Thesen zum Bundesligastart Ein Torjäger wird zum Flop – und Müller überrascht
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Am Freitag geht die neue Bundesligasaison los. Da darf die eine oder andere provokante These zum Auftakt nicht fehlen.
Die neue Bundesligasaison beginnt und bringt gleich ein paar Fragen mit: Wird Bayern wieder nicht Meister? Wer wird Torschützenkönig? Und welche Mannschaften steigen ab?
Ab Freitagabend werden unter anderem diese Fragen in den kommenden Monaten beantwortet. Meister Bayer Leverkusen eröffnet die Spielzeit mit dem Spiel bei Borussia Mönchengladbach. Der FC Bayern – nach elf Meistertiteln in Folge von Leverkusen abgelöst – steigt ungewohnterweise erst am Sonntag in Wolfsburg ein.
"Das Adrenalin ist zurück", kündigte Meistertrainer Xabi Alonso schon mal an. Und machte damit gleichzeitig eine Kampfansage Richtung München. Auf die Fans wartet also eine spannende Spielzeit. Zeit für neun steile Thesen zum Saisonstart.
Guirassy macht für den BVB keine zehn Tore
Von Nils Kögler
Mit 18 Millionen Euro für einen 28-Tore-Stürmer wie Serhou Guirassy hat der BVB ein echtes Schnäppchen gemacht. Dennoch könnte sich der 28-Jährige als Flop erweisen. Ja, die vergangene Saison von Guirassy war überragend. Fakt ist aber auch: Sie war ein Ausreißer. In seiner gesamten restlichen Karriere gelangen Guirassy lediglich zwei weitere Saisons mit Treffern im zweistelligen Bereich (jeweils 11 und 10 Tore).
Grund dafür sind auch immer wieder auftretende Verletzungen. Seine Zeit bei Dortmund startet bereits mit einer Knieverletzung, die ihn die gesamte Vorbereitung und den Saisonstart verpassen lässt – für einen Spieler bei einem neuen Klub eine besonders wichtige Zeit. Selbst wenn er für den Rest der Saison verletzungsfrei bleiben sollte, wird Guirassy Schwierigkeiten haben, sich beim BVB einzufinden und deshalb keine zehn Tore erzielen.
Gladbach landet unter den letzten Drei
Von Noah Platschko
Platz 4, Platz 8, Platz 10, Platz 10 und Platz 14: So schnitten die Gladbacher in den vergangenen fünf Bundesligajahren ab. Und der Absturz der Borussia wird weitergehen – und sie auf Platz 16 führen. Trotz der namhaften Neuzugänge um Kevin Stöger (offensives Mittelfeld) und Tim Kleindienst (Angriff) geht es für die Gladbacher in diesem Jahr gegen den Abstieg. Denn die Hauptproblemzone der Fohlen, die Abwehr, wurde nicht verstärkt.
Satte 67 Gegentore standen nach 34 Spieltagen zu Buche, 31 Punkte verspielte die Borussia nach Führung. Und apropos Führung: Mit Tony Jantschke, Patrick Herrmann und Christoph Kramer verließen drei langjährige Identifikationsfiguren den Klub. Aufbruch in eine neue Ära? Mitnichten! Coach Gerardo Seoane kann sich glücklich schätzen, wenn er das kommende Kalenderjahr noch als Gladbach-Trainer erlebt. Denn auch der Saisonstart ist happig. An den ersten vier Spieltagen geht es gegen Leverkusen, Stuttgart und Frankfurt. Der Anfang vom Ende für den Trainer – und der Beginn des fortlaufenden Gladbacher Abstiegs.
Thomas Müller ist beim FC Bayern gesetzt
Von Kim Steinke
Dem Routinier des FC Bayern spendierte Vincent Kompany das erste öffentliche Lob. "Er ist ein Spieler, der immer motiviert ist", sagte der neue Trainer nach dem Pokalerfolg in Ulm (4:0) über Thomas Müller.
Für den 34-Jährigen sei es wie das Champions-League-Finale gewesen – "und das hat er auch so gespielt". Wer sich vor dem Start der neuen Saison gedacht hat, Müller werde eine "Reservespielerrolle" einnehmen, der hat sich getäuscht. Seine Tage in der deutschen Nationalmannschaft sind zwar gezählt, beim Rekordmeister ist er jedoch präsenter denn je. Er wird gebraucht und ist gesetzt.
