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Deutschlands Vorbilder? So krempelten Italien und Spanien die Nationalelf um


Deutschlands Vorgänger
Weltmeister mit WM-Debakel – Revolution oder "Umbruch light"?

Von Benjamin Zurmühl, Valeria Meta

08.09.2018Lesedauer: 5 Min.
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Sie ereilte das gleiche Schicksal: Daniele de Rossi 2010, Javi Martinez 2014 und Thomas Müller 2018.Vergrößern des Bildes
Sie ereilte das gleiche Schicksal: Daniele de Rossi 2010, Javi Martinez 2014 und Thomas Müller 2018. (Quelle: imago-images-bilder)

Das erste Spiel nach dem "Umbruch light" hat Jogi Löw hinter sich gebracht. Doch die Unsicherheit war dem Bundestrainer anzumerken. Verständlich, wenn man Deutschlands "Vorgänger" betrachtet.

Beim Spiel gegen Frankreich war Joachim Löw darauf bedacht, ein gutes Ergebnis einzufahren und somit etwas Ruhe hereinzubringen. Bloß keine Niederlage, die wieder alles in Frage stellt. Denn der DFB und Bundestrainer Joachim Löw standen in der Kritik. Haben sie zu wenige Änderungen vorgenommen?


Nur Sami Khedira wurde von den alteingesessenen Spielern nicht mehr nominiert, und mit dem Wechsel von Thomas Schneider ins Scouting gab es auch nur eine Änderung im Trainerteam. Reicht das, um die deutsche Nationalmannschaft wieder in die Spur zu bringen? Wirklich beantworten lässt sich diese Frage wohl erst nach der EM 2020. Doch ein Indiz für den Verlauf könnte ein Blick auf die "Vorgänger" Deutschlands sein. Denn sowohl Italien als auch Spanien ereilte das Schicksal, als Weltmeister bei der folgenden WM in der Gruppenphase auszuscheiden. Beide Nationen unterschieden sich stark im Umgang mit dem Debakel.

Italien (Weltmeister 2006)

"Prandelli hat das Team dazu gebracht, Fußball zu spielen!" Das Lob kam vom damaligen Uefa-Präsidenten Michel Platini bei der EM 2012. Nicht ohne Grund: Keiner hätte damit gerechnet, dass Italien schon zwei Jahre nach dem blamablen WM-Aus 2010 das EM-Finale erreichen würde. Wie war das möglich?

ERKENNTNISSE – An dem unerwarteten Aus in der WM-Vorrunde 2010 war vor allem Nationaltrainer Marcello Lippi schuld. Der beging nämlich den Fehler, dass er vor allem auf die Weltmeister von 2006 setzte. Einige davon, wie Fabio Cannavaro oder Gianluca Zambrotta, ließen damals die nötige Motivation vermissen.

Darunter litten ihre Leistungen, die deutlich schwächer waren als noch vier Jahre zuvor. Lippi selbst übernahm die Verantwortung für das Aus und verließ die Nationalelf im Sommer 2010. Sein auslaufender Vertrag wurde nicht verlängert. Sein Abschied galt als Ende einer Ära des italienischen Fußballs. Ein Neuanfang war nötig. Übrigens: Die Fans nahmen das Debakel der "Azzurri" mit Desinteresse auf. Nur wenige Menschen empfingen die Mannschaft am Flughafen in Rom, und die meisten von ihnen wollten lieber ein Autogramm haben, als Beschimpfungen loszuwerden.

ÄNDERUNGEN – In Marcello Lippi war der Hauptschuldige schnell gefunden. Doch auch bei den Spielern tat sich einiges. Der Umbruch begann mit dem Rücktritt von vier Helden von 2006: Neben Kapitän Fabio Cannavaro verließen die Nationalmannschaft auch Zambrotta, Gennaro Gattuso und Mauro Camoranesi.


Das Traineramt übernahm ein ganz anderer Typ als Lippi: Cesare Prandelli. Mit seiner entspannten Art nahm er den Spielern den Druck und sorgte für eine taktische Neuerung. Lippis 4-2-3-1 wurde abgeschafft und durch das 4-4-2 mit Raute im Mittelfeld ersetzt. Dank Prandellis "Politik der offenen Tür" wurden auch umstrittene Spieler wie Mario Balotelli und Antonio Cassano für die Nationalmannschaft nominiert. Prandelli war einer der wenigen Trainer, die mit ihnen gut umgehen konnte.

