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Bayern: AfD-Richter könnten bald im Verfassungsgerichtshof mitentscheiden


Mit CDU und Freien Wählern
AfD-Richter könnten bald über Verfassung mitentscheiden

Von Sara Guglielmino

23.01.2024Lesedauer: 3 Min.
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Bayerischer VerfassungsgerichtshofVergrößern des Bildes
Ein Schild mit der Aufschrift Bayer. Verfassungsgerichtshof: Dort könnten bald AfD-Richter über die Verfassung entscheiden. (Quelle: picture alliance / dpa/dpa-bilder)

Die Opposition sträubt sich, die Regierung könnte mitziehen: Mittwoch entscheidet sich, ob die AfD über die Verfassung mitentscheiden darf. Das wäre nicht das erste Mal.

Am Bayerischen Verfassungsgerichtshof könnten bald Richter der teilweise rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) sitzen. Diese würden dann über die Auslegung und Wahrung der Landesverfassung mitentscheiden – und das, obwohl die Partei in Bayern vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Ehrenamtliche Richter sind fester Bestandteil des Gerichts

Am Mittwoch werden im Landtag 15 ehrenamtliche Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs und deren Stellvertreter gewählt. Dabei handelt es sich um eine gängige Praxis: Die ehrenamtlichen Richter sollen die 22 Berufsrichter ergänzen und die parteipolitischen Verhältnisse des Landes im Gericht widerspiegeln. Je größer die Fraktion, desto mehr Kandidaten darf sie vorschlagen. Nach den Ergebnissen der Landtagswahl im vergangenen Oktober stehen der AfD-Fraktion zwei Kandidaten samt Stellvertretern zu.

Abgestimmt wird am Mittwoch nicht über einzelne Kandidatenvorschläge der Parteien, sondern im Block, also über eine ganze Liste, die fraktionsübergreifend alle nominierten Kandidaten enthält. So sieht es das Prozedere vor.

Sitzverteilung im Bayerischen Landtag.
Sitzverteilung im Bayerischen Landtag. (Quelle: Bayerischer Landtag)

So setzt sich der Bayerische Landtag aktuell zusammen

Die CSU (85 Sitze) und Freien Wähler (37 Sitze) bilden als größte Fraktionen die Regierung. Die Opposition besteht aus der AfD (32 Sitze), den Grünen (32 Sitze) und der SPD (17 Sitze).

In der Debatte um die künftigen ehrenamtlichen Verfassungsrichter steht die umstrittene AfD in der Mitte – während sich die restliche Opposition aus Grünen und SPD querstellt, könnte die Regierung aus CSU und Freien Wählern nun der gesamten Liste zustimmen, wie aus Informationen der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) hervorgeht. Damit kämen nicht nur ihre eigenen Kandidaten, sondern auch die der AfD in den Verfassungsgerichtshof.

Um welche Kandidaten geht es?

Im Zentrum der Kritik stehen die beiden AfD-Kommunalpolitiker Wolfram Schubert und Rüdiger Imgart. Sie sind es, die bald über die Bayerische Verfassung entscheiden könnten. Schubert ist ehemaliger Oberstaatsanwalt und Kreisvorsitzender der AfD in Landshut, Imgart AfD-Kreisrat in Weilheim. Letzterer war im Sommer 2020 Teil einer Corona-Demonstration in Berlin, deren Teilnehmer den Reichstag stürmen wollten. Hinterher sagte Imgart der "SZ", er habe sich nur ein Bild von der Demo machen wollen und sich nicht "mit irgendwelchen obskuren Forderungen einverstanden erklärt".

Schubert und Imgart wurden schon in der letzten Legislaturperiode nominiert, der Landtag billigte. Allerdings muss man dazusagen, dass die bayerische AfD zu dem Zeitpunkt noch nicht vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. Umstritten war die AfD schon immer, aber 2018 fanden auch noch keine so großen Demonstrationen gegen die zunehmende Radikalisierung der Partei statt, wie es deutschlandweit in den vergangenen Tagen der Fall war.

Einzelabstimmung könnte AfD-Kandidaten das Amt kosten

Die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen versuchten schon Ende letzten Jahres, den Eintritt der AfD in den Verfassungsgerichtshof zu verhindern, indem sie Einzelabstimmungen beantragten. Denn würden sie gegen die ganze Liste stimmen, um den Erfolg der AfD-Kandidaten zu verhindern, müssten sie auch ihre eigenen Kandidaten ablehnen. Die Anträge blieben jedoch erfolglos. Die SPD habe den Antrag auf Einzelabstimmung nach Angaben der "SZ" inzwischen zurückgezogen und die Entscheidung über die Abstimmung ihren Abgeordneten überlassen.

Die Regierungsparteien verzichteten auf die Anträge. Der "SZ" sagte die CSU-Fraktion, es sei "aus Rechtsgründen erforderlich, das bisherige Gesamtabstimmungsverfahren beizubehalten". Die Freien Wähler argumentieren, die Gesamtabstimmung sei schon seit Jahrzehnten üblich.

Grüne gegen die Liste: "Keine Verfassungsfeinde im Gericht"

Die Grünen planen, am Mittwoch gegen das gesamte Personaltableau zu stimmen. Und damit auf ihre eigenen Kandidaten zu verzichten. "Für uns ist klar: Wir werden keine Kandidaten der AfD für die nichtberufsrichterlichen Mitglieder am Bayerischen Verfassungsgerichtshof wählen", sagt der Geschäftsführer der Landtags-Grünen, Jürgen Mistol, zu t-online.

"Die AfD als Feinde unserer freiheitlichen Verfassung haben in einem Verfassungsgericht nichts zu suchen", heißt es weiter. Wie die SPD am Mittwoch abstimmen wird, ist noch nicht offiziell bestätigt.


Quotation Mark

Die AfD als Feinde unserer freiheitlichen Verfassung haben in einem Verfassungsgericht nichts zu suchen.


GRünen-Geschäftsführer Jürgen Mistol


Wahl wurde Mitte Dezember wegen Streitereien verschoben

Welche Folge eine Ablehnung der gesamten Kandidatenliste tatsächlich hätte, ist ungewiss. Es könnte aber sein, dass die gesamte Richterwahl vor dem Bundesverfassungsgericht anfechtbar wäre, da das Gericht unvollständig besetzt und damit formal nicht arbeitsfähig wäre. Dazu planen die Grünen, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, "um Rechtsunsicherheiten im Verfassungsgerichtshofgesetz zu beseitigen", so Mistol.

Eigentlich hätte die Wahl bereits Mitte Dezember stattfinden sollen. Nach Debatten über die umstrittenen AfD-Kandidaten wurde sie allerdings verschoben. Nach Informationen der "SZ" offiziell "aus Zeitgründen".

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • sueddeutsche.de: "CSU und FW wollen AfD-Verfassungsrichter mitwählen"
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