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Bürgvotum in Frankfurt: "Jeder sollte sein demokratisches Recht nutzen"


Wähler aus Frankfurt
"Die Skandale, die Feldmann sich geleistet hat, lassen uns schlecht aussehen"

t-online, Sophie Vorgrimler

Aktualisiert am 06.11.2022Lesedauer: 5 Min.
OB Peter FeldmannVergrößern des Bildes"Oberbürgermeister Peter Feldmann" steht auf einem Schild an dessen Büro im Frankfurter Römer. (Quelle: Frank Rumpenhorst/dpa/dpa-bilder)
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Die Wahllokale sind geöffnet. Viele Menschen beschäftigt die Frage: Wird der Frankfurter Oberbürgermeister Feldmann abgewählt oder nicht?

Tag des Abwahlentscheides in Frankfurt: Am Vormittag des Sonntags herrscht vor dem Wahlbüro in der Musterschule im Frankfurter Nordend reger Betrieb. Fast minütlich betreten Menschen alleine oder in kleineren Gruppen den Abstimmungsraum für den Stimmbezirk 120-01, 120-02, 120-04. In der Schule probt ein Orchester, die Musik klingt dramatisch durch die Aula.

Warum viele Bürger und Bürgerinnen heute den Gang zur Wahlurne angetreten haben? "Weil es die Möglichkeit gibt, einen Narzissten abzuwählen", sagt der Familienvater Marian, der seinen vollen Namen lieber für sich behält. Ausschlaggebend war für ihn die Affäre um die Awo und Peter Feldmanns Frau sowie der "Umgang mit diesen Themen". "Dass er sagt, dass er den Posten übergibt und sich dann umentscheidet, das ist kein Verhalten für einen Oberbürgermeister."

"So benimmt sich doch kein Oberbürgermeister", findet auch das Paar Michael und Ute aus dem Nordend. "Der Mann gehört abgewählt", sagt Michael, der eine Mütze mit Frankfurt-Schriftzug trägt. Die beiden hatten Feldmann ursprünglich gewählt, doch waren von dessen Verhalten während seiner Amtszeit enttäuscht.

"Für das Weltgeschehen ist das vielleicht nicht relevant, für uns Frankfurter aber schon", begründet Petra M. ihre Beteiligung. "Das war ja sogar über Frankfurt hinaus ein Thema, was sich hier abgespielt hat." Obwohl sie nicht sicher ist, ob die Wahlbeteiligung hoch genug für eine Abwahl ist, findet sie: "Jede Stimme zählt."

Ein Paar, das anonym bleiben möchte, hat in der Musterschule sein Ja gegeben. "Für die Stadt wäre es peinlich, wenn die Abwahl jetzt nicht gelingt. Eine kleine Katastrophe, auch für die Demokratie", denken die zwei. "Es ist so selten, dass sich die Parteien so einig sind", sagt sie. "Und Peter Feldmann hat ja auch Einfluss auf die Dezernate." Sie finden, Feldmann habe einfach "nicht das Format seiner Vorgänger" und seine Art der Selbstdarstellung sei "unangenehm". "Ihm fehlen Souveränität und Würde, um das Amt zu bekleiden. Da ist sich ganz Frankfurt einig."

Emely Weiß und eine Freundin sind skeptisch, ob die Beteiligung von 30 Prozent erreicht wird. "Aber jeder sollte sein demokratisches Recht nutzen", sind sie überzeugt. "Von den Leuten, die hierherkommen, werden nicht viele für Nein stimmen", sagt Emely Weiß. "Er repräsentiert Frankfurt nicht gut und klammert sich jetzt an sein Amt, nachdem er erst ankündigt, dass er es abgibt. Da wollen wir ein Zeichen setzen, dass wir Frankfurter das so nicht auf uns sitzen lassen."

Bürgerentscheid in Frankfurt: Es braucht ein Quorum von 30 Prozent

"Die Anforderung von 30 Prozent ist sehr hoch", meint Axel Brüggemann vor dem Wahllokal im Nordend. Deshalb glaube er nicht, dass die Beteiligung für die Abwahl reicht. "Jeder sollte diesen demokratischen Prozess wahrnehmen. Es ist ja nicht ganz unwichtig für die Frankfurter, wer Bürgermeister ist."

Um Feldmann abzuwählen, braucht es eine Mehrheit, die gegen ihn stimmt. Diese muss allerdings mindestens 30 Prozent der Stimmberechtigten ausmachen - eine hohe Hürde für eine Kommunalwahl. So hatte 2018 die gesamte Beteiligung an der Stichwahl um Feldmanns Wiederwahl bei 30,2 Prozent gelegen.

