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Nach Massenschlägerein: Brauchen Frankfurter Freibäder Polizeipräsenz?


Nach Massenschlägereien in Berlin
Brauchen Frankfurter Freibäder Polizeipräsenz?

Johanna Wendel

21.07.2022Lesedauer: 4 Min.
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Ein Schwimmmeister in einem Freibad (Symbolbild): Trotz des Mangels an Bademeistern wird die Sicherheit in bayrischen Freibädern gewährleistet sein.Vergrößern des Bildes
Ein Schwimmmeister in einem Freibad (Symbolbild): Bei Hitze gibt es mehr Zoff. (Quelle: Frank Rumpenhorst/dpa-bilder)

Schwimmbadsaison: Während Schlägereien in Berlin für große Aufmerksamkeit sorgen, bleibt die Lage in Frankfurter Bädern entspannt.

Im Riedbad in Frankfurt Bergen-Enkheim herrscht am Dienstagnachmittag Hochbetrieb. Am Kassenhäuschen hat sich eine lange Schlange gebildet. Kinder wie Erwachsene ächzen unter der knallenden Sonne bei 38 Grad Celsius. Die Stimmung ist noch weit davon entfernt, als angespannt zu gelten. Jedoch ist den Wartenden anzusehen, dass sie unter der Hitze leiden.

Nach dem Passieren der Kasse entspannt sich die Situation sichtlich: Familien und Gruppen von Jugendlichen tummeln sich auf der Liegewiese, genießen Pommes Rot-Weiß und Eis, stöbern in Zeitschriften oder spielen Fußball. Von den beiden Schwimmbecken ist lautes Kindergeschrei zu hören.

"Ich verbringe eigentlich seit 25 Jahren jeden Sommer hier", sagt Anette, die es sich an einem Schattenplatz auf einer geblümten Picknickdecke bequem gemacht hat. Die 45-Jährige zog Ende der Neunziger von Leverkusen zum Studieren nach Frankfurt und ist seitdem geblieben. "Ich liebe es einfach, dass man hier so schnell im Grünen ist und dass Frankfurt fernab der City auch diesen dörflichen Charakter hat."

Nach Schlägereien in Berliner Freibädern: In Frankfurt bleibt die Lage entspannt

Es ist heiß in Europa, an vielen Orten so heiß wie nie zuvor. Wenig verwunderlich, dass die Hitze viele Menschen in die Freibäder lockt. Doch die sommerliche Zeit hat in den vergangenen Wochen auch Schlägereien hervorgerufen: zum Beispiel im Berliner Sommerbad am Insulaner, dann zweimal im Columbiabad. Nachdem vor rund einem Monat ein Video der Schlägerei im Insulanerbad durch das Netz gewandert war, stürzte sich die Presse auf den Fall.

Dass neben Deutschen auch junge Männer zu den Tatverdächtigen gehörten, deren Familien einen Migrationshintergrund haben, sorgte zudem dafür, dass die AfD sich zu Abschiebeforderungen berufen fühlte. Vereinzelte CDU-Politiker forderten zudem Einlasskontrollen mit Hunden. Und schließlich teilte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gegenüber "Bild" mit, dass es in Schwimmbädern mehr Polizeipräsenz brauche.

Und wie sieht es in Frankfurt aus? Aggressive Stimmung oder gar Gewaltausbrüche hat zumidnest Anette hier im Riedbad bisher noch nicht erlebt. "Wenn es so heiß ist wie heute, kann schon ein versehentlicher Rempler an der Pommesbude für einen kleinen Streit sorgen, zu Handgreiflichkeiten kommt es aber dadurch eher nicht."

Kein reines "Schwimmbad-Problem"

Ähnliches bestätigt auch Michaela Fisseler-Weinrich vom Hessischen Landesverband der Deutschen Schwimmmeister gegenüber t-online: "Die Stimmung in einem Freibad ist sehr tagesformabhängig. Wenn es warm ist, entstehen zwischen den Menschen auch meistens mehr Reibungspunkte. Warum es dann zu Gewalttaten in Schwimmbädern kommen kann, liegt einfach daran, dass sich dort an warmen Tagen so viele Menschen aufhalten. An einem anderen Tag befindet sich der Schauplatz dann vielleicht eher auf einem Markt oder einer Einkaufsstraße."

