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"Letzte Generation": Aktivistin "Klima-Shakira" spricht über Suizid-Gedanken


Bekannte Aktivistin spricht
"Klima-Shakira" dachte an das Äußerste

Von Carla Gospodarek

Aktualisiert am 12.08.2023Lesedauer: 3 Min.
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"Klima-Shakira" in Wien: Im Rahmen einer Protestaktion der "Letzten Generation" klebte sich Anja Windl auf einem Zebrastreifen fest.Vergrößern des Bildes
"Klima-Shakira" in Wien: Im Rahmen einer Protestaktion der "Letzten Generation" klebte sich Anja Windl auf einem Zebrastreifen fest. (Quelle: IMAGO/Eibner-Pressefoto/EXPA/Slovencik)

Anja Windl, auch bekannt als "Klima-Shakira", ist eines der Gesichter der "Letzten Generation". Im Gespräch verrät sie, wie schwer die Klimakrise ihrer Psyche zusetzt.

Es ist sonnig an diesem 10. August auf der Herreninsel am Chiemsee. Nach den letzten grauen Tragen herrschen endlich wieder sommerliche 23 Grad. Anja Windl trägt trotzdem einen langärmligen, schicken Blazer. Sie will ernst genommen werden.

Die 26-Jährige ist Teil der Gruppe "Letzte Generation". Erklärtes Ziel: Die Politik in Bezug auf die drohende Klimakatastrophe zum Handeln zwingen. Deshalb hat sich Anja Windl gemeinsam mit drei Mitrednern zu einer eigens organisierten Pressekonferenz am Fuße des Neuen Schlosses Herrenchiemsee eingefunden.

In dem Gemäuer finden an diesem Tag die Feierlichkeiten anlässlich des 75-Jahr-Jubiläums des Verfassungskonvents statt. Hochrangige deutsche Politiker sind dort, auch Bayerns Elite rund um Markus Söder und Ilse Aigner (CSU). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält beim Festakt eine wortgewaltige Rede. Auch die von Boulevardmedien "Klima-Shakira" getaufte Anja Windl spricht zur Öffentlichkeit, nur wenige Hundert Meter weiter. Sie kündigt neue Protestaktionen an.

"Individuelle Schuld" – Windl hatte Suizidgedanken

Seit gut einem Jahr ist die in Österreich wohnhafte Niederbayerin aktives Mitglied der "Letzten Generation". Beinahe 365 kräftezehrende Tage voller Aktivismus, Protesten und Widerstand liegen hinter der Psychologiestudentin: "Ich habe ab und zu Momente, in denen ich mich frage, ob es das alles überhaupt wert ist", gesteht Anja Windl im Gespräch mit t-online.

Trotzdem sei ihr Leben ohne den Aktivismus nicht einfacher gewesen. Im Gegenteil: "Ich habe das Narrativ von der individuellen Schuld des Einzelnen und der Überbevölkerung so verinnerlicht, dass Suizid für mich im Raum stand." Das Gefühl, verantwortlich zu sein für die nahende Klimakatastrophe, sei für sie allgegenwertig gewesen. Erdrückend.

Mittlerweile sei der Niederbayerin klargeworden: Aufgeben ist keine Option. "Die effektivste Methode, um etwas zu tun, ist ziviler Widerstand. Nur so kannst du als einzelner Mensch etwas bewirken", berichtet sie von ihrem neu entfachten Kämpfergeist.

Weit mehr als 30 Mal hat sich die junge Frau schon im Rahmen verschiedener Protestaktionen auf die Straße geklebt. Gemeinsam mit anderen hat sie Öl verschüttet und ist auf Schilderbrücken der Autobahnen geklettert. Alles für den Klimaschutz. Ungeachtet der Konsequenzen.

Windl: Österreichische Polizei prüft Aufenthaltsverbot

Die medienwirksamen Aktionen der in Graz lebenden Anja Windl sind den österreichischen Behörden ein Dorn im Auge. Derzeit prüft die Polizei laut der Aktivistin, ob ihr ein mehrjähriges Aufenthaltsverbot erteilt wird. "Ich war vor einigen Wochen vor Ort zur Akteneinsicht. Das Verfahren läuft noch", berichtet die Aktivistin t-online.

Bei den Untersuchungen gehe es ausschließlich um Verwaltungsübertretungen, die laut Windl in Deutschland mit Ordnungswidrigkeiten gleichzusetzen seien. "Dass so was in meiner Akte bei der Fremdenpolizei landet, finde ich Wahnsinn", echauffiert sich die 26-Jährige.

Von den Ermittlungen gegen ihre Person will sich die Umweltaktivistin nicht stoppen lassen: "Das schüchtert mich nicht ein, im Gegenteil. Ich lasse mir mein Recht auf freie Meinungsäußerung als EU-Bürgerin nicht nehmen!"

Und so äußert die "Letzte Generation" auch an diesem Tag frei ihre Meinung. Anja Windl, Lena Mair, Ernst Höhrmann und Marion Fabian – alle vier Redner berichten der versammelten Presse von persönlichen Schicksalsschlägen, die sie zu großen Teilen auf die Klimakrise zurückführen. Eine Krise, in der die deutsche Regierung versage.

Politiker würden die "Grundrechte aller Menschen" gefährden, indem sie die Bevölkerung "schutzlos der Klimakatastrophe ausliefern". Besonders betroffen seien Senioren, Kinder und Einkommensschwache: "Nur noch die Reichsten können sich Essen leisten", heißt es zum Beispiel von der 25-jährigen Akademikerin Lena Mair.

Zum Ende der 45-minütigen Veranstaltung verkünden die Aktivisten: Die "Letzte Generation" werde ihre Aktivitäten in den kommenden Monaten auf Bayern konzentrieren. Von Würzburg aus wolle man den Protest in "die Hochburg der politischen Blockadehaltung tragen", heißt es von dem 72-jährigen Ernst Höhmann.

Verwendete Quellen
  • Besuch Pressekonferenz "Letzte Generation" auf der Herreninsel am 10. August 2023
  • Interview mit Anja Windl am 10. August 2023
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