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SV Werder Bremen erlebt schleichenden Niedergang: Das sind die Gründe


Vom Double-Sieger zum Kellerkind
Der schleichende Niedergang des SV Werder Bremen

mg

Aktualisiert am 10.01.2014Lesedauer: 5 Min.
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Robin Dutt und Thomas EichinVergrößern des Bildes
Robin Dutt (li.) und Thomas Eichin bei Werder für den Neuanfang. (Quelle: osnapix/imago-images-bilder)

Knapp zehn Jahre ist es jetzt her, dass der SV Werder Bremen mit Ailton, Johan Micoud und Co. den FC Bayern im eigenen Stadion düpierte und sich spektakulär die Deutsche Meisterschaft sicherte. Kurz darauf holten die Hanseaten auch den DFB-Pokal, der erste Gewinn des Doubles der Vereinsgeschichte war perfekt. In den Jahren danach war Werder Dauergast in der Champions League und schien ein ernsthafter Kandidat für die Rolle des Dauerrivalen des Rekordmeisters zu sein. Doch es kam alles ganz anders.

Die Architekten des Bremer Erfolgs waren Trainer Thomas Schaaf und Manager Klaus Allofs. Im Januar 2014 ist vom Glanz nicht mehr viel übrig. Allofs und Schaaf haben den Verein verlassen, in der letzten Saison konnte der Abstieg gerade noch vermieden werden. Und auch in dieser Spielzeit leiden die Anhänger weiter. Mit 19 Punkten steht Werder zwar aktuell auf Platz elf der Bundesliga, doch bis zum Abstiegsrelegationsplatz sind es nur fünf Zähler.

Dass an der Weser nun deutlich kleinere Brötchen gebacken werden, macht auch die Zielsetzung des neuen Trainers Robin Dutt deutlich: 21 Zähler sollen es noch werden in der Rückrunde. Die 40-Punkte-Marke ist also die Marschrichtung, was nichts anderes bedeutet als "Wenn wir drin bleiben, sind wir zufrieden". Vom internationalen Geschäft hat in Bremen schon lange niemand mehr gesprochen, der Verein befindet nun schon sich seit Jahren im Umbruch, die verjüngte Mannschaft, die ohne große Stars auskommen muss, braucht noch Zeit, um sich zu etablieren. Doch wie kam es dazu, dass Bremen von der deutschen Nummer zwei zu einem Abstiegskandidat geworden ist?

Die Defensive

Schon im Double-Jahr 2004 musste Werder 38 Gegentore hinnehmen. Dennoch galt das damalige Innenverteidiger-Duo Mladen Krstajic/Valerien Ismael als stabilisierender Faktor. Erfolg hatte die Mannschaft von Schaaf damals und in den Jahren danach vor allem wegen der überragenden Offensive. Micoud, Ailton, der nach der Saison nach Schalke wechselte, und Klasnic waren kaum zu bremsen. Schwächen in der Defensive fielen einfach nicht so sehr ins Gewicht.

Während der Angriff in den Folgejahren mit Diego, Mesut Özil und Miroslav Klose weiter für Furore sorgte, vergrößerten sich die Probleme in der Defensive. Doch die Lücken wurden immer wieder von den Offensiv-Künstlern kaschiert. Weil in den letzten Jahre auch die Offensive zunehmend schwächer wurde und Leistungsträger wie Per Mertesacker, Naldo und Sokratis verkauft wurden, steht der Abwehrverbund vermehrt im Fokus. Und macht dabei oft nicht den sichersten Eindruck.

Die Transfers

Allofs galt in Bremen lange als der Mann mit dem goldenen Händchen. Transfers wie die von Ailton, Micoud, Diego oder die Rückholaktion von Claudio Pizarro hatten die erfolgreichen Jahre schließlich erst möglich gemacht. Doch mit der Zeit lag das Duo mehr und mehr daneben mit seinen Einschätzungen.

2007 holten die Macher zwar Mesut Özil an die Weser, der bis zu seinem Wechsel zu Real Madrid zu einem Spieler internationaler Klasse reifte. Dazu kam mit Hugo Almeida ein Angreifer, der ebenfalls höheren Standards genügte.

