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FC Bayern Trainer: Das unterscheidet Ancelotti von Guardiola


Vergleich der Bayern-Coaches
Das unterscheidet Ancelotti von Guardiola

Von t-online
Aktualisiert am 30.01.2016Lesedauer: 4 Min.
Der alte und der neue Bayern-Trainer: Pep Guardiola (li.) und Carlo Ancelotti.Vergrößern des BildesDer alte und der neue Bayern-Trainer: Pep Guardiola (li.) und Carlo Ancelotti. (Quelle: dpa-bilder)
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Der Alte ist noch nicht weg, der Neue ist noch nicht da. Trotzdem beschäftigen der Abschied von Pep Guardiola vom FC Bayern und dessen Nachfolger auf dem Cheftrainer-Posten Carlo Ancelotti schon jetzt die Bundesliga.

War Guardiola wirklich so ein Super-Super-Coach? Hat er den FC Bayern besser gemacht? Und welchen Fußball lässt Ancelotti eigentlich spielen?

Taktik-Experte Christian Titz hat sich genau diesen Fragen angenommen. Der 44-jährige Fußballlehrer hat die beiden Coaches miteinander verglichen – und geriet dabei ins Schwärmen.

Herr Titz, Pep Guardiola hört auf. Werden Sie ihn vermissen?

Christian Titz: Ehrlich gesagt: ja.

Weil Ihnen bei der schönen Spielweise des FC Bayern regelmäßig das Herz aufging?

Pep Guardiola hat einfach eine andere Vorstellung vom Fußball als viele andere. Er will die totale Spieldominanz und ist immer auf der Suche nach neuen Ideen, um Lücken zu finden, Chancen zu kreieren oder den Ball umgehend zurückzuerobern. Sein Spiel findet fast komplett in der gegnerischen Hälfte statt und ist deswegen - wenn das Gegenpressing nicht funktioniert - anfällig für Konter. Diesen Mut, mit dem er sein Team führt, werde ich vermissen.

Hat er mit seiner oft doch sehr schwer zu durchschauenden Taktik die Bundesliga bereichert? Oder hat er alles einfach nur noch komplizierter gemacht?

Er hat viele Varianten in sein Spiel integriert, die von außen nicht immer leicht zu erkennen waren. Aber er hat durch seine Vorreiterrolle auf diesem Gebiet auch Sichtweisen verändert und zu Diskussionen angeregt. Das hilft der Entwicklung des Fußballs. Ich bin mir sicher, dass er es vielen anderen Trainern leichter gemacht hat, Dinge einfach mal auszuprobieren. Seine Art ist kontrovers, die einen mögen es, andere mögen es nicht. Aber der Fußball ist in den letzten Jahren moderner geworden, auch dank Pep Guardiola.

Können Sie das System von Pep Guardiola in drei Sätzen erklären?

Guardiolas Spiel ist komplett auf eigenen Ballbesitz und das Kreieren von Torchancen ausgelegt. Nach Ballverlust erfolgt eine direkte Lenkung des Gegners, die im besten Fall die Zurückeroberung des Balls zur Folge hat. Die Anordnung der Spieler ist dabei möglichst variabel und je nach Spielsituation individuell veränderbar.

Hat er den FC Bayern mit dieser Spielweise stärker gemacht? Zum Gewinn der Champions League hat es bislang ja noch nicht gereicht.

Guardiola hat die Bayern vor allem im Ballbesitzspiel auf einen anderen Level gehoben und einen großen Schritt vorangebracht. Zudem hat er das Gegenpressing verbessert und seinen Spielern beigebracht, auch auf engstem Raum passsicheren Fußball zu spielen sowie taktisch variabel zu sein. Qualitativ hat der FC Bayern von Guardiola profitiert, der Titel in der Königsklasse wäre sicher der krönende Abschluss seiner Amtszeit beim FC Bayern.

Nach diesem Abschluss – wie auch immer er ausfällt – wird Carlo Ancelotti das Traineramt beim FC Bayern übernehmen. Eine gute Wahl?