Der Ur-Bayer, der schon in der Jugend in München unter Vertrag stand, kennt die Abläufe im Verein wie kein anderer. Die neu zusammengewürfelte Mannschaft von Kompany verdankte auch Müller den ersten souveränen Pokalauftritt seit Jahren. Der Offensivakteur steuerte zwei Tore und einen Assist bei. In der neuen Bundesligasaison ist er ein Versprechen für noch mehr Erfolg.
Leverkusen wiederholt seinen Meister-Coup
Von Florian Vonholdt
Die Bayern schlagen nach dem ersten verpassten Meistertitel seit elf Jahren zurück? Von wegen! Xabi Alonsos Doublesieger waren keine "Eintagsfliegen" und sichern sich erneut die Meisterschaft.
Entscheidend dafür: Leverkusen konnte seine Stammelf inklusive Erfolgstrainer zusammenhalten, verstärkte sich dazu gezielt, etwa mit Mittelfeldmann Aleix García. Zudem sind Abläufe gewachsen und das Selbstvertrauen nach der Fabelsaison sowieso. Ganz anders als bei den Bayern, die sich mit neuem Trainer erst finden und sich maximal mit dem Vizetitel zufriedengeben müssen.
Der Vorsprung an der Spitze wird zwar nicht so deutlich ausfallen wie in der vergangenen Saison, doch weder München noch der BVB, Leipzig oder Stuttgart werden die Werkself von der Titelverteidigung abhalten können.
Stuttgart verpasst die Europa-League-Plätze
Von Melanie Muschong
Der VfB Stuttgart wurde in der vergangenen Saison Vizemeister hinter Bayer Leverkusen. In dieser Spielzeit könnten die Schwaben sich jedoch schwertun und die Champions- und Europa-League-Plätze verpassen.
Leistungsträger wie Serhou Guirassy, Waldemar Anton (beide zum BVB) und Hiroki Ito (FC Bayern) haben den Verein verlassen. Zwar konnten die Stuttgarter Ermedin Demirović für 21 Millionen Euro vom FC Augsburg – als teuersten Transfer der Vereinsgeschichte – holen, doch der Stürmer muss seiner Rolle als Guirassy-Ersatz erst einmal gerecht werden.
Hinzu kommt die Dreifachbelastung durch Bundesliga, Pokal und Champions League. Wie schwer diese Herausforderung sein kann, hat Union Berlin in der vergangenen Saison gezeigt bekommen.
Überraschung im Kampf um die Torjägerkrone
Von Andreas Becker
Hugo Ekitiké. Noch nie gehört? Ein Name, den Sie sich unbedingt merken sollten. In der vergangenen Saison von Paris Saint-Germain an Eintracht Frankfurt ausgeliehen, in diesem Sommer dann für 16,5 Millionen fest verpflichtet. Der Franzose wird eine Menge Aufsehen erregen – und seinen vier Toren in 14 Spielen aus der letzten Saison einige folgen lassen.
Das geht sogar so weit, dass Ekitiké bis zum letzten Spieltag um die Torjägerkrone – wahrscheinlich im Duell gegen Bayerns Harry Kane – kämpfen und sie sich am Ende sogar aufsetzen könnte. Ekitiké ist Frankfurts große Hoffnung auf sportlich erfolgreiche Zeiten. Er soll auf klangvolle Namen wie Sébastien Haller, Ante Rebić und Luka Jović folgen.
Welcher Tabellenplatz am Ende rausspringt? Offen. Für Ekitiké, der in der ersten Pokalrunde gegen Braunschweig mit zwei Toren und einem Außenrist-Zuckerpass vor dem ersten Tor durch Chaibi glänzte, geht es aber nach ganz oben. Richtung Kanone.
Christian Streich kommt zurück
Von Philipp Michaelis
Kein Trainer scheint derzeit so weit vom Bundesliga-Alltag entfernt wie Christian Streich. Nach seinem tränenreichen Abschied vom Profi-Zirkus machte Streich erst eine Hospitanz in einer Fahrradwerkstatt in Freiburg (kein Witz!), zuletzt radelte er einem Touristen in Südfrankreich in der Nähe des Jakobsweges über den Weg (auch kein Witz!). Beide Episoden sind so "Streich" – man kann sie sich nicht besser ausdenken.