Es war allerdings auch der Sommer, in dem Werder Dusko Tosic, Carlos Alberto und Boubacar Sanogo für insgesamt rund 14 Millionen Euro holte. Alle drei erweisen sich als Flop, die Liste der teuren Fehleinkäufe könnte hier noch fortgesetzt werden. Der ebenfalls 2007 aus der Jugend gekommene Max Kruse verließ dagegen zwei Jahre später den Klub in Richtung FC St. Pauli – ablösefrei. Heute spielt Kruse in der Nationalmannschaft und hat einen geschätzten Marktwert von zehn Millionen Euro.

Die fehlende Risikobereitschaft

Werder spielte von 2004 bis 2011 insgesamt sechs Mal in der Champions League. Das in der Königsklasse verdiente Geld wurde immer mit Bedacht reinvestiert. Durch die Erfolge des Teams wurde die Gehaltsstruktur der vorhanden Spieler angepasst, auch neue Hochkaräter kamen mit Mertesacker oder Pizarro hinzu oder zurück. Als die Verantwortlichen aber den Stadionumbau vorantrieben, der mit rund 75 Millionen Euro deutlich teurer als zunächst geplant war, wurde das eingenommene Geld immer weniger für frisches Personal ausgegeben.

Seit 2009 hat der Klub zwar bereit rund 60 Millionen Euro für neue Kicker ausgeben, dabei aber trotzdem einen Transferüberschuss von rund 37 Millionen Euro erwirtschaftet. Allein die Abgänge von Diego und Özils spülten rund 50 Millionen Euro in die Kassen. Doch der sportliche Qualitätsverlust konnte nicht ausgeglichen werden, in den Kader wurde vor allem aber in der Breite zu wenig Geld gesteckt .

Das Pech - oder schlechtes Scouting?

Bei einigen Transfers und Entscheidungen hatten die Bremer Verantwortlichen schlicht Pech. Als man Mehmet Ekici vom 1. FC Nürnberg holte, hatte dieser gerade gemeinsam mit Ilkay Gündogan beim Club für Furore gesorgt. Doch der technisch versierte Offensivmann wurde bis heute nicht die erhoffte Verstärkung. Auch wegen zahlreicher Verletzungen konnte Ekici die Erwartungen nicht erfüllen.

Gündogan landete dagegen in Dortmund und hat unter Trainer Jürgen Klopp einen enormen Sprung gemacht. Auch er ist - wie Kruse – heute Teil der DFB-Elf.

Die Nibelungentreue

Allofs und Schaaf trugen aus heutiger Sicht zu lange die Verantwortung. Doch dieser Fakt ist nicht dem ehemaligen Erfolgs-Duo anzulasten. An der Weser, wo man den Verantwortlichen gerne beim Umsetzen ihrer Vorstellungen Zeit lässt, wurde die Treue zu Schaaf und Allofs irgendwann zum Alibi für das Team. In die Diskussion gerieten nach den schwachen Auftritten die Verantwortlichen, nicht die Mannschaft.

Unter Sportdirektor Thomas Eichin und Trainer Robin Dutt ist der lange vermisste Neuaufbau eingeleitet worden. An diesem diesen hatten sich auch ihre Vorgänger bereits versucht, mussten nach dem Abrutschen ins Mittelmaß nach Jahren des Erfolgs ihre Mission beenden (Schaaf) bzw. verließen den Klub in Richtung Wolfsburg (Allofs).

Wie geht es weiter?

Unter Dutt machte Werder zu Beginn der aktuellen Saison zunächst einen gefestigten Eindruck. Die defensiven Schwächen sind aber geblieben, nur Hoffenheim und der HSV (je 38) haben mehr Tore kassiert das die Bremer (37).

Dieses Problem gilt es abzuschalten. Dann kann in Bremen vielleicht in Zukunft wieder vom internationalen Geschäft statt von der 40-Punkte-Marke gesprochen werden. Eichin ist guter Dinge, dass den Werderanern eine gute Rückrunde gelingt. "Robin kennt die Mannschaft jetzt. Die Integration der neuen Spieler ist gelungen. Der Trainer kann dadurch viel präziser als im Sommer arbeiten, deswegen wird uns diese Vorbereitung weiter nach vorne bringen", sagte der Sportdirektor der "Kreiszeitung Syke".

Neue Spieler sollen im Winter nicht mehr kommen. Laut Eichin plant Werder bereits für den Sommer. Dann soll auch eine Kooperation mit Juventus Turin starten, von der der Klub z. B. durch Ausleihgeschäfte profitieren soll. Ein ungewöhnlicher Schritt für einen Bundesligisten, aber vielleicht der erste zurück zum großen Fußball.

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