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Zvonimir Soldo: Fußball-Rente mit 30? "Diese Spieler sollten sich hinterfragen"


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VfB-Legende Soldo
Fußball-Rente mit 30? "Diese Spieler sollten sich hinterfragen"

  • Dominik Sliskovic
InterviewVon Dominik Sliskovic

Aktualisiert am 16.08.2020Lesedauer: 6 Min.
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Zvonimir Soldo: Der frühere VfB-Kapitän ist seit Februar 2020 Cheftrainer des österreichischen Bundesligisten Admira Wacker.Vergrößern des Bildes
Zvonimir Soldo: Der frühere VfB-Kapitän ist seit Februar 2020 Cheftrainer des österreichischen Bundesligisten Admira Wacker. (Quelle: Gepa Pictures/imago-images-bilder)

Drei frühere DFB-Nationalspieler beendeten in den vergangenen Wochen frühzeitig ihre Karriere. Die Stuttgarter Ikone Zvonimir Soldo blickt mit einer gewissen Skepsis auf ihre Entscheidung.

Er war eine der großen Konstanten des VfB Stuttgart um die Jahrtausendwende: Zvonimir Soldo. 1996 wechselte er mit 29 Jahren aus seiner kroatischen Heimat an den Neckar, holte in seiner ersten Saison direkt den DFB-Pokal und machte insgesamt 301 Bundesliga-Spiele für die Schwaben. 2006 beendete er im Alter von 39 Jahren seine Karriere im Trikot mit dem ikonischen Brustring.

2009 kehrte er als Cheftrainer des 1. FC Köln zurück in die Bundesliga. Auf dem Klassenerhalt als Tabellen-13. folgte ein schwacher Saisonstart 2010/2011 – und damit das Aus für Coach Soldo. Fast zehn Jahre ließ sich der frühere kroatische Nationalspieler Zeit, bis er im Februar 2020 wieder als Cheftrainer anheuerte: Mit dem FC Flyeralarm Admira Wacker will Soldo den österreichischen Fußball aufmischen. Im Interview mit t-online.de spricht er darüber, was Felix Magath mit seinem Comeback zu tun hat, wie er die Entwicklung des Fußballs während seiner Auszeit verfolgte – und was er, der mit fast 40 Jahren noch in der Bundesliga spielte, von den frühen Karriereenden von André Schürrle, Benedikt Höwedes und Sandro Wagner hält.

t-online.de: Herr Soldo, Sie traten Ende Februar das Traineramt bei Admira Wacker an. Wie überrascht waren Sie über das Interesse Admiras und wie hat Sie der Verein von der Aufgabe überzeugt?

Zvonimir Soldo (52): Ende Januar stieg Felix Magath bei Flyeralarm in die neue Sport-Unternehmenssparte als "Head of Global Soccer" ein. Hier steht er beratend den beiden Vereinen Würzburger Kickers und Admira Wacker zur Seite. Da ich mit Felix seit unseren gemeinsamen Zeiten beim VfB Stuttgart nicht nur immer wieder im Kontakt stehe, sondern auch beim chinesischen Erstligisten SD Luneng sein Co-Trainer war, hat sich das dann in den Gesprächen so ergeben.

Das heißt: Felix Magath hat eine zentrale Rolle in ihrem Comeback als Cheftrainer übernommen.

Das kann man so sehen.

Wie viel Überzeugungsarbeit musste Magath noch leisten, damit Sie die Aufgabe bei Admira Wacker übernehmen?

Ich habe die Gespräche mit Geschäftsführer Thomas Drabak und dem damaligen Manager Amir Shapourzadeh geführt. Aber keine Frage: Nach meiner Pause war ich wieder bereit und motiviert bei einem Bundesligisten einzusteigen.

Bereits kurz nach Ihrem Amtsantritt wurde die Liga aufgrund der Corona-Krise unterbrochen. Wie haben Sie darauf als Trainer reagiert?