Ancelotti hat in vier großen europäischen Ligen gearbeitet und mit jedem seiner Vereine mindestens einen nationalen Titel geholt. Er ist einer von gerade einmal zwei Trainern, die dreimal die Champions League gewonnen haben. Als Co-Trainer der italienischen Nationalelf war er zudem Vize-Weltmeister. In dieser Anzahl können die Erfolge kein Zufall sein, der FC Bayern hat einen Top-Trainer verpflichtet.

Was zeichnet diesen Top-Trainer außer einer ordentlichen Titelsammlung aus?

Ancelotti ist nicht der Typ, der ankommt und sagt: 'Hier bin ich, so machen wir das.' Er vermittelt von außen den Eindruck eines Trainer, der nicht über dem Verein steht und sich und seine Vorstellungen dem vorhandenen Spielermaterial anpasst. Er wird bestehende Mechanismen und das taktische Grundkonzept vermutlich erst einmal übernehmen und dann weiterentwickeln. Seine große Stärke ist deshalb wohl die Variabilität und Anpassungsfähigkeit.

Die Spieler müssen also keine erneute Revolution an der Säbener Straße befürchten?

Das glaube ich nicht. Ancelotti soll ein besonderes Gespür für die Befindlichkeiten von Topstars haben und genau wissen, wie er mit seinen Profis umgehen muss. Er wirkt ruhig und gelassen, drängt sich nicht in den Vordergrund und schafft es so, dass die Spieler in der Einheit funktionieren. Er stellt nicht sich, sondern das Team in den Mittelpunkt und behandelt jeden respektvoll. Trotz allem hat er natürlich klare Vorstellungen, wie er spielen will.

Wie will er denn spielen?

In der Grundordnung steht er hinten gerne kompakt, um Anfälligkeit für Konter zu vermeiden. In der Zentrale setzt er auf einen spielstarken und strategischen Sechser, der das Spiel lenkt. In der Offensive bevorzugt er schnelle Außen und spielstarke Spieler in der Spitze. Alles ganz ähnlich also wie momentan schon beim FC Bayern. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied.

Welchen?

Ancelotti wird oft als Chamäleon beschrieben, weil er sich perfekt anpasst. Im Gegensatz zu Guardiola behaart er nicht darauf, den Gegner immer schon in dessen Hälfte anzulaufen. Je nach Situation gibt Ancelotti sogar den Ballbesitz gerne mal ab. Sein Meisterstück in dieser Disziplin hat er übrigens in München abgelegt.

Beim 4:0-Sieg im Champions-League-Halbfinale 2014.

Richtig. Dort hat er gezeigt, wie man defensiv gut steht, den Gegner lenkt und das Gegenpressing aushebelt. Nicht wenige dachten, dass die Madrilenen ein Offensiv-Feuerwerk abbrennen. Und dann haben sie auf Konter gegen eine defensiv unorganisierte Münchner Mannschaft und auf Standards gesetzt. Das hat viele überrascht.

Können Sie eigentlich auch das System von Ancelotti in drei Sätzen beschreiben?

Er ist ein flexibler, anpassungsfähiger Trainer. Er hat wohl ein Händchen dafür, wie man mit Stars umgeht. Und ganz wichtig: Er weiß offenbar, dass Fußball ein Spiel für die Spieler ist – nicht für den Trainer.

Also hat der Abschied von Guardiola auch etwas Gutes und Sie freuen sich auf die Arbeit von Carlo Ancelotti?

Na klar. Am liebsten hätte ich aber natürlich beide Trainer in der Bundesliga.

Das Interview führte Mark Weidenfeller

Mehr Informationen zu Christian Titz, der seit dem 01. Juli 2015 die U17-Auswahl des Hamburger SV trainiert und zudem das mannschaftsübergreifende Individualtraining beim Bundesliga-Dino leitet, finden Sie bei Facebook (www.coaching-zone-portal.de) und seinem YouTube-Channel (https://www.youtube.com/channel/UC33pc1FJn5-Rt4oU2ERUEUg ).

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