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Razzia gegen Islamisten: So gefährlich ist das Islamische Zentrum Hamburg


Großrazzia beim IZH
Wie das Mullah-Regime eine Hamburger Moschee für sich nutzt


Aktualisiert am 16.11.2023Lesedauer: 5 Min.
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Großrazzia gegen Islamisten: Hier durchsuchen die Imam-Ali-Moschee.

Im Kampf gegen Islamisten finden in ganz Deutschland Durchsuchungen statt. Ein von Teheran kontrollierter Verein in Hamburg ist seit Jahrzehnten im Visier der Ermittler.

In einer bundesweiten Aktion gehen Sicherheitsbehörden gegen mutmaßliche Islamisten in mehreren deutschen Städten vor. Im Zentrum der Ermittlungen steht dabei auch das Islamische Zentrum Hamburg (IZH). Der Verein betreibt unter anderem eine Moschee und steht seit langem in der Kritik von Politik, Exil-Iranern und anderen Muslimen. Lesen Sie hier alle aktuellen Entwicklungen zur Razzia in sieben Bundesländern.

Der gewaltsame Tod der 22-jährigen Mahsa Amini im Iran hatte im September eine von Frauen angeführte Protestwelle losgetreten. Während das Regime in Teheran versuchte, die Demonstrationen gewaltsam zu unterdrücken, gingen auch in Deutschland immer mehr Menschen – vor allem Exil-Iranerinnen – auf die Straße. Viele von ihnen gehen aber auch hier nicht sorgenlos demonstrieren. Der Grund: Das IZH gilt als eine der wichtigsten Außenstellen des Mullah-Regimes in Europa.

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Quelle: t-online

Die iranische Community in Hamburg ist groß, Schätzungen reichen von 20.000 bis 30.000 Menschen. Das IZH an der Außenalster wird von vielen jedoch gemieden. Der Verein, der die Imam-Ali-Moschee führt, wird seit Jahrzehnten vom Verfassungsschutz beobachtet. "Das IZH ist ideologisch, organisatorisch und personell ein Außenposten des Teheraner Regimes", heißt es von der Behörde.

"Viele Iraner in Hamburg sehen das IZH als Beleidigung an"

Zuletzt hatten sich Regime-Kritikerinnen vor der Moschee in Hamburg die Haare abgeschnitten – so wie es die protestierenden Frauen im Iran derzeit tun. Auf das IZH war auch ein Farbanschlag verübt worden.

"Viele Iraner in Hamburg sehen das IZH als Beleidigung an", sagt Omid Rezaee im Gespräch mit t-online. Der iranische Journalist lebt seit 2014 in Deutschland, arbeitet für deutsche wie auch für persischsprachige Exil-Medien und beobachtet die Entwicklung des IZH seit Langem. "Sie kommen als Geflüchtete oder Studenten hierher, das Regime hat ihnen das Leben schwer gemacht und sie suchen Freiheit", gibt er einen Einblick in die Exil-Gemeinschaft.

Doch Hamburg sei nicht nur ein Ort der Freiheit für sie, sondern auch ein unsicherer Ort. "Das Islamische Zentrum ist eine Bedrohung für Iraner in Europa", sagt er. Das gelte nicht nur für politisch aktive Personen – auch Mahsa Amini sei nicht politisch gewesen, als sie verschleppt, misshandelt und getötet worden sei. "Ich fühle mich unsicher, weil es da ist."

Verfassungsschutz beschreibt enge Verbindungen zur Hisbollah

Rezaee berichtet von Fällen getöteter Exil-Aktivisten, etwa in der Niederlande. Für ihn steht fest: "Das IZH finanziert auch terroristische Aktivitäten und koordiniert schiitische Islamisten auf dem ganzen Kontinent." Für ihn sei es absolut unverständlich, dass so etwas in Deutschland möglich sei. "Das Zentrum muss verboten werden."

Das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) spricht zwar nicht öffentlich über direkte Verbindungen zu Morden, an den Verbindungen zu Terroristen hat es jedoch keine Zweifel, wie dem Verfassungsschutzbericht 2021 zu entnehmen ist. Von "Verstrickungen des IZH zu örtlichen Strukturen der seit April 2020 verbotenen Terrororganisation Hisbollah" ist da die Rede. Diese örtlichen Strukturen seien etwa der 2021 verbotene Verein "Menschen für Menschen" aus Stade, der Geld für Familien getöteter Hisbollah-Terroristen eingesammelt hat.

