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Vuelta 2022: Darum beginnt die Spanienrundfahrt in Holland


Ex-Radstar macht den Vuelta-Check
Fiets statt bicicleta: Warum die Spanienrundfahrt in Holland startet

  • T-Online
Von Alexander Kohne, Utrecht

Aktualisiert am 19.08.2022Lesedauer: 5 Min.
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La Vuelta in den Niederlanden: Bei der Teamvorstellung vor dem Start der Spanienrundfahrt wurde in Utrecht ordentlich Dampf gemacht. (Quelle: IMAGO/Vincent Jannink)

Die Spanien-Rundfahrt ist das wohl zweitwichtigste Radrennen. Ex-Radstar Fabian Wegmann erklärt, warum die Vuelta in Utrecht startet – und der beste Deutsche fehlt.

Nach der Tour de France ist vor der Vuelta: Gut vier Wochen nach Ende der Frankreichrundfahrt startet an diesem Freitag (ab 18.30 Uhr bei Eurosport) das neben dem Giro d’Italia zweitwichtigste Radetappenrennen der Welt. Danach geht es über 3.000 Kilometer in insgesamt 21 Etappen bis nach Madrid.

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Fabian Wegmann (Quelle: IMAGO/RUEDIGER WOELK)

Fabian Wegmann

Der gebürtige Münsteraner war zwischen 2002 und 2016 Radprofi und gewann 2004 die Bergwertung des Giro d'Italia. Heute ist Wegmann sportlicher Leiter der Deutschland Tour und arbeitet als TV-Kommentator.

Emanuel Buchmann musste leider kurzfristig passen. Warum sich das Einschalten trotzdem lohnt und die Vuelta besonders aus deutscher Sicht extrem interessant werden könnte, erklärt Ex-Radprofi Fabian Wegmann, der mittlerweile Rennen wie die Deutschland Tour organisiert.

Fabian Wegmann über...

… den Unterschied zwischen Vuelta und Tour:

Die Etappen bei der Vuelta sind grundsätzlich etwas kürzer. Die meisten Teilstücke sind um die 150 Kilometer lang; in diesem Jahr gibt es keines über 200 Kilometer. Außerdem fehlen die ganz hohen Berge. Die Bergetappen sind meistens nicht so lang, aber umso steiler – mit am Schluss auch mal 25 bis 28 Prozent Steigung. Außerdem sind viele Etappen über weite Strecken sehr flach und werden erst im Finale extrem steil. Das macht es für Sprinter oft etwas einfacher, durchzukommen.

… die Strecke 2022:

Los geht es – etwas ungewöhnlich – in Utrecht in den Niederlanden mit einem Mannschaftszeitfahren. Dort sollte schon 2020 gestartet werden, doch das fiel wegen der Corona-Pandemie aus. Utrecht ist eine total radsportbegeisterte Stadt. Das wird mit Sicherheit ein Spektakel. Danach geht es auf zwei Etappen durch die Niederlande und Belgien und dann folgt der Transfer nach Spanien. Spannend wird es dort besonders in den Bergen – und davon stehen auf den 3280,5 Kilometern einige auf dem Programm.

Besonders die 15. Etappe hat es in sich, wenn die Fahrer hinauf zum Alto Hoya de la Mora über 4.000 Höhenmeter überwinden müssen und zum Schluss eine Bergankunft auf 2.512 Metern ansteht. Wichtig für die Gesamtwertung wird auch das etwa 31 Kilometer lange Einzelzeitfahren auf Etappe 10 nach Alicante. Das Finale ist dann, wie gewohnt, in Madrid. Interessant wird der Einfluss des Wetters sein, denn die hohen Temperaturen in Spanien dürften einigen Fahrern gehörig zusetzen – allerdings kommen die meisten damit besser klar als mit extremer Kälte und Regen.

… die Favoriten:

Topfavorit ist für mich ganz klar Primoz Roglic. Er hat in den letzten drei Jahren gewonnen und mit Jumbo-Visma das momentan beste Team im Radsport an seiner Seite. Die wissen genau, wie man ein Mannschaftszeitfahren gewinnt und werden sich zum Start in Utrecht nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Auch das Einzelzeitfahren etwas später kommt Roglic entgegen.

Allerdings ist Kletterspezialist Joao Almeida von UAE in super Form. Deshalb erwarte ich wie bei der Tour einen Kampf zwischen den Topteams Jumbo-Visma und UAE.

Im Blick haben sollte man dazu noch Remco Evenepoel. Das belgische Supertalent ist nach einem ganz schweren Sturz vor zwei Jahren mittlerweile aber wieder voll zurück, was der 22-Jährige mit beeindruckenden Solofluchten und Siegen beim Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich und der Clásica San Sebastián bewiesen hat. Bei ihm muss man abwarten, wie er in der letzten Woche zurechtkommt.

