Nationalmannschaft: Rückkehr der hässlichen Vögel | DFB

Zwei Neulinge haben es in den aktuellen DFB-Kader geschafft. Zum Jahresende kommt es beim DFB zu einer Wiedervereinigung.

Es war ein bitterer Rückschlag, Sekunden vor dem Abpfiff. Maximilian Philipp hatte soeben – es lief bereits die sechste Minute der Nachspielzeit – das 1:0 für den SC Freiburg gegen Werder Bremen erzielt. Ausgerechnet der Ex-Bremer Philipp.

Während das Freiburger Stadion den zweiten Saisonsieg bejubelte, standen die Gäste aus dem Norden mit leeren Händen da. 0 Punkte und 0:5 Tore nach dem zweiten Spieltag, Tabellenplatz 18. Der missratene Saisonstart war perfekt. Was allerdings zu diesem Zeitpunkt Ende August 2023 noch niemand wusste: Es war die letzte Partie, in der Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch gemeinsam auf dem Platz standen. Doch das könnte sich schon bald ändern.

Denn Julian Nagelsmann hat sowohl Bremens Ducksch, zum ersten Mal überhaupt, als auch den kurz vor Ende des Sommertransferfensters nach Dortmund gewechselten Füllkrug für die kommenden Länderspiele nominiert. Es ist die Wiedervereinigung des einstigen Bremer Erfolgsduos, die Rückkehr der "hässlichen Vögel", wie die beiden liebevoll am Osterdeich genannt wurden.

Unter Flick wäre eine Nominierung von Ducksch wohl eher nicht möglich gewesen. Zu festgefahren schien der Ex-Bundestrainer in seiner Spielerwahl zu sein. Niemand hätte ahnen können, dass das einstige Erfolgsduo so zeitnah wieder gemeinsam auf Torejagd gehen würde.

"Eine Komponente, die uns helfen kann"

Dass der neue Bundestrainer den 1,88 Meter großen Werder-Stürmer tatsächlich nominieren würde, hatte am frühen Freitagmorgen niemand auf dem Zettel. In einem gut siebenminütigen Video, in dem Nagelsmann auch über die zweite Kader-Überraschung sprach, erklärte Nagelsmann Duckschs Nominierung.

"Marvin hatte keinen ganz leichten Start im Klub. Er hat jetzt aber eine sehr gute Quote, hat seine Leistung und Werder stabilisiert. Wenn du bei einem Top-Klub 20 Tore schießt, ist das weniger hoch einzuordnen, als wenn du bei einem nicht so starken Klub viele Tore schießt und Vorlagen machst", lieferte Nagelsmann die Begründung für die Einladung.

"Er hat sehr gute Standards, einen sehr guten Torabschluss und kennt Niclas Füllkrug sehr gut. Auch das ist sicherlich eine Komponente, die uns helfen kann", führte Nagelsmann weiter aus – und nahm damit auch Bezug auf die erfolgreiche vergangene Saison der beiden Angreifer.

Gemeinsam erzielten die "hässlichen Vögel" 28 Saisontore, lieferten insgesamt 14 Vorlagen – und das bei 51 Bremer Treffern in der kompletten Spielzeit. Dass sich das Duo so gut ergänzt, davon wird auch Nagelsmann profitieren, wie der Bundestrainer selbst anmerkte.

Ob die beiden denn auch gegen die Türkei gemeinsam starten werden, gab Nagelsmann noch nicht preis. Ohnehin ist das von Ole Werner präferierte System mit zwei klaren Spitzen nicht das bevorzugte des Bundestrainers. Möglich ist aber, dass sich einer der beiden im 4-2-3-1 auf die Zehnerposition fallen lässt. Generell agierte die deutsche Elf insbesondere bei Nagelsmanns Debüt gegen die USA im vorderen Drittel äußerst flexibel. Es war eine Weiterentwicklung, die zu Zeiten Flicks nicht zu sehen war.

Nagelsmann ließ aber auch durchblicken, dass es sich bei der Einladung für Ducksch um eine Art Casting handelt. War beim vergangenen Lehrgang noch Kevin Behrens von Union Berlin am Start, darf sich nun also Ducksch beweisen. "Bei der EM wollen wir einen zweiten, dritten richtigen Stürmer dabei haben. Und da haben wir drei, vier, fünf Kandidaten, aber eben nicht allzu viele Maßnahmen, da müssen wir ein bisschen wechseln. Wir wollen sehen, wie Marvin es macht. Ich bin guter Dinge", verriet Nagelsmann ein wenig aus seiner Gedankenwelt.

Neben Niclas Füllkrug dürfte auch Bayerns Thomas Müller im Kader gesetzt sein. Auf den dritten Platz dürften sich neben Behrens und Ducksch wohl auch die zuletzt nicht berücksichtigten Timo Werner, Youssoufa Moukoko und Mërgim Berisha Hoffnungen machen. Alle drei hatten zuletzt nicht allzu viel Spielzeit im Verein. Behrens befindet sich mit Union Berlin in einer sportlichen Krise, während Ducksch am vergangenen Sonntag mit einem zauberhaften Freistoß gegen den VfL Wolfsburg erfolgreich war. Ein klares Zeichen Nagelsmanns, auf formstarke Spieler zu setzen.

Schwerpunkt auf die Defensive

Auch deshalb erhielt Torhüter Janis Blaswich eine Einladung – und darf sich neben der aktuellen Nummer eins Marc-André ter Stegen sowie Kevin Trapp und Oliver Baumann beweisen. Warum Manuel Neuer nicht dabei ist, begründete der Bundestrainer ebenfalls.

Zwei Spiele sind es nun für Nagelsmann, in denen er seine Mannschaft besser kennenlernen und verbessern will, ehe das Länderspieljahr 2023 beendet ist. Der Schwerpunkt soll dann auf der Defensive liegen. "Generell war ich sehr zufrieden mit den Auftritten in den USA. Ein Baustein ist das stabilere Verteidigen, darauf wird schon der Fokus liegen, auch eine erweiterte taktische Herangehensweise. Wir müssen in der Defensive variabler werden", forderte er. Die Zeit, individuell mit den Verteidigern zu arbeiten, habe er nicht.