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Fortuna-Boss Pfannenstiel: "Produzieren mehr Top-Talente als die Brasilianer"


Fortuna-Boss Pfannenstiel
"Wir produzieren inzwischen mehr Top-Talente als die Brasilianer"

  • T-Online
InterviewVon Alexander Kohne

Aktualisiert am 29.08.2019Lesedauer: 4 Min.
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Scouting ist seine Welt: Lutz Pfannenstiel (vo.) ist seit dem 16. Dezember 2018 Sportvorstand von Fortuna Düsseldorf. Von Fredi Bobics (l.) Arbeit bei Eintracht Frankfurt ist er durchaus angetan und auch auf die rumänische U21-Nationalmannschaft (r.) hält er große Stücke.Vergrößern des Bildes
Scouting ist seine Welt: Lutz Pfannenstiel (vo.) ist seit dem 16. Dezember 2018 Sportvorstand von Fortuna Düsseldorf. Von Fredi Bobics (l.) Arbeit bei Eintracht Frankfurt ist er durchaus angetan und auch auf die rumänische U21-Nationalmannschaft (r.) hält er große Stücke. (Quelle: t-online.de/Alnader/imago-images-bilder)

Düsseldorfs Lutz Pfannenstiel gilt als einer der international am besten vernetzten Bundesliga-Manager. Hier spricht er über die besondere Transferpolitik seines Klubs und verrät, in welchen Ligen die größten Talente schlummern.

Als Profi spielte Lutz Pfannenstiel als erster Profi in allen sechs Kontinentalverbänden – und bei über 20 Klubs von Namibia bis Malaysia. Danach war er als Head of International Relations der TSG Hoffenheim fast 300 Tage pro Jahr auf den Fußballplätzen der Welt unterwegs, um die besten Talente zu identifizieren. Seit acht Monaten bringt er diese Expertise als Sportvorstand bei Fortuna Düsseldorf ein – und hat mit Sturm-Juwel Dawid Kownacki oder ManCity-Keeper Zack Steffen bereits einige Transfer-Coups gelandet. Im Interview mit t-online.de erklärt der 46-Jährige, wo die Talente der Zukunft herkommen und was die Rheinländer langfristig vorhaben.

t-online.de: Herr Pfannenstiel, vor etwa 20 Jahren gehörte es in der Bundesliga zum guten Ton, mindestens einen Brasilianer im Kader zu haben. Warum hat das nachgelassen?

Lutz Pfannenstiel: Weil der brasilianische Fußball unter anderem durch die Trainerausbildung interne Probleme hatte. Die Talente kamen nicht mehr so nach wie früher. Und auch jetzt noch hinkt die Trainerausbildung dort der in Europa um einiges hinterher. Natürlich gibt es immer noch die klassischen brasilianischen Rohdiamanten, aber inzwischen bringen beispielsweise die Engländer oder auch wir Deutschen jedes Jahr viele Top-Talente hervor. Wir produzieren inzwischen mehr Top-Talente als die Brasilianer – vielleicht nicht absolut, aber wenn wir es auf die Einwohner hochrechnen. Natürlich haben die Brasilianer immer noch gute Spieler, aber wenn es um die taktische Ausbildung geht, sind wir in Deutschland mit den Nachwuchsleistungszentren oder die Engländer mit ihren Academys einfach einen Schritt voraus.

Lutz Pfannenstiel – Der heute 46-Jährige war als erster Profi in allen sechs Kontinentalverbänden aktiv. Über seine Erlebnisse hat er das Buch "Unhaltbar – Meine Abenteuer als Welttorhüter" geschrieben. Seit Dezember 2018 ist Pfannenstiel Sportvorstand bei Fortuna Düsseldorf. Zuvor war er "Head of International Relations & Scouting" bei 1899 Hoffenheim, Fifa-Ausbilder, TV-Experte sowie WM-Kolumnist bei t-online.de.

Welche Nationen und Ligen muss man bezüglich neuer Talente besonders auf dem Zettel haben?