Das war eine knifflige Situation, die wir so alle noch nie erlebt haben. Wir haben aber sehr schnell reagiert, das Team startete mit dem Home-Training. Bis wir wieder auf den Platz – mit dem Beginn der Kleingruppen-Trainings – konnten, dauerte es über einen Monat. Ich war sehr froh darüber, dass die Saison zu Ende gebracht werden konnte. Denn es ist doch besser irgendwie statt überhaupt nicht zu spielen. Dafür gilt es allen Beteiligten, die dies erst ermöglicht haben – angefangen von der Bundesregierung bis hin zu den Covid-19-Testern – zu danken.

Wie blicken Sie auf Ihr erstes halbes Jahr bei Admira zurück – insbesondere mit Blick auf Corona und die damit einhergehenden Geisterspiele?

Der Klassenerhalt hatte für uns oberste Priorität. Dieser ist uns gelungen. Wir haben unser Ziel erreicht, sodass ich auch als Trainer zufrieden bin. Nun heißt es jedoch nach vorne zu blicken, unseren Kader sukzessive zu verstärken. Wir wollen kommende Saison besser abschneiden als in der abgelaufenen. Daran arbeiten wir seit Trainingsbeginn sehr hart.

Ihr letztes Cheftraineramt liegt zehn Jahre zurück. Wie haben Sie den Fußball und seine immensen Entwicklungen im zurückliegenden Jahrzehnt verfolgt und studiert?

Der Fußball kennt nur eine Richtung: Nach vorne. Er entwickelt sich immer weiter. Ich war auch in den vergangenen zehn Jahren immer auf dem Laufenden, habe Spiele gesehen, Trainings besucht, mich über die neuesten Trends informiert. Ich war und bin also immer up to date.

VAR, Hawk Eye, fünf Auswechslungen seit der Corona-Krise – der Fußball hat in den vergangenen Jahren viele Neuerungen erlebt. Ist er dadurch aus Ihrer Sicht besser geworden?

Die Anzahl der Auswechslungen zu erhöhen, war definitiv eine notwendige Entscheidung – schließlich haben wir alle drei Tage ein Pflichtspiel absolviert. Ich bin jedoch skeptisch, ob diese Regel dauerhaft auch nach der Corona-Krise Bestand haben wird.

Sie sprechen sich also gegen die dauerhafte Einführung von fünf Auswechslungen aus?

Ich bin ein Befürworter der altbekannten Regelung mit drei erlaubten Auswechslungen. Ansonsten droht das Spiel zu oft unterbrochen zu werden. In der zweiten Halbzeit würde so der Spielfluss deutlich gestört werden.

Immer mehr Investoren und Sponsoren sind im Umfeld des Fußballs unterwegs – so auch bei Admira Wacker, das zur Fußballgruppe des Unternehmens Flyeralarm gehört. Wie blicken Sie auf den immer größer werdenden Einfluss von Wirtschaftsunternehmen auf den Sport?

Ich finde es immer gut, wenn in den Sport investiert wird. Ich heiße solche engagierten Menschen immer herzlich willkommen. Bei Admira liegt das Hauptaugenmerk auf der Akademie, hier wird in den Nachwuchs investiert. Wir bauen hier gerade eine großartige Akademie auf, bei der wir auf eine hohe Durchlässigkeit zum Profi-Team setzen. Die Investoren haben hier definitiv ein langfristiges Ziel im Blick.

Sie kamen 1996 mit fast 29 Jahren in die Bundesliga und blieben über zehn Jahre Stammspieler beim VfB Stuttgart. Sind solche Lebensläufe in Zeiten von millionenschweren Teenager-Transfers und des immer krasser werdenden Jugendwahns im Profifußball überhaupt noch möglich?

