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Polizist sagt im Raser-Prozess in Hamburg aus: Vater des Unfallopfers drohte mit Suizid


Raser-Prozess in Hamburg
Polizist: Vater des Unfallopfers drohte mit Suizid


Aktualisiert am 16.05.2022Lesedauer: 3 Min.
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Einsatzkräfte der Feuerwehr stehen neben dem Unfallwagen (Archivbild): Der Fahrer war gegen einen Sattelschlepper gerast.Vergrößern des Bildes
Einsatzkräfte der Feuerwehr stehen neben dem Unfallwagen (Archivbild): Der Fahrer war gegen einen Sattelschlepper gerast. (Quelle: BlaulichtNews)

Während die beiden Angeklagten weiter schwiegen, berichteten Zeugen: Im Hamburger Raser-Prozess erinnert sich ein Polizeibeamter an das dramatische Szenario, das sich ihm an der Unfallstelle bot.

Die Angehörigen auf den Zuschauerplätzen mussten am dritten Verhandlungstag im Raser-Prozess um den Unfall auf der Köhlbrandbrücke in Hamburg einiges ertragen: In den Zeugenstand war ein weiterer Polizist geladen.

Er war die erste Einsatzkraft, die die Unfallstelle am 25. März 2019 erreichte, und vor Gericht schilderte der Mann seine Eindrücke aus dieser Nacht. Zu einem Urteil wird es aufgrund langwieriger Befragungen eines Sachverständigen wohl erst an einem anderen Tag kommen.

Darum geht es in dem Prozess:
Den Angeklagten im Alter von 25 und 29 Jahren wird die Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge und fahrlässige Tötung vorgeworfen. Bei einer Kollision mit einem Lastwagen war der Bruder des 25-Jährigen tödlich verletzt worden. Das Unfallfahrzeug, ein Audi A7, war dabei vollständig zerstört worden. Der andere mutmaßlich beteiligte Wagen, ein BMW 1er, blieb unbeschädigt. Sollten die Männer verurteilt werden, drohen Strafen von einem bis zu zehn Jahren Haft.

Mann eilt Hilfe suchend auf Polizisten zu

"Wir waren fünf Minuten nach dem Funkspruch am Unfallort", berichtete der 39-jährige S., der seit fast 20 Jahren bei der Polizei arbeitet, "Der Audi war völlig zerstört und stand entgegen der Fahrtrichtung." Direkt nach dem Aussteigen um kurz nach halb elf in der Nacht sei ihm ein Mann Hilfe suchend entgegengekommen.

"Ihr müsst schnell zu meinem Bruder, der ist noch im Auto", so die erste Information, erinnert sich S. vor Gericht. Er sei sofort zum Auto geeilt, welches zwischen zwei Lkw gestanden habe. "Darin eingeklemmt haben wir einen Mann mit schwersten Kopfverletzungen vorgefunden. Ich habe am Handgelenk nach Puls gefühlt, aber da war nichts mehr", erzählt der Mann im Zeugenstand von seinen ersten Eindrücken. Ein Karosserieteil des Audis habe noch am vor ihm stehenden Lkw geklemmt.

Immer mehr Menschen seien dazugekommen und er habe bestmöglich versucht, Aufgaben an hinzustoßende Kollegen zu verteilen. Einer von diesen hatte am zweiten Verhandlungstag von äußerst schwierigen Arbeitsumständen berichtet.

Eltern des Toten am Unfallort anwesend

Dass der Hilfesuchende der Fahrer des Audi war, sei für den Beamten in dieser Situation "glasklar" gewesen, berichtete er. Vor Gericht mochte sich der Polizist im Zeugenstand aber nicht festlegen, welcher der beiden Angeklagten derjenige gewesen sein soll. Beide Angeklagte haben ähnliche Frisuren, schwarze Haare und tragen Bart.

"Die Situation war hochemotional. Irgendwann waren auch die Eltern des Verstorbenen vor Ort", schilderte der Beamte weiter. Den Bruder des Verstorbenen und mutmaßlichen Fahrer des Audi habe er als geschockt, aber klar wahrgenommen.

Vater des Unfallopfers: "Jetzt kann ich mich auch von der Brücke stürzen"

Der Polizist S. berichtete, wie der Vater außer sich gewesen sei: "Was soll ich machen? Ist eh alles egal, jetzt kann ich mich auch von der Brücke stürzen", zitierte S. den Vater des Verstorbenen. Zur Versorgung der Angehörigen habe er ein Kriseninterventionsteam gerufen, berichtete der Polizist.

An weitere Details aus Gesprächen kann sich der Zeuge vor Gericht nach mehr als drei Jahren kaum noch erinnern. Er sei im permanenten Austausch mit dem mutmaßlichen Audi-Fahrer gewesen und habe diesen "nicht aus den Augen verloren".

Polizist sieht in Schäden massive Gewalteinwirkung

Im ersten Moment habe er sich keine Gedanken über mögliche Straftaten gemacht. Um 23 Uhr sei der Tod des Beifahrers von einer Notärztin festgestellt worden. "Mein erster Eindruck war: Der muss schnell unterwegs gewesen sein", sagt der Polizist. Der verunfallte Audi sei ein "hochpreisiges und sicheres Verkehrsmittel". Die Schäden deuteten in seinen Augen auf eine massive Gewalteinwirkung hin.

Klarheit zum Unfallverlauf sollte auch das Gutachten eines Sachverständigen für Unfallrekonstruktion bringen. Bereits in der Anklage war eines der zentralen Ergebnisse des Sachverständigen aufgegriffen wollen: Der Unfallwagen soll laut Gutachter zum Unfallzeitpunkt mit mindestens 138 Kilometern pro Stunde unterwegs gewesen sein.

Bruder des Toten zeigt keine Reaktion auf Bilder der Unfallstelle

Vor Gerichte erläuterte der Gutachter, dass zwischen dem Ort der ersten Kollision und der Endstellung des Audis rund 80 bis 85 Meter gelegen hätten. Dazwischen habe ein "Splitterfeld" aus Glas, Metall- und Kunststoffteilen gelegen. Auch Beschädigungen im Asphalt habe er vor Ort feststellen können, nachdem er von der Polizei angefordert worden war.

Der Container, an dem der Audi zerschellt war, wurde durch den Aufprall erheblich beschädigt, wie auf Bildern des Sachverständigen zu sehen war. Der angeklagte mutmaßliche Fahrer nahm den Anblick seines zerstörten Fahrzeuges regungslos auf. Sein Vater saß währenddessen mit gesenktem Kopf auf den Zuschauerplätzen.

Die kleinteilige Befragung des Sachverständigen zum Unfallhergang und zu seinen Untersuchungen zog sich bis in den Nachmittag, eine Urteilsverkündung noch am selben Verhandlungstag schien unwahrscheinlich.

Verwendete Quellen
  • Reporter bei Prozesstag anwesend
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