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Europa League: "Camp Nou, das Eintracht-Frankfurt-Stadion Barcelonas"


Frankfurt-Fans erobern Barça
"Camp Nou, Fußballstadion Eintracht Frankfurts in Barcelona"

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 15.04.2022Lesedauer: 4 Min.
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Einmalige Aussicht, einmaliges Spiel: t-online-Reporter und Eintracht-Fan Lars Wienand verfolgte Frankfurts Sensationssieg aus dem fünften Rang des Camp Nou in Barcelona.Vergrößern des Bildes
Einmalige Aussicht, einmaliges Spiel: t-online-Reporter und Eintracht-Fan Lars Wienand verfolgte Frankfurts Sensationssieg aus dem fünften Rang des Camp Nou in Barcelona. (Quelle: Lars Wienand/T-Online-bilder)

Eintracht Frankfurt schafft die Sensation von Barcelona. t-online-Reporter Lars Wienand war als Fan im Camp Nou und hat erlebt, wie dort das Staunen fast noch größer war als die Freude.

Erstmal hinsetzen. Es ist Halbzeit im Camp Nou, und da unten auf dem Rasen, der in einer anderen Liga spielt als das Grün im Waldstadion, hat Eintracht Frankfurt zwei Tore geschossen und der FC Barcelona null.

Von Block 524, Reihe 26, ist die Fernsicht spektakulär, und es sehr weit nach da unten, die 5 steht für die fünfte Etage in dem himmelhoch gebauten Stadion.

Menschen schauen sich hier kopfschüttelnd an, wie wahrscheinlich überall im Stadion. Denn außer auf der Barça-Bank sitzen überall im Stadion Frankfurter und wissen nicht, was sie denken sollen. Was passiert hier?
"Das ist so geil, das nimmt uns keiner mehr", sagt der Sitznachbar, ein Düsseldorfer, wir nennen ihn hier Felix. "Auch wenn wir jetzt noch verlieren."

Zwei Null gegen den Weltstar-Klub geführt, darauf kann man stolz sein. Auch wenn Barcelona das noch dreht. Werden sie doch wahrscheinlich, oder? Dann aber bitte nicht so wie im Halbfinale 2019 gegen Chelsea, als alle stolz und enttäuscht waren: 1:1 im Heimspiel, wie gegen Barça. In London Rückstand, Ausgleich, Verlängerung, Führung für die Eintracht im Elfmeterschießen, und dann doch ausgeschieden.

Barça hat mehr Titel geholt als Frankfurt Trainer hatte

Erst mal sacken lassen, dass die Eintracht jetzt führt. Die Eintracht – bei der in jedem Spiel die Fans von einem Endspiel mit Jürgen Grabowski singen, das mehr als 40 Jahre zurückliegt – gegen Barcelona, fünfmaliger Champions League-Sieger. Barcelona hat mehr Titel geholt als Frankfurt Trainer hatte, und die sollen ja früher mal bei Frankfurt reihenweise verschlissen worden sein.

Während des Spiels hat jemand ein Foto von Rafael Borré bei der Schussabgabe zum 0:2 gepostet und links daneben ein Foto von Haris Seferovic beim Einnetzen. "How it started, how it‘s going". Der Seferovic-Treffer rettete Frankfurt in der Relegation in Nürnberg vor dem Abstieg, und das war vor nur sechs Jahren.

Diese Eintracht kann doch eigentlich nicht gegen Barça gewinnen, oder? "Ich habe Euch doch gesagt, dass es das Wunder von Barcelona geben wird", behauptet ein Kumpel des Düsseldorfers. Alle lachen. Wäre zu schön, um wahr zu sein.

Fürs Gewinnen hat sich der Düsseldorfer die Karte gar nicht besorgt. Zwei Tage vor dem Spiel – er hatte auch noch keinen Flug und kein Hotel – klappte es plötzlich. "Ich hatte es auf der Barça-Seite drei Tage, mehrere Stunden versucht." Mit der Zahlungsapp Revolut habe er irgendwann das Buchungssystem austricksen können.

Gegen deutsche Kreditkarten waren gar keine Tickets über die vorgesehenen 5.000 Gästeplätze zu kaufen. Viele Eintracht-Fans hatten sich dann zum Ticketkauf an spanische Bekannte oder Verwandte gewandt. Barcelonas Verteidiger Ronald Ajauro maulte: "Ich war überrascht, dass so viele Frankfurt-Fans hier in unserem Stadion waren. Der Klub wird prüfen müssen, was passiert ist."

