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Experten entsetzt über Friedenspreis für Krone-Schmalz – Prinzen-Sänger schweigt


"Verbreitet offensiv Kreml-Narrative"
Friedenspreis für Gabriele Krone-Schmalz stößt auf Unverständnis

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Von Michael Ströbel

Aktualisiert am 17.07.2023Lesedauer: 4 Min.
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Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel und Autorin Gabriele Krone-Schmalz: Sie sollen am 19. November in Leipzig den Löwenherz Friedenspreis erhalten. (Quelle: Montage/Imago)

Gabriele Krone-Schmalz erhält zusammen mit Prinzen-Frontmann Sebastian Krumbiegel einen Friedenspreis. Renommierte Russlandexperten sind darüber entsetzt.

Michail Gorbatschow, der Dalai Lama, Bodo Ramelow und Fridays for Future: Die Liste der Namen, die den Löwenherz Friedenspreis erhalten haben, ist ebenso lang wie prominent. Vergeben wird der Preis von der Nichtregierungsorganisation (NGO) Human Project aus Leonberg bei Stuttgart.

In diesem Jahr soll nun eine Frau geehrt werden, die bei genauerer Betrachtung nicht so recht in die illustre Reihe passt: die Autorin Gabriele Krone-Schmalz; neben Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel. Das löst viel Kritik aus – bei Russlandexperten ebenso wie im Internet. Und auch Eugen Drewermann, den angekündigten Laudator, sehen diese kritisch.

"Drewermann wie Krone-Schmalz stehen ganz eindeutig auf der Seite des Kremls und verbreiten offensiv Kreml-Narrative", schreibt etwa der Historiker und Publizist Ilko-Sascha Kowalczuk auf Twitter. "Gabriele Krone-Schmalz hat den russischen Propagandanarrativen den Weg in die politischen Debatten bei uns bereitet" und damit "ihren Anteil daran, dass sich in Deutschland Politik und Öffentlichkeit lange vom Putin-Regime an der Nase herumführen ließen", sagt auch Klaus Gestwa, Professor an der Uni Tübingen und dort Direktor des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde. Bis heute trete sie vor allem "als publizistische Übersetzerin der russischen Propaganda" in Erscheinung.

Die NGO feiert Krone-Schmalz als diejenige, die "die Denkweise Gorbatschows vollumfänglich verinnerlicht hat". "Das steht im krassen Widerspruch zu vielen ihrer Aussagen, mit denen sie Putin in Schutz genommen hat, der ganz offensichtlich das Erbe Gorbatschows mit Füßen tritt", sagt Gestwa.

Experte sieht Widersprüche in Ankündigung

Seine Bewertung zu der einstigen Moskau-Korrespondentin der ARD: "Ihre Verurteilung Putins und des russischen Angriffskriegs ist nur vorgeschoben; eine klare Distanzierung von diesem imperialen Eroberungskrieg und ehrliche Empathie für die überfallene sowie schwer verwundete Ukraine kann ich weiterhin nicht erkennen."

In der Pressemitteilung zum Löwenherz Friedenspreis 2023 heißt es dagegen: "In Krisenzeiten treten auch immer diejenigen in Erscheinung, die einfache Lösungen propagieren, Verschwörungsmythen verbreiten und die jede sich bietende Chance für Umsturz wittern. 'Reichsbürger', Nationalisten und Faschisten sind die größte Gefahr für Demokratie, Rechtsstaat und sozialen Zusammenhalt." Und weiter: "Viel zu lange wurde diese Gefahr im gesamtgesellschaftlichen Kontext verharmlost. Viel zu oft wird den Feinden der freiheitlichen Demokratie Verständnis entgegengebracht. Viel zu häufig werden dabei junge Menschen in ihrem Protest gegen Neonazis alleingelassen."

Bei Klaus Gestwa stößt genau das im Zusammenhang mit Preisträgerin Krone-Schmalz und Laudator Eugen Drewermann auf Verwunderung: Gerade sie "genießen in diesen Kreisen wegen einer Nähe zu den Putin-Narrativen großen Zuspruch. Die NGO sieht diesen Widerspruch offensichtlich nicht", sagt der Osteuropa-Experte.

