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"Völlig überfordert": 1.500 Studentenwohnungen stehen in München leer


Wer trägt Schuld daran?
"Völlig überfordert": 1.500 Studentenwohnungen stehen leer

Von t-online, pst

Aktualisiert am 17.03.2023Lesedauer: 3 Min.
Stark sanierungsbedürftig: Leerstehendes Studentenwohnheim in München.Vergrößern des BildesStark sanierungsbedürftig: Leerstehendes Studentenwohnheim in München. (Quelle: Patrik Stäbler)
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Wohnraum ist knapp, die Studentenzahlen steigen. Trotzdem stehen 1.500 Wohnungen in München leer. Wie kann das sein?

Die Abendsonne lugt an diesem Märztag noch zwischen den Hochhäusern hindurch – eigentlich ideal für ein Picknick oder eine Runde Tischtennis. Allein die Platten hier im Innenhof inmitten der bis zu 21 Stockwerke hohen Gebäude sind ramponiert und ebenso verwaist wie die Sitzgruppen im Rasen. Menschen, geschweige denn Picknicker, sucht man hier vergeblich – einmal abgesehen von einer Frau, die mit zwei Plastiktüten in der Hand über die Grünfläche eilt.

Kurzum, es ist ein trostloser Anblick an einem Ort, an dem eigentlich junges Leben vibrieren sollte. Schließlich gehören die fünf Hochhäuser zur Studentenstadt Freimann im Münchner Norden, der größten Studierendensiedlung in ganz Deutschland. Insgesamt stehen hier knapp 2.500 WG-Zimmer, Einzelapartments und Wohnungen zu vergleichsweise günstigen Mieten bereit – eigentlich. Doch tatsächlich sind bloß tausend Wohnheimplätze belegt, weil mehrere Gebäude aufgrund ihres maroden Zustands gesperrt sind.

Bedeutet: Fast 1.500 Apartments und Wohnungen stehen derzeit leer, und das größtenteils wohl noch etliche Jahre – in München, der deutschen Hauptstadt des Miet-Irrsinns, wo man laut dem Immobilienportal "WG-Gesucht" durchschnittlich 700 Euro für ein WG-Zimmer hinblättert. Mithin also gut das Doppelte der 260 bis 380 Euro, die für eine Unterkunft in der Studentenstadt fällig werden.

1.500 Wohnungen stehen leer: Wer trägt Schuld am Missstand?

Wer Schuld trägt an diesem Missstand? Vom bayerischen Wissenschaftsministerium heißt es, man sei der falsche Ansprechpartner. Schließlich gehörten die Wohnheime in der Stustadt, wie die Siedlung genannt wird, dem Studierendenwerk München Oberbayern, das bis Jahresbeginn noch Studentenwerk München hieß.

Dort wiederum verweist eine Sprecherin bei der Frage nach dem Leerstand auf die aufwändige und kostspielige Sanierung von Hochhäusern. "Außerdem besteht ein hoher Abstimmungsbedarf mit den eingebundenen öffentlichen Stellen, soll das erforderliche Sanierungskonzept kalkulierbar und finanzierbar bleiben." Und nicht zuletzt sei die Finanzierung der notwendigen Renovierung bis zuletzt ungeklärt gewesen, so die Sprecherin.

Stellt man die Frage nach der Verantwortung dagegen Christian Hierneis, dann benennt der Grünen-Landtagsabgeordnete, in dessen Stimmbezirk die Studentenstadt liegt, gleich zwei Schuldige. Erstens, das Studentenwerk, sagt Hierneis. Denn dieses habe die Stustadt 2015 vom Verein Studentenstadt München übernommen, ohne sich der Tragweite dieses Unterfangens bewusst zu sein.

"Man war völlig überfordert und hat den Sanierungsbedarf nicht gesehen", moniert der Grünen-Politiker. Dabei sei schon damals klar gewesen, dass eine teure Grundsanierung der in den 1960er- und 1970er-Jahren erbauten Gebäude anstehen würde.

Kritik an der bayerischen Staatsregierung

Zugleich kritisiert Christian Hierneis aber auch die Staatsregierung, die sich um das Missmanagement des Studentenwerks – immerhin eine Anstalt des öffentlichen Rechts – schlicht nicht gekümmert habe. "Sie hätte sich viel früher einklinken müssen", findet der Landtagsabgeordnete. "Im Grunde sind also beide verantwortlich: Sowohl die Staatsregierung als auch das Studentenwerk haben versagt."

Tatsächlich stritten beide Seiten lange Zeit um die Finanzierung der Sanierung. Im vergangenen September versprach Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) zwar, dass der Freistaat 70 Millionen Euro für die Häuser 9 und 12 bereitstellen würde, wo derzeit insgesamt 1.050 Wohnheimplätze leerstehen. Doch bis heute ist immer noch nicht klar, ob sich die staatliche Wohnbaugesellschaft Bayernheim tatsächlich um die Renovierung kümmern wird. "Die Übernahme der beiden Häuser in der Studentenstadt durch die Bayernheim wird aktuell noch geprüft", teilt das zuständige Bauministerium mit.

Studentin stirbt bei Brand

Doch selbst wenn die staatliche Wohnbaugesellschaft dem Studierendenwerk diese zwei Gebäude abnehmen sollte, bleiben noch weitere Baustellen in der Stustadt. Erstens, das Haus 11, das aktuell saniert wird und dessen 250 Wohnplätze im Mai bezugsbereit sein sollen.

Zweitens, das Haus 10 mit 62 Wohnplätzen, das bis September geräumt werden muss, da es "seit vielen Jahren vermehrt von Wassereintritt durch leckende Trinkwasserleitungen betroffen" ist, wie dass Studierendenwerk mitteilt. Und drittens, das Haus 13 mit 180 Wohnplätzen, das im Februar 2021 geräumt wurde – infolge eines Brands, bei dem eine Studentin gestorben war.

All diese Leerstände in der Studentenstadt verschärfen die ohnehin große Wohnungsnot bei Studierenden in München. So verfügt das Studierendenwerk lediglich noch über knapp 8.500 nutzbare Wohnheimplätze in der Stadt. Zum Vergleich: 2015 waren es mehr als 10.500. Dabei sind die Studierendenzahlen seither gestiegen. Die Folge: Laut Studierendenwerk stehen auf der Warteliste für einen Wohnheimplatz in München aktuell 10.677 Namen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche vor Ort
  • Presseanfrage ans Studierendenwerk München Oberbayern
  • Presseanfrage ans Bayerische Bauministerium
  • Gespräch mit Christian Hierneis, Landtagsabgeordneter der Grünen
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