FOLGEN – Infolge der kleinen Revolution wurde Italien zur größten Überraschung der EM 2012. Das Geheimnis des Erfolgs lag im Mittelfeld, das mit herausragenden Spielern ausgestattet war. Die größte Überraschung: Italien gab seine klassische defensive Spielweise auf und verfügte über einen starken Teamgeist – was vielleicht noch wichtigerer war. Trotz der schweren Niederlage gegen Spanien in Kiew (0:4) waren Fans und Verband stolz auf die Mannschaft.

Spanien (Weltmeister 2010)

An den Flugkopfball von Robin van Persie bei der WM 2014 erinnern sich die Fans der spanischen Nationalmannschaft nur ungern. Der Kopfball landete nämlich hinter Iker Casillas im Tor – und leitete die Wende ein. Spanien führte vorher mit 1:0 und verlor schlussendlich mit 1:5. Auf die Pleite gegen die Niederlande folgte eine weitere gegen Chile. Spanien war raus und es musste sich etwas ändern. Doch das war offenbar nicht genug...

ERKENNTNISSE – Nach dem WM-Triumph 2010 waren auch in Brasilien fast alle großen Namen dabei. Ob Xabi Alonso, Xavi, Iniesta, David Villa oder Iker Casillas. Der Kern der Mannschaft blieb unverändert. Doch die Spieler hatten den Titelhunger verloren. Es mangelte an Ehrgeiz und der richtigen Einstellung. Es brauchte eine neue Hierarchie und eine veränderte Taktik, um Spanien wieder zur Fußball-Nation Nummer eins zu machen. Eine Trainerentlassung kam nicht in Frage. Vicente del Bosque konnte mehr oder weniger selbst entscheiden, ob er bleiben oder gehen wolle. Er entschied sich für den Verbleib.

ÄNDERUNGEN – Del Bosque saß also fest im Sattel. Die Trainer-Legende war überzeugt, Spanien wieder erfolgreich machen zu können. Doch im Kader tat sich etwas. Urgesteine wie Xavi, David Villa oder Xabi Alonso traten zurück und machten Platz für neue Gesichter. Im Vergleich zur WM 2014 gab es bei der EM zwei Jahre später elf Veränderungen im Kader der "Furia Roja". Vor allem die Abwehr wurde in der Breite verbessert und im Sturm wurde mehr auf Flügelspieler gesetzt. Doch die taktischen Veränderungen waren nicht wirklich revolutionär.

FOLGEN – Trotz der Änderungen im Kader blieb bei der EM 2016 der Erfolg aus. Nach einer schwachen Gruppenphase war für Spanien im Achtelfinale gegen Italien Schluss. Vicente del Bosque nahm anschließend seinen Hut. Auch bei der WM 2018 war im Achtelfinale Schluss, Spanien wartet also bis heute auf die Rückkehr in die absolute Weltspitze. Neuer Trainer: Luis Enrique.

Was bedeutet das für Deutschland?

Das klare Erfolgsrezept für den richtigen Umbruch nach einem WM-Aus in der Gruppenphase gibt es nicht. Auch wenn Italien mit dem Trainerwechsel und den radikalen Änderungen im Kader bei der EM 2012 Erfolg hatte, schied die "Squadra Azzurra" bei der WM 2014 erneut in der Vorrunde aus.

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Für Spanien war der Wechsel auf der Trainerbank unumgänglich. Unter Julen Lopetegui dominierten sie erneut in der WM-Qualifikation, doch aufgrund seiner Entlassung einen Tag vor dem ersten WM-Einsatz der Spanier in Russland wird man nie erfahren, wie weit die "Furia Roja" mit ihm gekommen wäre.

Klar ist, es braucht Änderungen – und zwar in allen Bereichen. Bisher klangen die Pläne des DFB eher nach "Umbruch light". Gegen Frankreich deutete Jogi Löw jedoch an, dass er auf dem Platz seinen Worten zu klaren Neuerungen im Team Taten folgen lassen will. Joshua Kimmich auf der Sechs und Timo Werner auf dem linken Flügel waren zwei Beispiele. Doch es darf nur der Anfang sein. Ansonsten geht Deutschland vermutlich den "spanischen Weg".

Verwendete Quellen
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