Es dürften rund 25.000 Eintracht-Fans im Stadion gewesen sein. Und einige Tausend, die nicht reingekommen sind. Es geht ja auch ums Erlebnis, es geht darum, als Verein mit Scharen von begeisterten Fans Eindruck zu machen und wenigstens da ein europäischer Spitzenklub zu sein, wenn es schon auf dem Rasen nicht reicht. Wird ja in Barcelona wahrscheinlich nicht reichen.

Wütendes Pfeifen der Barça-Fans

Die Halbzeitpause tut gut. Es strengt an, aus dem fünften Stock hinter einer Plexiglasscheibe Zwölfter Mann sein zu wollen. "Wir beschallen den Himmel", sagt der Düsseldorfer. Von der Beschallung muss aber doch irgendwie auch irgendwas im restlichen Rund angekommen sein: Die Barça-Fans stimmen immer wieder wütendes Pfeifen an, passend zur Eintracht-Anfeuerung von hier oben.

Nur in den eigenen Fanreihen kommt es nicht immer unbedingt an: Mehrfach bei diesem Spiel stimmen die Ultras, die gemeinhin den Ton angeben, im fünften Stock ein Lied an und aus anderen Ecken des Stadions erschallt ganz andere Frankfurter Anfeuerung. "Hört man die Frankfurter im Fernsehen?", fragt jemand. Es ist die Kategorie, in der sich Frankfurter Erfolge sicher sind. In der Nacht ändert ein Scherzbold den Wikipedia-Beitrag des Stadions: "Camp Nou: Fußballstadion Eintracht Frankfurts in Barcelona" stand da zu lesen.

"Camp Nou, Camp Nou, wir scheißen Euch zu" war im Stadion zu hören. Die zweite Halbzeit beginnt, und auf der Stadionuhr geht es seltsamerweise nicht bei 46 los, sondern bei null. Aber Weiß auf Schwarz steht dort immer noch dieses "0:2".

"Mir habbe das noch net heimgeholt"

Und dann macht Kostic das 3:0. Und Kamada fast das 4:0 und Lindström fast das 4:0. "Jetzt glaube ich dran", sagt der Düsseldorfer und staunt, was er da gesagt hat.

Und jetzt wird auch "Oh, wie ist das schön" von mehr als ein paar besonders mutigen angestimmt. In Reihe 24 hebt und senkt ein älterer Fan beschwichtigend die Hände: "Mir habbe das noch net heimgeholt."

Die Stadionuhr zeigt 39 Minuten der zweiten Halbzeit an, als der Ball hinter Kevin Trapp im Tor liegt. Felix Vordermann ärgert sich: "Scheiße, Scheiße. Scheiße." In anderen Spielen wäre es Ergebniskorrektur, aber in anderen Spielen heißt der Gegner nicht Barça.

Felix Vordermann jubelt wild: Das Tor wird nicht gegeben, Abseits.
Dann ist die Uhr abgelaufen, aber auf die 45 kommen neun Minuten Nachspielzeit. Und wenn in der ersten Minute das 1:3 fällt, können acht verbleibende Minuten lang werden.

"Wie bescheuert sind die?"

Wie lange ist noch zu spielen nach dem 2:3? Gar nicht mehr. Das Unglaubliche ist geschehen. "Wir bitten die Frankfurt-Fans noch auf ihren Plätzen zu bleiben", kommt die Durchsage auf Deutsch. "Wie bescheuert sind die?", sagt Felix.

Die Stadionregie hat die Frankfurter Fanszene immer noch nicht verstanden, natürlich kommt niemand auf die Idee, jetzt das Stadion zu verlassen. Aber als sich das Stadion von Barça-Fans geleert hat, und das schnell, verlassen doch viele ihren Platz. Es setzt eine Völkerwanderung ein auf die Tribünen unterhalb der Gästekurve. Gemeinsames Feiern.

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Es gibt Sprechchöre für Martin Hinteregger, für Kevin Trapp. Und für Filip Kostić, Doppeltorschütze, der vor der Kurve sein Trikot hochhält und sich ans Herz klopft. Von Kostić wurde fast sicher vermutet, dass er die Eintracht verlassen wird, weil er ja bei einem europäischen Spitzenklub wie Barça spielen könnte.

Das war aber auch, als noch vermutet wurde, dass die Eintracht nicht gegen einen europäischen Spitzenklub wie Barcelona weiterkommen könnte.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen im Stadion Camp Nou
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