Das denke ich durchaus. Ich bin sogar der festen Überzeugung, dass sich die Karrieredauer in der Zukunft weiter verlängern wird. Zu meiner Zeit galten Spieler mit 30, 31 Jahren bereits als alt. Da wird es ein Umdenken geben. Weil die Spieler immer achtsamer leben und auch die Trainingssteuerung sich enorm weiterentwickelt hat.

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Die Fußballrente mit 30 wird sich in den kommenden Jahren also nicht durchsetzen?

Nein, das denke ich nicht. Wir werden nicht mehr von einem 30-Jährigen als im „fortgeschrittenen Alter“ sprechen. In 30 Jahren werden solche Aussagen uns eher verwundern.

Mit André Schürrle, Benedikt Höwedes und Sandro Wagner haben in den vergangenen Wochen drei Ex-DFB-Nationalspieler ihr Karriereende mit Ende 20/Anfang 30 verkündet. Wie blicken Sie auf die Entscheidungen, als jemand, der bis 39 noch in der Bundesliga gespielt hat?

Jeder Spieler ist anders und ein Einzelfall. Der eine mag durch schwere Verletzungen ausgebremst worden sein, der andere womöglich durch mentale Probleme. Ich möchte nichts und niemanden generalisieren oder kritisieren, aber diese Spieler sollten sich selbst schon hinterfragen, welche Beweggründe sie zu dieser Entscheidung haben kommen lassen.

Wie ist es Ihnen denn gelungen, psychisch und physisch fit und motiviert zu bleiben, um in der Bundesliga mitspielen zu können?

Ich bin ein Sportsmann und habe dementsprechend gelebt. Ich habe auf mich selbst Acht genommen, mich auch zuhause fit gehalten. Ich hätte auch noch länger aktiv bleiben können…

Wie meinen Sie das?

Nach meinem Vertragsende in Stuttgart 2006 hatte ich noch ein unterschriftsreifes Angebot aus der 2. Bundesliga vorliegen. Doch ich hatte für mich den Entschluss gefasst, dass 39 ein gutes Fußball-Alter ist, um die Karriere zu beenden. Auch wenn ich noch fit und wettbewerbsfähig war.

Ein weiterer Spieler, der seine Karriere früh beendet hat, ist Sebastian Deisler. Er schreibt in seiner Biographie von Ihnen als härtester Gegenspieler, den er je hatte; Zinedine Zidane zeigte sich im Rückblick auf die WM 1998 begeistert von ihrer Manndeckung im Halbfinale. Inwieweit haben Sie das Gefühl, dass Ihre Leistung als Aktiver erst in der Retrospektive die Anerkennung erhält, die sie verdient hat?

(schmunzelt) Es ist natürlich sehr schön so etwas zu hören. Aber diese Zeiten sind vorbei. Ich bin ein Mensch, der immer nur nach vorne schaut und sich nicht mit der Vergangenheit aufhält. Ich muss gestehen, dass ich nie eine Aufzeichnung von Spielen aus meiner aktiven Karriere gesehen habe. Wenn Deisler und Zidane von mir als Gegenspieler erzählen, dann erinnere ich mich natürlich an unsere Duelle. Aber ich habe sie immer nur vor meinem geistigen Auge. Ich habe nie gesehen, wie meine Leistung für Außenstehende aussah.

Gibt es einen bestimmten Grund, weshalb Sie sich der Vergangenheit so verschließen? Warten Sie auf einen bestimmten Augenblick, um die alten VHS-Kassetten auszukramen?

Nein, auf gar keinen Fall. Ich blicke nur sehr pragmatisch auf meine Karriere als aktiver Fußballer. Sie ist vorbei. Also warum sollte ich mich weiter mit ihr beschäftigen? Es ist jetzt auch nicht so, dass ich meine Augen verschließe, wenn Highlights der alten Spiele im TV übertragen werden. Aber ich setze mich nicht extra hin, mache mir die Spiele an und schwelge in Erinnerungen. Es ist doch viel besser, wenn man an Morgen statt an Gestern denkt.

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