Der stellvertretende IZH-Leiter, Seyed Soliman Mousavifar, soll laut Verfassungsschutz außerdem in mehreren Facebook-Beiträgen der Hisbollah, den jemenitischen Houthi-Rebellen und den iranischen Revolutionsgarden "gehuldigt" haben. Mousavifar sollte Deutschland seit Juni 2022 verlassen, ging aber gerichtlich gegen die Ausweisungsverfügung vor. Medienberichten zufolge verließ er Deutschland im November 2022.

IZH-Leiter haben gute Chancen, Karriere zu machen

Wer im IZH einen der wichtigen Posten bekommt, kann sich einer Karriere im Regime-Apparat sicher sein. So ist die Familie des derzeitigen Leiters, Mohammad Hadi Mofatteh, "fest in die staatlich-religiöse Elite des Iran eingebunden", schreibt das LfV. Aus ausländischen Sicherheitskreisen erfährt t-online, die IZH-Leitung sei ein regelrechter "Karriere-Booster" für regimetreue Funktionäre.

Ein berühmtes Beispiel für solche Karrieren ist Mohammed Khatami, der das IZH von 1978 bis 1980 leitete – also zu der Zeit, als im Iran die Islamische Revolution stattfand. Khatami war von 1997 bis 2005 iranischer Staatspräsident.

Laut Verfassungsschutz wird das IZH von ganz oben, dem politischen und religiösen Oberhaupt des Staates, Ali Chamenei, kontrolliert. Als Belege dafür verweist die Behörde auf Schreiben, in denen der IZH-Leiter als "Vertreter des Obersten Führers" angesprochen wird. Die Anweisungen in diesen Schreiben sollen direkte Anweisungen des Büros des Revolutionsführers enthalten. Die Dokumente sollen bei einer Durchsuchung eines IZH-Fahrzeugs gefunden worden sein, ist aus Sicherheitskreisen zu hören.

Trauerfeier für iranischen Militär im IZH

Ein Beleg für die radikalislamische Ideologie im IZH sieht Omid Razaee auch in einer Trauerfeier für Qasem Soleimani, der im Januar 2020 von einer US-amerikanischen Drohne in Bagdad getötet wurde. Soleimani war Kommandeur der Quds-Brigaden, einer Eliteeinheit der Iranischen Revolutionsgarde für Auslandseinsätze, die mit der Hisbollah zusammenarbeitet. "Auf der deutschen Seiten des IZH wurde Soleimanis Name damals verschwiegen", sagt Razaee.

"Das Regime schaut genau hin, wer hier was macht. Eine direkte Konfrontation in Form von Attentaten würde aber dem strategischen Ziel des IZH entgegenlaufen. Zumindest in Deutschland", sagt ein Sicherheitsexperte t-online. Gefährlicher sei die Lage im Iran für Familien von Personen, die das Regime öffentlich in Deutschland kritisieren. "Die größte Gefahr in Deutschland ist die Normalisierung des IZH", so der Insider.

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Auch der Verfassungsschutz sieht die größte Gefahr des IZH darin, nicht offen islamistisch zu sein, sondern dass es sich "als interkulturelle und interreligiöse Begegnungsstätte inszeniert, um als Gesprächspartner in Politik, Kultur und Gesellschaft akzeptiert zu werden". Das IZH habe "prägende Mitgliedschaft in zahlreichen Vereinigungen", über die der Iran versuche, "religiösen und politischen Einfluss" auf Schiiten in Europa zu nehmen – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit.

IZH ist Mitglied im Rat der islamischen Gemeinschaften

Eine dieser Mitgliedschaften war die bei der Schura, dem Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg, die auch Teil des Hamburger Staatsvertrages mit den islamischen Religionsgemeinschaften ist. Im November 2022 ist das IZH aber, nach viel internem Druck, aus der Schura ausgetreten. Lesen Sie hier mehr dazu.

Zuvor hatte eine Schiedskommission über den weiteren Verlauf und Verbleib des IZH in der Schura beraten. In einer Mitteilung wurde der Farbanschlag, bei dem ein IZH-Mitarbeiter verletzt wurde, jedoch auch scharf verurteilt. "Kritik an außenpolitischen Ereignissen" dürfe nicht in Hasskriminalität enden.

Für Omid Razaee ist klar: "Wer dort hingeht, will Teil der Propaganda sein. Das IZH war immer islamistisch, ist aber seit der Revolution komplett abhängig vom Regime." Er könne sich nicht vorstellen, dass dort Betende hingehen, die nicht wüssten, wo sie sind.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Omid Razaee
  • Gespräch mit ausländischem Sicherheitsexperten
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