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Über Feldmann-Abwahl: "Es gibt keine moralischen Grenzen mehr"


Feldmann-Abwahl
"Es gibt keine moralischen Grenzen mehr"

Von Stefan Simon

Aktualisiert am 04.11.2022Lesedauer: 4 Min.
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Prozess gegen Frankfurter Oberbürgermeister beginntVergrößern des Bildes
Peter Feldmann (SPD), Oberbürgermeister von Frankfurt am Main, hat zu Prozessbeginn im Gerichtssaal des Landgerichts Platz genommen. (Quelle: Arne Dedert/dpa/POOL/dpa/Archivbild/dpa-bilder)

Am Sonntag entscheidet Frankfurt, ob Peter Feldmann Oberbürgermeister bleibt. Für seine Abwahl werben Parteien und Unternehmer, doch es gibt auch viel Kritik.

Nur noch zwei Tage, dann entscheidet sich, ob Peter Feldmann Oberbürgermeister von Frankfurt bleibt. Rund 513.000 Frankfurterinnen und Frankfurter sind am 6. November zum Bürgerentscheid aufgerufen. Mindestens 30 Prozent müssen abstimmen, damit das Quorum erfüllt ist. Die Gegner von OB Feldmann mobilisieren seit Wochen für seine Abwahl.

Gegen Feldmann läuft ein Abwahlverfahren, weil die Frankfurter Stadtverordneten im Juli über die Abwahl des Oberbürgermeisters entschieden haben. Zudem muss sich Feldmann aktuell vor Gericht verantworten. Dem SPD-Politiker wird Vorteilsannahme im Amt vorgeworfen, ebenfalls ein Grund, warum das Parteienbündnis Feldmanns Abwahl befürwortet.

Alle also gegen Feldmann? Nein, es gibt auch eine breite Allianz aus Bürgerinnen und Bürger, die Feldmann unterstützt oder die Abwahlkampagne ablehnt. So wie etwa die Autorin und Journalistin Jutta Ditfurth. Die Mitgründerin der Grünen kritisiert schon seit Wochen auf Twitter die "unsägliche" Abwahlkampagne gegen Feldmann. In einem Interview mit der "Frankfurter Rundschau" spricht sie über die sechste Woche seit Beginn der Kampagne des Parteienbündnisses als einer "Gülle-Woche". "Jeder Dreck darf über ihm ausgekippt werden."

Ditfurth, die für die kommunale Wählervereinigung ÖkoLinX-Antirassistische Liste im Römer sitzt, unterstützt Feldmann nicht. Sie werde nicht zur Wahl gehen, aber sie kritisiere die Abwahlkampagne, wie sie in den jüngsten Wochen gegen Feldmann geführt werde, scharf. Feldmann habe Fehler gemacht – wie der sexistische Witz oder der Verdacht auf Korruption – dennoch gelte die Unschuldsvermutung.

"Ich will Feldmanns Fehler nicht mindern. Aber ich habe schon drastischere Fälle von Korruption und Sexismus in der Politik erlebt. Was hier in Frankfurt aufgezogen wird, ist verlogen. Feldmann ist eitel und er macht viele Fehler. Aber die frühere CDU-Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) hat schwerwiegendere Fehler zulasten der Stadt gemacht. Diese Schwächen nutzen seine Gegner aus", sagt sie im Gespräch mit t-online.

Ditfurth: Die SPD hat einen schweren Fehler gemacht

Im Parteienbündnis sieht Ditfurth eine "seltsame Einigkeit". Die SPD habe im Sommer einen schweren Fehler gemacht, als sie Feldmanns Rücktrittsangebot nicht angenommen habe. "Die SPD hat sich von den anderen Parteien in die Abwahlkampagne treiben lassen. Aus ihr wird sie, egal wie es ausgeht, schwer angeschlagen wieder herauskommen. Ihr Misserfolg bei der nächsten OB-Wahl, egal ob 2023 oder 2024, ist ziemlich sicher", sagt Ditfurth. Feldmann habe viele Unterstützerinnen und Unterstützer in der Partei und im Magistrat. "Sie hätten ihn zum Rücktritt bewegen können, den er für Januar 2023 angeboten hat."

Ditfurth sieht zudem besonders kritisch, wie sich ihrer Meinung nach große Unternehmen in den Wahlkampf einmischen. "Wer steckt denn finanziell hinter den Abwahl-Anzeigen? Die CDU, Roland Kochs Krisenstratege Dirk Metz, IHK und Immobilienunternehmer, wie Rainer Ballwanz." Ballwanz ist der Initiator der Kampagne "Frankfurt wählt ab". "Wenn Feldmann abgewählt werden sollte, dann wissen sie, dass sie Erfolg haben werden, wenn sie nur genug Geld investieren", erklärt Ditfurth. Sie sei schon viele Jahre in der Kommunalpolitik, aber so ein direktes Eingreifen des "Immobilienkapitals gab es noch nie", sagt sie.

Auch der Eventmanager Bernd Reisig unterstützt Feldmann nicht. Er kritisiert ebenfalls die Kampagne, die gegen Feldmann geführt wird. "Jeder kann für sich selbst entscheiden, ob und wie er abstimmt", sagt er zu t-online. Genau wie Ditfurth kritisiere er, wie wohlhabende Unternehmer "massiv in den Wahlkampf eingreifen". Damit meint er Ballwanz oder Stefan M. Knoll. Letzterer ist Vorsitzender der Deutschen Familienversicherung (DFV). Die DFV hat über ihre Facebook-Seite als Anzeigen getarnte Posts gegen Feldmann erstellt.

Seine Kritik richtet Reisig auch gegen die Medien. Zum einen geht es um Sonderrabatte für Anzeigen, die dem Parteienbündnis (Grüne, SPD, FDP, Volt und CDU) angeboten wurden. Die Rhein Main Media (RMM), die die Inserate in den drei Zeitungen vermarktet, hat den Parteien 90 Prozent Rabatt für jede Anzeige angeboten – insofern sie für eine Abwahl von Feldmann werben. "Das ist ein einmaliger Vorgang in der deutschen Demokratie", sagt er. Auch sehe er in der Berichterstattung kaum Objektivität. "Alle Mittel gegen Feldmann sind heilig. Es gibt keine moralischen Grenzen mehr. Wie die FAZ über Feldmann berichtet, ist journalistisch unterirdisch geworden."

Feldmann-Unterstützerin: Die Stimmung kippt

Zum Unterstützerkreis des Oberbürgemeisters zählt auch ein Team von rund 20 Personen. Es nennt sich "Team Feldmann", ein relativ heterogenes Bündnis. Dazu zählt etwa Barbara Höhfeld, eine Übersetzerin in Ruhestand. Sie ist seit 40 Jahren Mitglied in der SPD. In der "Frankfurter Rundschau" sagt sie, dass sie zunehmend Genossinnen und Genossen treffe, die die Abwahl nicht unterstützten. "Die Stimmung kippt."

Ob die Stimmung letztendlich in Richtung Feldmann kippt, sehen die Frankfurterinnen und Frankfurter am Abend des 6. November. Doch egal wie der Bürgerentscheid ausgehen wird, nach dem 6. November wird die Causa Feldmann noch lange nicht vorbei sein.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräche mit Jutta Ditfurth und Bernd Reisig
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