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Fall Maier: Justizministerium gegen Rückkehr ins Richteramt


Dresden
Fall Maier: Justizministerium gegen Rückkehr ins Richteramt

Von dpa
12.02.2022Lesedauer: 4 Min.
AfD-Politiker Jens MaierVergrößern des BildesDer AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier spricht auf einer Kundgebung der sächsischen AfD auf dem Theaterplatz. (Quelle: Sebastian Kahnert/dpa/Bildarchiv/dpa-bilder)
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Der umstrittene AfD-Politiker Jens Maier soll nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag im Herbst 2021 nicht wieder in Sachsen Recht sprechen. Das Land wehrt sich auf rechtlichem Wege gegen seine Weiterbeschäftigung als Richter im Freistaat. Dem 60-Jährigen wurden nach Angaben von Justizministerin Katja Meier (Grüne) am Freitag zwei Schreiben übermittelt. "Zum einen wird Herr Maier mit Wirkung vom 14. März 2022 in den Richterdienst als Amtsrichter am Amtsgericht Dippoldiswalde zurückgeführt." Damit erfülle man den Rückführungsanspruch, den er als ehemaliger Abgeordneter nach dem Gesetz habe.

Parallel dazu sei am Landgericht Leipzig - am dortigen Dienstgericht für Richter - ein Antrag auf Versetzung Maiers in den Ruhestand nach Paragraf 31 des Richtergesetzes gestellt worden. "Zudem habe ich einen Eilantrag beim Dienstgericht für Richter gestellt, Herrn Maier ab dem Zeitpunkt seiner Rückkehr in den Dienst die Führung der Amtsgeschäfte vorläufig zu untersagen", sagte die Justizministerin.

Nach dem entsprechenden Paragrafen des Richtergesetzes kann ein Richter auch in den Ruhestand versetzt werden, "wenn Tatsachen außerhalb seiner richterlichen Tätigkeit eine Maßnahme dieser Art zwingend gebieten, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden". Der Paragraf ist laut Meier erst zweimal in der deutschen Rechtsprechung angewandt worden.

Eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege bedeute, dass bei einer Richterin oder einem Richter aufgrund ihres oder seines Verhaltens Verfassungstreue, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Integrität in Frage stünden und so die Gefahr einer "Justizkrise" bestehe.

Nach Darstellung der Ministerin muss das ausführlich begründet werden und objektiv gegeben sein. Bei Maier ergebe sich das nicht zuletzt aus der öffentlichen Debatte der letzten Wochen und Äußerungen aus Wissenschaft, Richterschaft oder der Religionsgemeinschaften zu diesem Fall. Einhergehend damit hat sich nach Einschätzung ihres Ministeriums eine "gravierende Erschütterung des Vertrauens in die sächsische Justiz" in der Öffentlichkeit manifestiert. Auch Maiers Einstufung als rechtsextrem durch den sächsischen Verfassungsschutz sei von Bedeutung.

"Die rechtlichen Hürden sind außergewöhnlich hoch. Wir bewegen uns hier in einem absoluten juristischen Neuland", stellte die Grünen-Politikerin fest. Über diesen Weg blieben gleichzeitig alle anderen Maßnahmen wie ein Disziplinarverfahren gegen Maier möglich. Dies müsse aber vom künftigen Dienstherrn, dem künftigen Gericht Maiers, geführt werden.

Zudem habe der Landtag die Möglichkeit einer Richteranklage. Mit ihr könnte er das Bundesverfassungsgericht anrufen, um die Versetzung eines Richters in ein anderes Amt oder in den Ruhestand zu erreichen oder auch seine Entlassung zu erwirken. Für diesen Schritt ist allerdings eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament erforderlich. Die CDU steht der Richteranklage bislang skeptisch gegenüber. Die Grünen haben dazu ein Gutachten in Auftrag gegeben.

Der Ex-AfD-Bundestagsabgeordnete Maier will wieder in die sächsische Justiz zurückkehren und hatte kurz vor Weihnachten einen entsprechenden Antrag gestellt. Der gebürtige Bremer war zuletzt am Landgericht Dresden als Richter tätig. Er selbst will sich nicht zu seiner Rückkehr äußern. Die AfD spricht von einer "Hexenjagd" und stellt sich hinter Maier. Seine mögliche Weiterbeschäftigung als Richter hatte Unmut und Kritik ausgelöst. Andere Parteien halten ihn für untragbar. Das Auschwitz-Komitee und der Zentralrat der Juden drängten darauf, Maiers Rückkehr in die Justiz zu verhindern.

Koalitionspartner SPD zeigte sich überrascht vom "eiligen Handeln" des Ministeriums. "Aus unserer Sicht hätten alle Alternativen geprüft werden müssen - und es standen viele im Raum", sagte die Vize-Fraktionschefin im Landtag, Hanka Kliese, und nannte etwa eine Nichtwiedereinsetzung. "Dieser nun erfolgte Vorgriff des Justizministeriums ist mehr als bedauerlich."

Die Neue Richtervereinigung hält eine Richteranklage für geboten. Auch der Deutsche Richterbund plädiert dafür, neben der Option einer Versetzung in den Ruhestand zu prüfen, "ob das unerträgliche Verhalten Maiers" in seiner Abgeordnetenzeit Grundlage für eine erfolgreiche Richteranklage sein kann. Vom Parlament in Dresden ginge damit "ein starkes Zeichen für einen wehrhaften Rechtsstaat" aus, sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn am Samstag der Deutschen Presse-Agentur.

"Es wäre ein unerträglicher Zustand und würde das Ansehen der Rechtspflege erheblich beschädigen, wenn ein durch staatliche Behörden als Rechtsextremist eingestufter Politiker in Deutschland Recht sprechen würde." Die Richteranklage ist im Grundgesetz verankert und gibt es bisher nur auf dem Papier. Wie die Chancen im Fall Maier dabei stehen, ist offen. Den Kollegen, die Recht sprechen, könne nicht vorgegriffen werden, hieß es beim Richterbund.

"Alle Richterinnen und Richter sowie Beamtinnen und Beamte im Dienste des Freistaates Sachsen müssen sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Einhaltung jederzeit eintreten", betonte die Justizministerin. "Wer durch staatliche Behörden als Rechtsextremist eingestuft wird, kann kein glaubwürdiger Repräsentant der rechtssprechenden Gewalt sein und beschädigt das Ansehen der Rechtspflege schwerwiegend."

Für den Sächsischen Richterverein ist der Antrag beim Richterdienstgericht der richtige Schritt. "Es gehört zur wehrhaften Demokratie, den Extremismus in die Schranken zu verweisen", sagte der Landesvorsitzende Reinhard Schade am Samstag laut Mitteilung. Nun werde in einem rechtsstaatlichen Verfahren entschieden, ob Maier wieder Richter sein könne. Der Beschluss der unabhängigen Richter sei abzuwarten.

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