… Roglics Verletzung:

Er ist bei der Tour auf der Kopfsteinpflasteretappe zwischen Lille und Arenberg schwer gestürzt und musste das Rennen einmal mehr verlassen. Es ist schon fast tragisch, wie viel Pech er dort zuletzt hatte. Allerdings ist Roglic jedes Mal, wenn er bei der Tour einen Dämpfer bekommen hat, bei der Vuelta stärker zurückgekommen – und hat gewonnen. Quasi aus Frust. Er kann nun zum vierten Mal in Folge gewinnen und den Rekord von Roberto Heras einstellen. Ich weiß nicht genau, wie er nach der wochenlangen Verletzungspause trainiert hat, aber bei Jumbo-Visma darf man sicher sein, dass er den Sieg anpeilt, wenn er an den Start geht.

Deshalb sehe ich ihn auf dem Papier klar vorne. Vor allem auch, weil Roglic bewiesen hat, dass er mit Rückschlägen sehr gut zurechtkommt und mental extrem stark ist. Das geht wohl auf seine Vergangenheit als Skispringer zurück. Ich habe in Freiburg oft mit den Skispringern im Olympiastützpunkt trainiert. In ihrer Sportart kommt es stark auf Konzentration an, nicht nur auf Kraft – und diese mentale Stärke hat Roglic dort gelernt.

… Emanuel Buchmann:

In der Woche vor dem Start wurde bekannt, dass er wegen einer Harnwegsinfektion nicht dabei ist. Das ist ganz bitter für Buchmann. Ihm hätte ich sehr viel zugetraut – zumal nach dem starken Giro mit Platz sieben. Sein Team Bora-hansgrohe hat dort mit Jai Hindleys Gesamtsieg bewiesen, dass es mittlerweile die großen Rundfahrten gewinnt. Vor allem, seitdem Rolf Aldag in der sportlichen Leitung ist.

Buchmann wäre für mich zwar keiner der absoluten Topfavoriten gewesen, aber das Terrain hätte ihm gelegen. Außerdem ist bei der Vuelta eher eine Überraschung drin als bei der Tour.

Mit ihm hätte Bora eine Viererspitze gehabt, nun ist es mit Hindley, Wilco Keldermann und Sergio Higuita eine Dreieierspitze. Sie werden es so machen wie beim Giro – wer am besten durchkommt, für den fahren die anderen. Das funktioniert einfach bei Bora, weil der eine für den anderen fährt und einsteht.

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… die Chancen der deutschen Starter:

Für Pascal Ackermann wird es schwer, weil bei UAE alles auf Almeidas Ambitionen in der Gesamtwertung ausgerichtet ist. Ackermann ist im Sprint Einzelkämpfer, das macht es für ihn schwierig. Bei der Polen-Rundfahrt hat er zuletzt eine Etappe gewonnen, was ihm viel Auftrieb gegeben hat. Er gehört zu den weltbesten Sprintern und kann mit Sicherheit eine Etappe gewinnen. Vielleicht ist sogar das Sprinttrikot drin.

Etwas anders sieht es bei John Degenkolb aus. Er hat mit zehn Etappensiegen den deutschen Vuelta-Rekord von Marcel Wüst (zwölf Erfolge) im Blick. Im Massensprint wird Degenkolb wohl keine Chance haben, als Ausreißer muss man ihn aber auf der Rechnung haben. Nach seinem Wechsel zu DSM ist er einer der Routiniers im Team und gibt seine Erfahrung an die vielen jungen Fahrer weiter. Er spielt da ein bisschen den Papa und steht den Jungs mit Rat und Tat zur Seite.

Einer dieser jungen Fahrer ist Marco Brenner. Mit 17 Jahren unterschrieb er als jüngster Fahrer überhaupt einen Profivertrag bei einem WorldTour-Team. Brenner ist das größte Talent, das wir momentan in Deutschland haben. Besonders als Rundfahrer ist er ein Riesentalent, weil er gut über die Berge kommt und vor allem zeitfahren kann. Das hat der erst 19-Jährige bei der Polen-Rundfahrt mit Platz fünf im Kampf gegen die Uhr gezeigt. Bei der Vuelta wird es für ihn dennoch hauptsächlich darauf ankommen, zu lernen und sich in den Dienst des Teams zu stellen.

Auf der Rechnung für einen Etappensieg muss man außerdem seinen Teamkollegen Nikias Arndt haben. Er hat bereits Etappen bei Vuelta und Giro gewonnen und ist als Ausreißer immer für einen Tagessieg gut.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Fabian Wegmann
  • Beobachtungen in Utrecht
  • Presseinformationen von "La Vuelta"
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