder Nagasaki oder der Kernfusion bei Wasserstoffbomben wie der Bombe, die zuerst im Bikiniatoll getestet wurde. Während in einem Atomkraftwerk die Kettenreaktion der Atomkernspaltung gebremst wird und kontrolliert stattfindet, ist der Vorgang bei einer Atombombe völlig unkontrolliert und setzt rasend schnell unglaubliche Mengen Energie frei. Diese wird zur Hälfte in Form einer Druckwelle freigesetzt, ein weiteres Drittel in Form von Hitze und etwa zehn Prozent als Falloutstrahlung. Die etwa fünf Prozent Sofortstrahlung fallen meist kaum ins Gewicht, da diese nur im direkten Umkreis wirkt, wo sowieso alles von Hitze und Druckwelle stark betroffen ist. Neben der Explosivkraft hat eine Atomwaffe auch zerstörerische Wirkung auf elektronische Geräte im Umkreis von etlichen Kilometern durch elektromagnetische Impulse (EMP).

Welche Auswirkungen hätte eine Atomexplosion in Berlin?

In einer Studie hat die Umweltorganisation Greenpeace bereits im Jahr 2020, also lange vor dem Ukrainekrieg, auf Grundlage des Tools "Nukemap" errechnen lassen, welche Auswirkungen eine sogenannte taktische Atombombe mit der Sprengkraft von 20 Kilotonnen TNT direkt vor dem Reichstagsgebäude in Berlin hätte. Als taktische Atomwaffe bezeichnet man vergleichsweise "kleine" Atombomben, die sich vor allem gegen militärische Ziele auf dem Gefechtsfeld richten, während sich sogenannte "strategische" Atomwaffen gegen das gegnerische Hinterland und damit auch gegen große Städte richten.

In dem Rechenbeispiel ist man aber von einer 20-Kilotonnen-Bombe ausgegangen. Bei einer Detonation direkt auf der Wiese vor dem Reichstag würde in einem Radius von 260 Metern alles verdampfen. Davon wären rund 1.000 Menschen direkt betroffen – je nach Touristenandrang im Bundestag und davor.

In einem Radius von 590 Metern müsste man ebenfalls von einem Totalverlust aller Personen in diesem Bereich ausgehen – geschätzt wären wohl rund 4.500 Menschen sofort tot. Gebäude in diesem Gebiet wären zumindest schwer beschädigt oder ganz zerstört – das Bundeskanzleramt und das Brandenburger Tor wären also wohl nur noch ein Haufen Geröll.

Tausende Todesopfer innerhalb von Sekunden

In einem Radius von 1,4 Kilometern wären Gebäude beschädigt und würden wahrscheinlich einstürzen. Die Wahrscheinlichkeit für ausbrechende Feuer wäre sehr hoch. Betroffen wären etwa der Hauptbahnhof, die Humboldt-Universität und der Große Tiergarten. Der dürfte nach einer Explosion in Flammen stehen.

Menschen im Freien in diesem Radius würden eine tödliche Strahlendosis abbekommen. Die Todesursache bei diesen Menschen wären aber vor allem die Druckwelle und die Hitze. Schätzungen gehen hier von etwa 20.000 Todesopfern aus.

Erst in einem weiteren Radius, zwischen 1,4 Kilometern und zwei Kilometern um den Explosionsort, würden Menschen immer noch schwere Verbrennungen erleiden – die Berechnungen gehen von rund 50.000 Betroffenen aus. Die Wahrscheinlichkeit für Verbrennungen dritten Grades zwischen dem Checkpoint Charlie im Süden und dem Invalidenfriedhof im Norden sowie von der Siegessäule bis zum Berliner Dom wäre extrem hoch.

Leichtere Schäden wie berstende Fensterscheiben sind bis zu einer Entfernung von rund 3,2 Kilometern um die Explosionsstelle anzunehmen. Von der Luisenstadt bis zum Zoologischen Garten und vom Viktoriapark bis zum Gesundbrunnen bestünde die Gefahr, von Glassplittern getroffen zu werden, wenn diese unter der Druckwelle brechen.

Insgesamt gehen die Berechnungen von rund 25.000 Todesopfern und etwa 75.000 Verletzten in der direkten Folge der Explosion einer taktischen Atomwaffe mitten in Berlin aus.

Folgen der radioaktiven Strahlung

Etwa zehn Prozent der Energie einer Atombombenexplosion wird als Fallout-Strahlung abgegeben. In einem weiteren Umkreis würde eine Atomwaffe auch solche Menschen betreffen, die zunächst von der Explosion verschont geblieben waren. Radioaktiv belastetes Material wird durch eine Detonation aufgewirbelt und verbreitet sich über die Luft. Wo, kommt auf die Windrichtung nach der Explosion an.

Geht man von Wind aus westlicher Richtung aus, wären rund 318.000 Menschen in einem 150 Quadratkilometer großen Gebiet von radioaktivem Fallout betroffen. Wenn sie sich im Freien aufhalten, ist das Risiko einer tödlichen Strahlendosis sehr hoch. Man muss davon ausgehen, dass Zehntausende davon betroffen wären, weitere Zehntausende hätten eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für tödliche Krebserkrankungen. Im Fall einer 20-Kilotonnen-Bombe würde die radioaktive Wolke bis weit nach Brandenburg ziehen – je nach Richtung des Windes wären etwa Cottbus oder Brandenburg an der Havel betroffen.

Die Studie geht insgesamt von rund 120.000 Toten durch den Fallout und von etwa 50.000 späteren Todesfällen durch Krebserkrankungen aus.

Wohlgemerkt: Das sind Zahlen für den Einsatz einer taktischen Atomwaffe. Beim Abwurf einer strategischen Nuklearwaffe wären die Auswirkungen ungleich drastischer. Bei der Detonation einer 500-Kilotonnen-Bombe würden etwa zehnmal so viele Menschen sofort sterben und verletzt werden – hier müsste von etwa 260.000 Todesopfern durch die Explosion ausgegangen werden sowie rund 600.000 Verletzten.

Der größte Teil Berlins innerhalb des Rings würde in Trümmern liegen, die Falloutwolke könnte je nach Windrichtung bis nach Hamburg oder Prag ziehen.

Verwendete Quellen
  • Studie von Greenpeace: Was bewirkt eine Atombombe
  • Online-Tool "Nukemap"
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