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"Tokyo Drift" in München: Tuner "Blacklist089" wehren sich gegen Polizei


"Blacklist089"
Umstrittene Tuner wehren sich: "Wir sind keine Autoposer"

  • Sven Sartison
Von Sven Sartison

Aktualisiert am 24.01.2024Lesedauer: 5 Min.
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Bilder wie aus einem Fast & Furious-Film. Regelmäßig veranstaltet die Gruppe Blacklist089 Treffen in und um München.Vergrößern des Bildes
Bilder wie aus einem Fast & Furious-Film. Regelmäßig veranstaltet die Gruppe Blacklist089 Treffen in und um München. (Quelle: Privat)

Die Gruppe "Blacklist089" gerät immer wieder in die Schlagzeilen. Aber die Tuner wehren sich gegen ihr schlechtes Image als gewalttätige Autoposer.

Wie man sich in Szene setzt, wissen die Mitglieder von "Blacklist089". Wer sich die Videos der Gruppe auf Instagram anschaut, dürfte sich wie im Film vorkommen. PS-starke Autos, qualmende Reifen, Burnouts, Drifts, Feuerwerk, mehrere Hundert bis Tausende Schaulustige und dazwischen Polizei und Blaulicht.

"Es erinnert an die alten Filme von 'Fast & Furious'", muss auch Umutcan Kiris, der sich um das Management der Münchner Tuner kümmert, zugeben. Damals, als in den Streifen noch Elemente wie Autotreffen, Racing und das Herumbasteln an den Fahrzeugen im Vordergrund standen.

Kein Platz für Alkohol, Drogen und Rennen

Wie die Protagonisten in den Filmen trifft sich die Gruppe auf öffentlichen Plätzen und in Parkhäusern, Motorhauben und Kofferräume werden aufgemacht, Motoren und Soundanlagen bestaunt. Oftmals im kleineren, engen Kreis, ab und zu mit der Community. Dann kommen schon mal 2.000 bis 3.000 Personen.

Das gefällt nicht allen. Das Image als Proleten, die mit ihren aufgemotzten Autos posen, dabei Lärm und Schmutz verursachen und andere gefährden, eilt auch "Blacklist089" voraus. Von der Szene gehe "eine gewisse Gefahr" aus, hatte Robert Maurer Mitte Dezember t-online gesagt. Er ist Erster Hauptkommissar bei der Polizeiinspektion Rosenheim. Das gelte für die Teilnehmer selbst, aber auch für Unbeteiligte. Denn oftmals würden sich die Tuner nicht an geltende Geschwindigkeiten und Verkehrsregeln halten.

Vorwürfe, gegen die sich die Gruppe vehement wehrt. "Wir sind strikt gegen Autorennen und andere Sachen, bei denen Menschen gefährdet werden", stellt "Blacklist089"-Manager Kiris klar. In den drei, vier Jahren seit Bestehen habe es noch nie einen Vorfall gegeben, bei dem jemand ernsthaft verletzt wurde. Auch Alkohol und andere Drogen hätten auf den Treffen keinen Platz.

Gruppe sieht sich als Autoliebhaber und nicht als Poser

Der 28-Jährige kommt eigentlich aus der Musikbranche. In München hat er zwei eigene Tonstudios und mehrere Künstler bei seinem Label SOS Music Germany unter Vertrag. Was er hingegen nicht hat, ist ein eigenes Auto. Im Rahmen eines Drehs für ein Musikvideo für den Rapper Tarek OBH kam er mit der Szene in Kontakt. Der Titel des Liedes: "Tokyo Drift" – so wie auch der dritte Teil der "Fast & Furious"-Reihe.

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Seitdem versucht Kiris, "Blacklist089" in ein besseres Licht zu rücken, das Image aufzupolieren. Weg vom schlechten Bild des Illegalen hin zu einer anerkannten Gruppe. Was ihm dabei ganz wichtig ist: "Wir sind keine Autoposer, sondern Autoliebhaber und Tuner", sagt er über die Community, die auf Instagram mittlerweile mehr als 38.000 Follower zählt. Und doch sind die Schlagzeilen, die zuletzt über sie geschrieben wurden, nicht gerade positiv.

Situation bei Treffen in Rosenheim eskaliert

Der Konflikt mit der Polizei schwelt schon länger. Mitte Dezember fand er schließlich seinen vorläufigen Höhepunkt. Damals hatten sich rund 3.000 Personen mit mehreren Hundert Fahrzeugen nach einem Aufruf von "Blacklist089" auf dem Parkplatz eines Shoppingcenters in Rosenheim getroffen. Als die Polizei anrückte, eskalierte die Situation.

Es seien Böller auf Beamte geworfen und Pyrotechnik gezündet worden, teilte die Polizei im Nachgang mit. Zudem sei mit einer Schreckschusswaffe in die Luft geschossen worden. "Das mit der Waffe stimmt", gesteht Kiris. Die Bilanz: Zwei Beamte erlitten ein Knalltrauma, gegen neun Personen wurde wegen des Zündens von illegaler Pyrotechnik ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, gegen einen weiteren Mann wegen gefährlicher Körperverletzung.

Die Aggressionen seien ganz klar vonseiten der Tuningszene ausgegangen, ließ die Polizei verlauten. "Mit Friedlichkeit hatte das nichts zu tun", erklärte der Erste Hauptkommissar Robert Maurer. Anschuldigungen, welche die Autofans so nicht stehen lassen wollen. Sie fühlen sich ungerecht behandelt, in der Opferrolle.