Vieles geht über La Liga und die Premier League, aber auch die Niederlande und Belgien haben interessante Ligen. Und dann gibt es immer wieder so Geschichten wie die rumänische U21, die bei der EM ins Halbfinale gekommen ist. Das ist wirklich eine goldene Generation, weshalb auf einmal wieder jeder nach Rumänen schaut. Auch in Polen gibt es einen guten Talentpool – was man nicht nur an Dawid Kownacki (der seit Winter in Düsseldorf spielt und vier Tore in zehn Bundesligaspielen gemacht hat, Anm. d. Red.) sieht.

Was ist mit Afrika?

Aufgrund meiner Nähe zu dem Kontinent (Pfannenstiel war unter anderem als Spieler und Trainer in Südafrika und Namibia aktiv, Anm. d. Red.) orientieren wir uns bei Fortuna natürlich auch nach Afrika – weil ich einfach weiß, wie dort gearbeitet wird und viele Spieler kenne. Doch auch Südamerika ist interessant. Die Schwierigkeit ist allerdings immer, entsprechende Spieler ins Team zu integrieren. Und wenn ich einen Profi aus Südafrika, einen aus Bulgarien, einen aus Australien und einen aus Brasilien habe, ist das eben nicht so einfach. Nicht viele Mannschaften haben es in den letzten Jahren geschafft, diese kulturelle Vielfalt unter einen Hut zu bringen – außer vielleicht Fredi Bobic und Eintracht Frankfurt. Da waren wirklich Profis aus allen möglichen Ländern, die zu einem eingeschworenen Haufen geworden sind.

Ist das ein Vorbild für Fortuna?

Vorbild ist vielleicht das falsche Wort, aber sicherlich eine Orientierungshilfe. Die Frankfurter haben sich mit bescheidenen finanziellen Mitteln auf dem Transfermarkt sehr gut behauptet. Sie haben dort die Ellenbogen ausgefahren und Schnäppchen geholt, die für viel Geld weiterverkauft wurden. Das war schon tolle Arbeit von Fredi. Ganz unabhängig davon gehen wir unseren eigenen Weg und haben ganz klare Vorstellungen und Ideen, wie wir auf dem Transfermarkt agieren wollen. Aktuell greifen wir noch viel auf Leihspieler zurück (sieben Spieler im Kader sind ausgeliehen, Anm. d. Red.), wollen aber auch schon eigene Werte schaffen. Mittelfristig wollen wir, dass immer mehr Spieler uns gehören und wir uns in der Bundesliga etablieren. Und langfristig haben wir natürlich auch größere Ziele. Momentan zählt aber der Ist-Zustand! Und da haben wir nur ein Ziel und das heißt mindestens Platz 15 – also der direkte Klassenerhalt. Alles andere ist zweitrangig und wäre ein Bonus.

Noch einmal zurück zu Afrika. Immer mehr Profis bei europäischen Klubs stammen von dort. Außerdem hat der Kontinent eine stark wachsende Bevölkerung. Werden wir in der Zukunft viel mehr Profis und Top-Spieler aus Afrika sehen?

Afrika hat immer schon gute Talente hervorgebracht, hinkt in puncto Infrastruktur aber immer noch hinterher. Und auch in der Trainerausbildung ist viel Luft nach oben. Der letzte Afrika-Cup war von der Qualität her nicht so gut, dass man davon ausgehen kann, dass es in den nächsten acht bis zwölf Jahren mal einen afrikanischen Weltmeister gibt.


Aber vielleicht einen Weltfußballer?

Das kann ich mir nicht vorstellen. Das wird sicher noch etwas dauern. In den 90er-Jahren, als Roger Milla mit Kamerun im WM-Viertelfinale war, hat es bereits geheißen: Bald gibt es den ersten afrikanischen Weltmeister. Und jetzt – 30 Jahre später – sind wir davon immer noch weit entfernt. Afrika ist strukturell und ausbildungstechnisch einfach noch nicht so weit. Aber das rohe Talent, die Athletik, die Geschwindigkeit, die Spielfreude – da ist in Afrika definitiv alles zu finden. Deshalb ist das ein wichtiger Markt für uns und wir werden uns voraussichtlich auch weiter punktuell mit afrikanischen Spielern verstärken.

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