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Klub-WM in den USA: Gianni Infantino verdrängt die Wirklichkeit


Klub-WM in den USA
Eine Ohrfeige für Infantino

  • Melanie Muschong
MeinungVon Melanie Muschong

Aktualisiert am 18.06.2025 - 12:50 UhrLesedauer: 4 Min.
Gianni Infantino: Er ist seit 2016 Fifa-Präsident.Vergrößern des Bildes
Gianni Infantino: Er ist seit 2016 Fifa-Präsident. (Quelle: IMAGO/Chris Kleponis/imago-images-bilder)
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Die ersten Partien der Klub-WM sind gespielt. Gianni Infantino lobt sein Herzensprojekt als Erfolg. Die Realität sieht jedoch anders aus.

Als er vor mehreren Jahren eine Reform der Klub-WM durchdrückte, schwärmte Gianni Infantino von einem "neuen Meilenstein für den Weltfußball". Vor dem Start seines Herzensprojekts am vergangenen Wochenende betonte er dann noch einmal, dass eine "neue Ära des Fußballs" angebrochen sei.

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Am Dienstag teilte die Fifa dann mit, dass mehr als 340.000 Menschen die ersten drei Spieltage in den Stadien (acht Partien) verfolgt hätten – angeblich ein großer Erfolg. Was erst einmal gut klingt, ist in Wirklichkeit genau das Gegenteil.

Infantino verdrängt die Realität. Denn die Zuschauerzahlen sind gemessen an den Erwartungen alles andere als ein Erfolg. Zu den insgesamt 12 Spielen bisher hätten 804.739 Fans kommen können, 433.065 waren da. Das entspricht einem Zuschauerschnitt von 36.089 Personen – und damit einer Stadionauslastung von nur 53,81 Prozent. Großer Andrang der Fans sieht anders aus.

Zur ganzen Wahrheit gehört auch, dass zwei Partien den Schnitt stark nach oben gezogen haben. Mehr als 60.000 Menschen kamen zum Eröffnungsspiel und 80.000 zu PSG gegen Atlético Madrid, in vielen anderen Stadien blieben Zehntausende Plätze frei.

Eine Ohrfeige für Infantino

Zumal es die Debatten um leere Stadionränge schon vor dem Turnier gab. Um vorzusorgen, verkaufte die Fifa laut "The Athletic" Tickets an das Miami Dade College für das Eröffnungsspiel im US-Bundesstaat Florida. Die Studenten zahlten laut dem Bericht 20 US-Dollar (rund 17,40 Euro) und erhielten dafür fünf Tickets. Das sind vier Dollar pro Karte. Ganz sicher: Für diesen Ramschpreis wären WM-Tickets in einer Sekunde weg. Bei der Klub-WM blieben dennoch ein paar Plätze frei.

Fans spekulierten auf Social Media zudem, ob die Fifa bei einigen Spielen Tickets nur für eine Seite des Stadions verkauft, um es im TV voller aussehen zu lassen. Zutrauen würden viele dem Fifa-Präsidenten so etwas allemal, was allein schon für sich spricht. Infantino hat längst den Ruf, dass ihm jedes Mittel recht ist, um die Klub-WM gut dastehen zu lassen. In Wahrheit sind die leeren Ränge eine Ohrfeige für Infantino.

Der Misserfolg begann bereits bei der Sponsorensuche (mehr dazu lesen Sie hier). Während für die Herren-WM im kommenden Jahr und die Frauen-WM 2027 reihenweise Partner verkündet werden konnten und schon jetzt feststehen, wollte lange keine große Firma bei der Klub-WM einsteigen. Ende Oktober 2024 erlöste dann der chinesische Elektronikkonzern Hisense die Fifa rund acht Monate vor Turnierbeginn und stieg als erster Sponsor ein. Von Attraktivität kann also nicht die Rede sein.

Drohende Verletzungen sind die Gefahr

Hinzu kommt: Es ist zwar nett, dass sich die Bayern zum Auftakt gegen Auckland City über ein 10:0 freuen durften. Es erinnert aber auch an eine erste Runde im DFB-Pokal, wenn sich ein Viertligist freut, dass der deutsche Rekordmeister vorbeikommt. Für die kleinen Teams ist das eine Ehre, keine Frage. Aber: "Historisch", wie Infantino bei der Auslosung betonte, ist das nicht.

 
 
 
 
 
 
 

Zumal dieses Turnier für die Spieler eine zusätzliche Belastung in den Sommermonaten bedeutet. Als "brutal" bezeichnete der Bundestrainer Julian Nagelsmann diese sogar. Einige Spieler des BVB und der Bayern – und auch von anderen Klubs – haben erst die Bundesliga gespielt, dann die Nations League, nun die Klub-WM, und dann beginnt nur einen Monat später bereits die neue Saison. Und im nächsten Jahr? Da steht eine Weltmeisterschaft an. Eine richtige. Wie sollen sich die Profis da regenerieren? Quasi gar nicht. Es drohen Verletzungen und ein möglicher Ausfall beim Turnier im kommenden Jahr.

Lücke zwischen Herren- und Frauenfußball wird größer

Die Spieler werden mit hohen Geldsummen entschädigt. Der Sieger des Turniers erhält 113 Millionen Euro und damit fast so viel wie bei einem Gewinn der Champions League. Laut "Bild" wird eine Summe von einer Million Euro unter den BVB-Spielern verteilt, sollten sie die K.-o.-Phase erreichen. Es fließt immer mehr Geld an einzelne Vereine, die anderen Klubs in den jeweiligen Ligen müssen schauen, wo sie bleiben. Heißt: Die finanzielle Kluft zwischen den Vereinen wird durch Turniere wie die Klub-WM nur noch größer. Ein Erfolg? Die Frage ist nur, für wen. Denn auch zwischen Herren- und Frauenfußball wird die Lücke dadurch größer.

Eigentlich konnten sich die Fußballer in den Jahren ohne EM und WM etwas entspannen. Weniger Belastung und Zeit, den Frauen das Rampenlicht zu überlassen. In diesem Sommer findet die Frauen-EM in der Schweiz statt. Los geht das Turnier am 2. Juli. Exakt dann, wenn es bei der Klub-WM mit dem Viertelfinale in die heiße Phase geht. Es ist unerhört, dass Infantino so wieder einmal die Aufmerksamkeit auf die Herren lenkt. Immerhin kann sich der Frauenfußball zu Recht mehr und mehr etablieren.

Wie einseitig Infantino die Fifa ausrichtet, zeigt sich hier besonders deutlich: mehr Spiele, mehr Kommerz, mehr Geld. Um das Spiel geht es den ganz Großen im Geschäft ohnehin nicht. Was darunter leidet, ist der Fußball und die Leidenschaft der Anhänger. Infantino kann die Wahrheit vielleicht verdrängen, die Fußballfans aber können es nicht.

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