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Amoktat bei Zeugen Jehovas: CDU fordert Rücktritt von Innensenator Grote


Nach Amoklauf bei Zeugen Jehovas
"Der Senator muss jetzt zurücktreten"


Aktualisiert am 22.03.2023Lesedauer: 3 Min.
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Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer und Innensenator Andy Grote bei der Landespressekonferenz zum aktuellen Ermittlungsstand der Amoktat.Vergrößern des Bildes
Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer (links) und Innensenator Andy Grote: Von beiden wird der Rücktritt gefordert. (Quelle: Marcus Brandt/dpa/dpa)

Die Aufarbeitung des Amoklaufs in Hamburg schlägt hohe politische Wellen: Innensenator Andy Grote und Polizeichef Ralf Martin Meyer sollen zurücktreten, fordert die Opposition.

Die Hamburger Opposition fordert Konsequenzen nach dem Amoklauf bei den Zeugen Jehovas: CDU-Innenexperte Dennis Gladiator sagte t-online, dass Innensenator Andy Grote (SPD) für das Amt nicht geeignet sei. "Der Senator muss jetzt zurücktreten." Zuvor hatte die Linksfraktion in der Bürgerschaft den Rücktritt von Polizeipräsident Ralf Martin Meyer gefordert.

Am Dienstabend war von der Polizei offiziell bestätigt worden, dass die Waffenbehörde entgegen vorheriger Aussagen den Titel des Buches des Amokläufers Philipp F. doch kannte, was zuvor vehement abgestritten worden war. Innerhalb der Polizei soll es zu einem "Missverständnis in der internen Kommunikation" gekommen sein, berichtete "Der Spiegel". Innensenator Andy Grote (SPD) stellt sich jedoch hinter Meyer.

Grote: "Haben einen hervorragenden Polizeipräsidenten"

Innensenator Grote sagte am Rande einer Veranstaltung der Deutschen Polizeigewerkschaft am Mittwoch zu t-online: "Wir haben einen hervorragenden Polizeipräsidenten." Einen weiteren Kommentar wollte er nicht abgeben.

Recherchen von t-online hatten bereits in der vergangenen Woche gezeigt, dass zahlreiche Hinweise auf das Buch auf der Webseite zu finden waren – lange bevor die Waffenbehörde den Internetauftritt überprüfte, nachdem sie eine anonyme Warnung zu Phillip F. bekommen hatte. Lesen Sie hier mehr dazu.

Hat der Polizeichef die Öffentlichkeit getäuscht?

"Entweder Meyer hat die Öffentlichkeit bewusst getäuscht oder er weiß nicht, was innerhalb der Polizei vor sich geht – so oder so ist er dadurch als Polizeipräsident nicht mehr tragbar", sagt Deniz Celik, innenpolitischer Sprecher der Fraktion der Linken, laut einer Pressemitteilung. "Seit der Pressekonferenz ist fast eine Woche vergangen, ohne dass die Falschbehauptung korrigiert wurde."

Die Polizei erklärte t-online auf Anfrage von t-online, dass das Missverständnis "sofort nach Bekanntwerden eingeräumt" worden sei. Die Leiterin der Waffenbehörde habe die Sachbearbeiterin gefragt, ob diese das Buch gekannt habe. Die Mitarbeiterin soll in der Annahme, nach dem Inhalt gefragt worden zu sein, mit Nein geantwortet haben. So sei die falsche Information an den Polizeichef Meyer gekommen, erklärte Sprecherin Sandra Levgrün.

"Es muss jetzt das Ziel sein, dass wir mit solchen Menschen noch besser umgehen können und Risiken früher erkennen", sagte Grote bei seiner Rede vor den Polizeigewerkschaftlern am Mittwoch. "Natürlich wünschen wir uns im Nachhinein, wir wären dort tiefer eingestiegen, hätten uns mit mehr Expertise und größerer Intensität um diese Frage gekümmert", bewertete der Innensenator die Prozesse in der Waffenbehörde und den Umgang mit dem anonymen Hinweisschreiben, das vor Philipp F. warnte.

"Müssen bei der Risikobewertung besser werden"

Das Buch hätte eher besorgt und damit früher "in eine professionelle Bewertung gegeben" werden können. Daraus werde man lernen. "Wir müssen bei der Risikobewertung und der Gefährdungseinschätzung besser werden, indem wir zusätzliche Expertise reinnehmen."

Celik kritisiert außerdem, dass die Beamten der Waffenbehörde den Buchtitel zwar gesehen hatten, sich aber dennoch gegen weitere Recherchen entschieden: "Offensichtlich fehlt es hier gewaltig an Problembewusstsein. Angesichts des anonymen Schreibens mit dem Hinweis auf den Hass des späteren Amokschützen auf die Zeugen Jehovas hätten bei dem Buchtitel dann nun wirklich alle Alarmglocken schrillen müssen." Meyer und Grote müssten die politische Verantwortung übernehmen.

Waffenbehörde will keine ausreichenden Hinweise gesehen haben

In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hatte der Senat erklärt: "Allein den Titel des Buches haben die Mitarbeitenden der Waffenbehörde nicht als ausreichenden Hinweis auf Tatsachen bewertet, die Zweifel an der waffenrechtlichen Eignung und damit weitere Maßnahmen der Waffenbehörde hätten begründen können." Das Buch wird mittlerweile von zahlreichen Experten als das Werk eines religiösen Fundamentalisten eingeordnet. Es enthält unter anderem antisemitische und geschichtsrevisionistische Passagen.

"Der Spiegel" hatte berichtet, dass die Mitarbeiter der Waffenbehörde das Buch zwar auf der Internetseite des späteren Amokläufers gefunden, den Titel aber nicht als sonderlich alarmierend eingeschätzt hätten. Deshalb hätten sie darauf verzichtet, das Buch "für 64 Euro bei Amazon zu bestellen". Stattdessen habe man den persönlichen Kontakt zu Philipp F. gesucht. Bei der waffenrechtlichen Prüfung des Mannes im Februar seien bis auf einen geringfügigen Verstoß keine Auffälligkeiten festgestellt worden.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Pressemitteilung der Fraktion Die Linke vom 22. März 2023
  • Antwort des Senats auf Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Deniz Celik (Drucksache 22/11266)
  • spiegel.de: "Waffenbehörde fand Buchtitel des Amokschützen offenbar doch im Netz" (kostenpflichtig)
  • Teilnahme an Veranstaltung der Deutsche Polizeigewerkschaft Hamburg
  • Anfrage an die Polizei Hamburg
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