Wer sich so gerne abstrampelt, der wird über kurz oder lang auch wieder in der Bundesliga im Sattel sitzen wollen. Das kann schneller gehen, als man glauben mag – und woanders, als man annehmen könnte. Denn: Es ist längst nicht ausgemacht, dass Union Berlin unter Bo Svensson die Kurve bekommt in Richtung europäisches Geschäft. Niemand weiß, ob Bo Henriksen Mainz noch einmal vor dem Abstieg retten kann. Ole Werner schafft vielleicht nicht noch ein weiteres Jahr bei Werder Bremen. Alle drei Vereine stehen für eine Philosophie, wie sie Streich auch beim SC Freiburg mitgeprägt hat: beharrliche, bescheidene Arbeit, guter Fußball für einen kleinen Taler. Warum also sollten sie nicht Christian Streich anrufen?
Die Geschichte, dass man den kauzigen Südbadener nur in seiner Heimat schätzt, hat Streich tausendfach widerlegt: Er ist heute einer der bekanntesten und am meisten geachteten Fußballlehrer in Deutschland. Und zuletzt: Sollte es bei seiner großen Liebe, dem SC Freiburg, unter dem neuen Trainer Julian Schuster nicht laufen – kann sich irgendjemand vorstellen, dass Streich dort nicht retten würde, was zu retten ist? Eben!
Tim Kleindienst wird in Gladbach zum Nationalspieler
Von Pascal Biedenweg
Mitunter muss man nur noch einen kleinen Schritt gehen, um sich ins Blickfeld des Bundestrainers zu befördern. Tim Kleindienst hat diesen nun mit seinem Wechsel von Heidenheim zu Borussia Mönchengladbach gemacht. Sicher, mit Heidenheim hätte der 28-Jährige in dieser Saison in der Conference League spielen können. Aber Gladbach ist dann doch ein anderes Kaliber und zieht auch ohne internationalen Fußball mehr Aufmerksamkeit auf sich.
Und Kleindienst hat Glück. Denn neben ihm ist auch noch Spielmacher Kevin Stöger an den Niederrhein gewechselt. Gemeinsam werden die beiden in der Gladbacher Offensive ein neues kongeniales Duo bilden. 15 Saisontore von Kleindienst sind möglich. Damit wird er der erfolgreichste deutsche Stürmer in der Bundesliga.
Da wird es nur eine logische Konsequenz sein, wenn Julian Nagelsmann den 1,94-Meter-Hünen spätestens im neuen Jahr anstelle von England-Bankdrücker Niclas Füllkrug für das DFB-Team nominiert. Einen Zielspieler, der die Bälle vorn festmachen kann und gerade einen echten Lauf in der Bundesliga hat, kann die Nationalmannschaft jedenfalls gut gebrauchen.
Werder Bremen spielt 2025 wieder international
Von Benjamin Zurmühl
Nachdem Urs Fischer und Christian Streich ihre langjährigen Klubs verlassen haben, zählt Ole Werner inzwischen zu einem der drei dienstältesten Trainer eines Bundesligisten. Nur Frank Schmidt (Heidenheim) und Marcel Rapp (Kiel) sind länger im Amt. Auch in der Mannschaft herrscht Konstanz. Die Bremer haben alle Schlüsselspieler gehalten, mit Stürmer Keke Topp noch einen der spannendsten Talente des deutschen Fußballs geholt und sich in der Breite verstärkt.
Der Trend zeigt klar nach oben. Die letzten fünf Spiele der vergangenen Saison gingen nicht verloren, Werder spielt wieder offensiver und mutiger, der Wechsel im Management verlief reibungslos.
Die Ruhe und die Konstanz in Bremen werden zum Trumpf. Union Berlin hat einen mächtigen Umbruch hingelegt, Heidenheim und Augsburg Schlüsselspieler verloren, Freiburg einen neuen Trainer und in Gladbach und vor allem in Hoffenheim herrscht schon vor Saisonstart viel Unruhe. Das nutzt Werder eiskalt aus. Die Saison beenden die Bremer auf Rang sieben.
- Eigene Beobachtungen