Hubert Aiwanger: Das Dorf Mallersdorf-Pfaffenberg hüllt sich in Schweigen

Man habe in Mallersdorf-Pfaffenberg seit Jahren von dem Aiwanger-Flugblatt gewusst, sagte ein Zeitzeuge t-online. Viele Bewohner bestreiten das jetzt.

War er es nun, oder war es nicht? Die Frage, ob Hubert Aiwanger tatsächlich als 17-jähriger Schüler ein antisemitisches Flugblatt verfasst hat, wird seit Tagen in Politik und Medien heiß diskutiert. In Mallersdorf-Pfaffenberg, wo sich der Vorfall damals am Burkhart-Gymnasium ereignet haben soll, sollen die Menschen laut einem der Bewohner schon seit Jahren von dem Flugblatt gewusst haben.

Als eine Reporterin von t-online am Mittwoch erneut vor Ort nachfragt, will allerdings niemand mehr darüber reden.

Antisemitisches Flugblatt: Wer wusste wirklich davon?

Rund 6.500 Menschen wohnen in dem urigen Dörfchen Mallersdorf-Pfaffenberg in Niederbayern. Es ist beschaulich hier, die Menschen kennen einander. "Hier redet man viel – wie in jedem Dorf eben", sagte Dr. Johann Kirchberger, ehemaliger Bürgermeisterkandidat der Freien Wähler, am Dienstag t-online.

Darum habe auch jeder im Dorf von dem Exemplar des Flugblattes gewusst, das ein ehemaliger Lehrer Aiwangers aufbewahrt hatte. Die Geschichte, dass Hubert Aiwanger besagtes antisemitisches Pamphlet als 17-Jähriger verfasst hat, habe der Mann überall verbreitet: "Damit ist er hier hausieren gegangen. Er hat es wirklich jedem erzählt, ob der es wissen wollte – oder eben nicht", führt Kirchinger aus. Im Dorf möchte man davon jetzt allerdings nichts hören.

Dorfbewohner: "Ich weiß nicht mal, wer dieser Aiwanger ist"

Mit offenen Armen wird man in Mallersdorf-Pfaffenberg dieser Tage nicht empfangen. "Ich sage dazu nichts", "Damit will ich nichts zu tun haben", "Bitte gehen Sie" – diese Reaktionen fallen ausnahmslos auf die Frage, ob die Existenz des Aiwanger-Flugblatts schon vor Recherche der "Süddeutschen Zeitung" bekannt war. Falls Türen geöffnet werden, gehen diese nach wenigen Sekunden wieder zu.

Die wenigen Dorfbewohner, die bereit sind zu sprechen, bestreiten, von dem Lehrer in Kenntnis gesetzt worden zu sein. "Ich habe wirklich nichts davon gewusst. Im Gegenteil: Ich war baff – regelrecht schockiert, als ich am Freitag von der Geschichte erfahren habe", berichtet eine Anwohnerin.

Ein Landwirt, der gerade mit seinem Traktor rangiert, sagt der Reporterin: "Ich hab nichts mitgekriegt davon und will mich auch nicht damit beschäftigen." Ein Mann, Ende 30, sagt auf der Türschwelle: "Ich weiß nicht mal, wer dieser Aiwanger ist. Deshalb servus, tschüss."

Auch der Bürgermeister schweigt – die Landespolitik bemüht sich um Klärung

Zu dem Thema scheint sich im Dorf momentan kaum noch jemand äußern zu wollen. Auch nicht der amtierende Bürgermeister, Christian Dobmeier. Diesem unterstellt Johann Kirchinger, von dem Flugblatt Kenntnis gehabt, es sogar gelesen zu haben. Der CSU-Politiker hüllt sich in Schweigen. Auf t-online-Anfrage war Dobinger nicht bereit, ein Statement in Sachen Hubert Aiwanger abzugeben.

Auf Landesebene bemüht sich die Politik indes um Aufklärung. Ministerpräsident Söder hatte seinen Stellvertreter Aiwanger erst am Dienstag zu einer Sondersitzung einberufen. Weil dabei der Sachverhalt nicht ausreichend geklärt werden konnte, muss Aiwanger nun einen Fragenkatalog mit 25 Punkten beantworten und Söder zeitnah übermitteln. Die Inhalte des Flugblattes hatte Söder zuletzt aufs Schärfste kritisiert.