Ein Vorfall wie der im Insulanerbad in Berlin sei Fisseler-Weinrich in Hessen jedoch nicht bekannt. "Es gibt in Frankfurt und Offenbach sogenannte Brennpunktbäder, in denen zusätzliches Security-Personal eingesetzt wird. Dieses hat die Situation in der Regel unter Kontrolle", führt Fisseler-Weinrich aus. Das Problem an einer Zielgruppe festzumachen, hält sie für falsch. "Dass Hilfskräfte angriffen werden oder in Bedrängnis geraten, ist ja kein Problem der Schwimmbäder, es ist ein gesellschaftliches Problem."

Aufgeheizte Stimmung bei aufgeheizter Luft

"Ich vermeide es, bei so hohen Temperaturen ins Freibad zu gehen", sagt Michael, der mit seiner vierjährigen Tochter für eine Portion Currywurst mit Pommes ansteht. Heute sei er den Kindern zuliebe hier. "Normalerweise gehen wir ins Brentanobad, da ist es an solchen Tagen jedoch gefühlt noch voller."

"Heute wäre mir das Planschbecken im Garten am liebsten gewesen, aber da gab es Protest", lacht der 39-Jährige. Wenn es so heiß ist, wirkten die Menschen in seinen Augen angespannter. "Ich kann mir schon vorstellen, dass die Hitze die Menschen aggressiver macht und dadurch auch mal eine Schlägerei entstehen kann. Das müssen meine Kinder nicht unbedingt mitbekommen."

Der hessischen Polizei sowie dem Polizeipräsidium in Frankfurt sind nach Angaben eines Sprechers keine konkreten Pläne der Bundesinnenministerin zur Erhöhung polizeilicher Präsenz in Freibädern bekannt. "Schwimmbäder stellen im Bereich des Polizeipräsidiums Frankfurt keinen Kriminalitätsschwerpunkt dar."

Wenig gemeldete Straftaten in Frankfurter Schwimmbädern

Die Fallzahlen würden sich seit Jahren in einem sehr niedrigen Bereich bewegen. So verzeichnete die Polizei Frankfurt in den insgesamt 14 Schwimmstätten mit jährlich 2,4 Millionen Besucherinnen und Besuchern 2020 drei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Freibädern. 2021 trat nur eine Straftat dieser Art auf, in Hallenbädern bewegten sich die Zahlen in einem ähnlich niedrigen Bereich.

Rohheitsdelikte wie Körperverletzung, Raub oder Nötigung fanden in Frankfurter Schwimmbädern ebenfalls dreimal im Jahr 2020 und einmal im Jahr 2021 auf. Wenn es im Einzelfall erforderlich sei, werde die Polizei selbstverständlich auch im Schwimmbad tätig und verfolge Straftaten konsequent.

Doch der Anlass dafür scheint zumindest in Frankfurt und Hessen momentan insgesamt nicht gegeben zu sein. Dem stimmt auch der Beamtenbund und Tarifunion Landesbund Hessen (dbb) zu und wirft dabei ein Licht auf zwei andere Debatten: Zum einen den Mangel an Polizeikräften und deren zusätzliche Arbeit durch die Kontrolle von Corona-Auflagen, E-Scootern und "Querdenker"-Demonstrationen und zum anderen ein mangelndes Vorgehen der konsequenten Strafverfolgung.

Beamtenbund Hessen wirft Faeser Heuchelei vor

"Die Strafe muss unmittelbar auf dem Fuß erfolgen, dann entfaltet sie möglicherweise auch eine abschreckende Wirkung", so Heini Schmitt, Vorsitzender des dbb-Hessen. Vielmehr seien gesellschaftliche Versäumnisse der Kern des Problems, deren Behebung nicht die Aufgabe der Polizei seien. Schmitt geht sogar so weit, der Bundesinnenministerin Heuchelei vorzuwerfen. "Es wäre besser, sich sachlich mit der zweifellos vorhandenen Problematik auseinanderzusetzen, als diese immer wieder medial breitzutreten."

Fisseler-Weinrich sieht die Fälle in Berlin eher als Einzelfälle. "Meinen Informationsquellen zufolge haben die Kolleginnen und Kollegen in den Berliner Schwimmbädern die Lage wieder unter Kontrolle." Die Frankfurter Bäderbetriebe wollten sich derzeit nicht zu der Situation äußern.

Verwendete Quellen
  • Reporterin vor Ort
  • Gespräch mit Heini Schmitt
  • Gespräch mit Michaela Fisseler-Weinrich
  • Anfrage Polizeipräsidium Frankfurt
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