Gestwa: Drewermann-Rede "voller historischer Fehler"

Laudator Eugen Drewermann erhielt Mitte Mai den Alternativen Karlspreis in Aachen verliehen. "Das war gedacht als Gegenpreis und Gegenveranstaltung des damals an den ukrainischen Präsidenten Selenskyj verliehen Karlspreis", erklärt Gestwa. Er wurde in früheren Jahren unter anderem an den bekannten Verschwörungsideologen Ken Jebsen verliehen.

"Ich und andere Osteuropa-Kollegen und -Kolleginnen erhielten damals diese Rede von Drewermann zugespielt, verbunden mit der Bitte, uns dazu klar und deutlich zu positionieren", verrät Gestwa. "Ich habe mir dieses wirre Zeug voller historischer Fehler und politischer Irrflüge angehört, fand es völlig indiskutabel und habe auf eine Kommentierung verzichtet." Mit seiner Performanz entzaubere sich Drewermann selber "als 'irrer Opa', der seinen politischen Kompass endgültig verloren und sich im 'Querdenken'-Verschwörungssumpf hilflos verheddert hat".

Prinzen-Sänger Krumbiegel "gehört nicht hierhin"

Der letzte Satz der Pressemitteilung von Human Projects klingt für Gestwa "dann wie Hohn". Darin heißt es: "Denn die größte Gefahr für Demokratie, Frieden und Versöhnung besteht dann, wenn Autokraten und Alleinherrscher an Konflikten beteiligt sind."

"Warum ehrt die NGO dann eine umstrittene Publizistin, die ihr Geschäftsmodell darin gefunden hat, sich als Sprachrohr des kriegslüsternen Kremlbosses in der deutschen Öffentlichkeit zu betätigen?", fragt Gestwa. Sein Fazit: "Mit Eugen Drewermann bekommt Gabriele Krone-Schmalz den Laudator, den sie verdient hat. Hier findet zusammen, was sich gemeinsam auf Irrwege begangen hat."

Doch Gestwa schränkt auch ein: "Krumbiegel gehört nicht hierhin. Er sollte sich diese Gesellschaft wirklich noch einmal durch den Kopf gehen lassen." Dessen zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechts finde er löblich. "Vielleicht sollte Krumbiegel jemand mal mitteilen, dass seine Mitpreisträger von jenen politischen Milieus verehrt werden, gegen die er sich engagiert: AfD, die 'Querdenker'-Partei 'Die Basis', 'Reichsbürger', prorussische Milieus", führt Klaus Gestwa aus.

Krumbiegel antwortet nicht auf Anfrage

Von Human Projects heißt es auf Nachfrage von t-online nur, dass sowohl Krone-Schmalz als auch Krumbiegel den Preis angenommen hätten. Sie sollen am 19. November in Krumbiegels Heimat Leipzig geehrt werden. Der Sänger indes hat bislang nicht auf eine Anfrage von t-online geantwortet. Er befinde sich derzeit im Urlaub, heißt es von seinem Management. Auch auf Twitter wurde er vom deutschen Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk mit der Kritik konfrontiert. Bislang blieb auch dort eine Reaktion aus.

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Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur zeigte er sich allerdings begeistert von der Ehrung. "Wenn ich daran denke, wer den Preis schon bekommen hat – Michail Gorbatschow und der Dalai Lama –, dann ist das schon echt geil", ließ er sich zitieren. Durch Preise fühle man sich natürlich immer gebauchpinselt. "Aber sie sorgen eben auch dafür, dass man weitermacht", so der 56-Jährige.

Verwendete Quellen
  • humanprojects.de: "Gabriele Krone-Schmalz & Sebastian Krumbiegel empfangen den Löwenherz Friedenspreis 2023"
  • Eigene Recherchen auf Twitter
  • Schriftliche Anfrage bei Sebastian Krumbiegel
  • Schriftliche Anfrage bei Prof. Klaus Gestwa, Universität Tübingen
  • Nachrichtenagentur dpa
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