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Hamburger Hafen bekommt jetzt die ganze Macht von Cosco zu spüren


China und der Hafen
Hamburg bekommt jetzt die ganze Macht von Cosco zu spüren

  • Gregory Dauber
MeinungVon Gregory Dauber

Aktualisiert am 28.10.2022Lesedauer: 3 Min.
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Ein Cosco-Frachter wird an das Containerterminal Tollerort geschleppt: Bis Ende des Jahres wird sich entscheiden, wie es am Hamburger Hafen weitergeht.Vergrößern des Bildes
Ein Cosco-Frachter wird an das Containerterminal Tollerort geschleppt: Bis Ende des Jahres wird sich entscheiden, wie es am Hamburger Hafen weitergeht.

Eine Woche hat die Bundespolitik über den Einstieg des chinesischen Konzerns Cosco beim Hamburger Hafen gestritten – womöglich mit nachhaltigem Schaden.

Mit einer für seine Amtszeit beispiellosen Aktion hat Bundeskanzler Olaf Scholz den Einstieg des chinesischen Konzerns Cosco beim Hamburger Containerterminal Tollerort möglich gemacht. Seiner Koalition fügte er damit erhebliche Risse zu. In Hamburg liegen alle Hoffnungen nun mehr denn je auf den Chinesen: Für Deutschlands wichtigsten Hafen steht viel auf dem Spiel.

Unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges und der daraus folgenden weltpolitischen Erschütterungen ging die Debatte über Cosco und den Hamburger Hafen oftmals am Thema vorbei. Medien und Politik haben den Schutz Kritischer Infrastrukturen zum wichtigsten Thema gemacht: Zu viel Unsicherheit wurde durch das Nord-Stream-Debakel und den Anschlag auf das Funknetz der Deutschen Bahn gesät. Und so wurde die Entscheidung über den Cosco-Deal zur Zerreißprobe für die Berliner Ampelkoalition.

Etliche Bundespolitiker und solche, die es gerne wären, fühlten sich in den vergangenen Tagen berufen, in den Aufschrei einzustimmen: "Wir können den Hafen doch nicht an China verkaufen", war die einhellige Botschaft. Was in der Debatte meist unter den Tisch fiel: Der Hafen stand nie zum Verkauf. Nicht mal eine lausige Kaimauer soll nach Fernost verkauft werden.

Hamburger Bürgermeister äußert scharfe Kritik

Ungewohnt deutlich und so gar nicht hanseatisch äußerte sich Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher am Donnerstag zur Debatte: Die Kritik zeuge von "großer Unkenntnis" und beruhe auf "irrationalen Annahmen". Das sitzt. Und es stimmt. Eine sachliche Abwägung hat, zumindest in der Öffentlichkeit, nicht stattgefunden. Zu tief sitzt der Schrecken über den Russen am Gashahn, zu mächtig erscheint das Reich der Mitte.

Die Fakten: Cosco möchte sich an einer Betriebsgesellschaft des kleinsten Hamburger Terminals beteiligen. Der Name sagt es schon: Es geht um den Betrieb, nicht die Infrastruktur selbst. Auch ging es nie um eine feindliche Übernahme, wenngleich manche Äußerungen etwas anderes vermuten ließen. Der Hamburger Hafenlogistiker HHLA will verkaufen, um seine Marktposition zu stärken und endlich wieder an die niederländische Konkurrenz heranzurücken. Das ist im Interesse der HHLA, der Hansestadt und Deutschlands. Es geht um eine starke Außenwirtschaft, logistische Weiterentwicklung und Arbeitsplätze bis tief ins Land hinein.

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Mit der anvisierten 35-Prozent-Beteiligung hätte Cosco ein ernstes Wörtchen mitzureden gehabt – am Tollerort, sonst nirgendwo. Sie hätten damit die Geschicke eines Terminals entscheidend beeinflussen können, das fast ausnahmslos von Linien der eigenen Reederei bedient wird. Was am viel größeren Burchardkai oder dem moderneren Terminal Altenwerder passiert, wäre weit außerhalb des chinesischen Einflussbereiches geblieben.

Nun darf Cosco maximal 24,9 Prozent der Anteile kaufen. Geld geben, ohne wirklich mitentscheiden zu dürfen. Noch ist völlig offen, ob diese Notlösung überhaupt noch ein Deal ist.

Für den Hafenstandort Hamburg steht viel auf dem Spiel: Schwindet das Interesse der Chinesen, dürften auch bald die Container am Tollerort weniger werden. Womöglich so viel weniger, dass das Terminal brachliegt. Alternativen sind, das ist ganz sicher, nicht in Deutschland, sondern in anderen europäischen Staaten zu finden: den Niederlanden und womöglich auch in Italien. Um einen Containerstau in der Nordsee muss man sich dann, zumindest aus deutscher Perspektive, keine Sorgen mehr machen.

Schicksal des Hafens liegt nun bei Cosco

Die Kritiker des Cosco-Geschäfts wollen eine Abhängigkeit Deutschlands von China unbedingt vermeiden. Ironischerweise hängt nun – mehr als zuvor – die Zukunft des Hamburger Hafens an einer Entscheidung, die in Hongkong und Peking getroffen werden wird. Die Abhängigkeit ist voll da, zu erpressen gibt es nicht mehr viel. Hamburg droht jetzt die ganze Macht von Cosco zu spüren zu bekommen.

Diese marktbeherrschende Macht ist zweifellos gegeben. In Teilen ist sie sicher auch problematisch. China baut die neue Seidenstraße auf, zur See, aber auch digital. Europa darf nicht zu lange zuschauen, die Lieferketten der Containerschifffahrt sind das Fundament des globalen Warenhandels. Ob der Streit um die Terminal-Beteiligung in Hamburg der richtige Ansatz ist, scheint fraglich.

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