Vielleicht liegt es an der Mittagszeit, vielleicht aber ist die Wahlbeteiligung im Frankfurter Gallus geringer als im Nordend – am Pfarramt St. Gallus ist am frühen Sonntagnachmittag weniger Betrieb als am Vormittag an Musterschule im Nordend. Beide sind als Wahllokale geöffnet. Das Publikum, das wählen geht, ist dafür häufiger jünger und hat einen migrantischen Hintergrund.

Wähler und Wählerinnen aus dem Frankfurter Stadtteil Gallus über Bürgervotum

Sören A. war es ein Anliegen, seine Stimme abzugeben. "Auch wenn die Korruption noch ein Verdacht ist, habe ich das Gefühl, dass sie stattgefunden hat. So wie Peter Feldmann sich mit Händen und Füßen wehrt, denke ich, dass da was im Busch ist." Er gehe deshalb davon aus, dass auch die Hürde von 30 Prozent nötiger Wahlbeteiligung geknackt wird. "Es geht vielen in Frankfurt so, dass sie den Eindruck haben, dass Feldmann nicht in ihrem Interesse regiert."

"Die Skandale, die Feldmann sich geleistet hat, lassen uns in ganz Deutschland schlecht aussehen", begründet Julian S. seinen Gang zur Wahlurne. "Mich stört sein ganzes Verhalten. Aber, dass er beim Gerichtsverfahren gesagt hat, dass er seiner damaligen Frau zur Abtreibung geraten hat, stößt mir am meisten auf." Er vermutet bei den abgegebenen Stimmen "ein klares Ja". Ob sich aber genug beteiligen? "Unsicher."

Justin Weber ist mit seiner Mutter Khadiya zum Wahlbüro an der Mainzer Landstraße gekommen. "Ich wäre gar nicht hergekommen, aber die Jugend drängt", zeigt Khadiya in Richtung ihres Sohnes. Er habe erst nur am am Rande von Peter Feldmanns Fehltritten mitbekommen, bis der Brief zur Abwahl kam. "Dann hat mir ein Freund alles mögliche gezeigt, was es an Skandalen gibt." Die Korruptionsvorwürfe und die Situation beim Champions-League-Sieg der Eintracht habe ihn überzeugt abzustimmen.

"Ich könnte mir schon vorstellen, dass die 30 Prozent erreicht werden"

"Ich finde die Vetternwirtschaft nicht in Ordnung", sagt David P. "Auch wenn er als Oberbürgermeister dafür nicht belangt werden kann, finde ich es moralisch verwerflich." Er hoffe bei der Wahlbeteiligung auf die zahlreichen Eintracht-Fans. "Auch wenn nicht alle Fans direkt aus Frankfurt kommen, war der Skandal mit dem Pokal vielen ein Dorn im Auge."

Sie fände es immer wichtig, vom Stimmrecht Gebrauch zu machen, sagt eine junge Frau, die lieber anonym bleiben möchte. "Ich könnte mir schon vorstellen, dass die 30 Prozent erreicht werden", sagt sie. "Die Korruptionsvorwürfe und auch das sexistische Verhalten gegenüber der Stewardess, das geht einfach gar nicht."

Auch Jan Buschtöns hat in erster Linie sein demokratisches Verpflichtungsgefühl zum Wahllokal geführt. Eine Prognose, wie die Wahl ausgeht, fällt ihm schwer. "In meinem Freundeskreis werden alle für Ja stimmen, keiner für Nein. Ich kenne aber auch Leute, die sagen: Das interessiert mich überhaupt nicht." Seine Wahl zu fällen, fiel im nicht schwer. "Die Sache mit dem Pokal oder im Flieger – das ist einfach nur peinlich. Und dazu natürlich der eigentliche Awo-Skandal."

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Auf den sozialen Netzwerken wird ebenfalls für den Gang zur Wahlurne geworben: In einem ungewöhnlichen Schulterschluss wirbt die Frankfurter Stadtpolitik seit Wochen für Stimmen gegen Feldmann. So haben sich die Koalitionspartner Grüne, SPD, FDP und Volt mit der größten Oppositionspartei CDU zusammengetan. Es wurden rund 250.000 Flyer und 12.000 Plakate gedruckt, zudem gibt es Kneipentouren, Hausbesuche und Infostände.

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Vertreter aus dem linken Spektrum kritisierten derweil die Kampagne und betonten, dass Feldmann auch einiges für die Stadt getan habe. Sie kritisieren vor allem die Art und Weise, wie vorab für die Abwahl von Peter Feldmann Stimmung gemacht wurde.

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Die 376 Abstimmungsräume in Frankfurt sind noch bis 18 Uhr geöffnet. Mit den ersten vorläufigen Ergebnissen sei ab 18.30 Uhr zu rechnen, heißt es.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen vor Ort
  • Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa
  • Twitter-Account von Jutta Ditfurth
  • Twitter-Account von Grüne Frankfurt
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