Videos, die vor Ort gemacht wurden, sollen zeigen, was in Rosenheim wirklich passiert ist, dass die Aggression von der Polizei ausging. Zu sehen sind Beamte, die Schaulustige einfach aus dem Weg räumen, diese umstoßen. Eine junge Frau brach sich dadurch angeblich den Knöchel. "Es lagen mehrere Leute im Krankenhaus", sagt Kiris. Anzeigen gegen die Polizei wurden trotzdem keine erstattet.

Kritik am Verhalten und Vorgehen der Polizei

Besonderes Aufsehen erregte eine Aufnahme, in der sich ein Besucher des Treffens zunächst ein Wortgefecht mit einem Polizisten liefert. Dann packt der Beamte den jungen Mann, ringt ihn nieder. Ein Kollege kommt hinzu, zu zweit fixieren sie den am Boden Liegenden. Bilder, die brutal wirken. Das Problem an der Sache: Was vor der verbalen Auseinandersetzung sowie zwischen dieser und dem körperlichen Eingreifen der Polizei passiert, ist nicht zu sehen.

Kiris will die Staatsgewalt daher auch nicht allein als Buhmann hinstellen. "An sich machen die ihren Job." Das Problem sei allerdings, wie die Polizei bei den Treffen aufmarschiere: "Sie stellen uns wie Fußball-Hooligans dar, kommen mit Hunden, Mannschaften, Kameras." Das trage nicht gerade dazu bei, die Situationen zu deeskalieren, sondern würde diese erst eskalieren lassen.

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Würde die Polizei anders auftreten, hätten die Beamten sachlich darum gebeten, das Treffen aufzulösen, wären die Tuner auch einfach von dannen gezogen, beteuert er. "Unsere Leute sind friedlich". Überhaupt, das stellt der Manager klar, sei die Gruppe total offen, Streit suche in der Regel niemand.

Bei den großen, öffentlichen Treffen, die meist einmal pro Monat stattfinden, sei jeder willkommen. Egal ob der Fahranfänger mit seinem Golf, die Büroangestellte, Familien mit Kindern oder der 80-jährige Rentner mit seinem Oldtimer. Aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien und Frankreich würden die Autofans zu den Treffen anreisen. "Mensch ist Mensch", bringt es Kiris auf den Punkt.

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Polizei besucht Mitglieder am Arbeitsplatz

Was die ohnehin schon angespannte Situation zuletzt noch weiter angeheizt hat, sind Hausbesuche der Polizei bei Mitgliedern der Gruppe. Selbst am Arbeitsplatz sollen die Beamten vorbeigeschaut haben, zwei Leute verloren in der Folge laut Kiris ihre Jobs. Was dahintersteckt, sich die Polizei davon verspricht, weiß er nicht. Er spricht von "Schikane".

Die Münchner Polizei selbst wollte auf Nachfrage von t-online diesbezüglich keine Stellungnahme abgeben. "Hier können wir Ihnen aus ermittlungstaktischen Gründen keine Auskunft geben", lautete die kurze Antwort einer Sprecherin. Ebenso wie auf die Frage, ob "Blacklist089" unter besonderer Beobachtung stehe.

"Blacklist" sammelt für Obdachlose und Kinderheim

Zwischen all den Streitereien und Auseinandersetzungen mit der Polizei geht es fast schon unter, dass die Tuner auch Gutes tun. Im vergangenen Jahr sammelten sie Essen und Kleidung für Obdachlose, Mitglieder brachten die Sachen persönlich bei den Menschen vorbei. Aktuell plane man gemeinsam mit dem Stadtjugendamt eine ähnliche Aktion für Kinderheime.

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Der Gruppe schwebt eine Spendengala im Olympiaturm vor. "Wir wollen unten ein paar Autos in Smiley-Position aufstellen, damit die Kinder von oben darauf herunterschauen können", erklärt Kiris. Das Ziel sei, pro Kind 100 bis 150 Euro zu sammeln. Am Mittwoch geht die Spendenaktion auf der Plattform "gofundme" los.

Nächste Treffen bereits in der Planung

Die nächsten Veranstaltungen sind bereits in der Vorbereitung. Geplant sei zum einen ein großes Treffen, bei dem sich die Teilnehmer an der Videokonsole bei einem Rennspiel duellieren. Dafür sollen eine große Leinwand samt Beamer und zwei Simulatoren aufgebaut werden. "Aktuell sind wir noch auf der Suche nach einem Platz", sagt der 28-Jährige.

Denn das ist das, was sich die Gruppe am meisten wünscht: einen Ort, an dem sie sich legal treffen kann. Eine diesbezügliche Anfrage an die Stadt verlief ohne Antwort, Gespräche mit Privatpersonen laufen.

Auch ein anderes Event nimmt gerade im Hintergrund Form an. Gemeinsam mit einem renommierten Autohaus ist für dessen treueste Kunden eine Show auf einer Rennstrecke geplant. Das Highlight des Tages: Möglicherweise bringt der Händler das wohl prominenteste Fahrzeug aus seinem Besitz mit zu der Veranstaltung. Einen Nissan Skyline GTR R33 – bekannt aus "The Fast and the Furious: Tokyo Drift".

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Umutcan Kiris
  • Anfrage an das Polizeipräsidium München
  • Telefonat mit dem Ersten Polizeihauptkommissar Robert Maurer
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