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John Degenkolb: Darum liebe ich Paris-Roubaix


"Hölle des Nordens"
Rad-Star Degenkolb: Darum liebe ich Paris-Roubaix

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InterviewEin Interview von Alexander Kohne

Aktualisiert am 11.04.2019Lesedauer: 5 Min.
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Berühmter Frühjahrsklassiker: Paris-Roubaix ist John Degenkolbs absolutes Lieblingsrennen:Vergrößern des Bildes
Berühmter Frühjahrsklassiker: Paris-Roubaix ist John Degenkolbs absolutes Lieblingsrennen: (Quelle: imago/Springstrow/imago-images-bilder)

Schlamm, Stürze und sechs Millionen Pflastersteine: Paris-Roubaix ist das wohl härteste Radrennen der Saison. John Degenkolb hat die "Hölle des Nordens" trotzdem in sein Herz geschlossen – auch wenn der Klassiker für die meisten Kollegen eine einzige Qual ist.

Am Sonntag (11 Uhr/Eurosport) steht die 117. Ausgabe des Radklassikers Paris-Roubaix an. Dabei warten 257 Kilometer – 54,5 davon auf mittelalterlichem Kopfsteinpflaster – mit rund sechs Millionen Pflastersteinen. Schlammverschmierte Gesichter gehören dabei ebenso dazu wie dramatische Stürze. Den meisten Radrennfahrern treibt allein der Gedanke daran den kalten Schweiß auf die Stirn. Nicht so John Degenkolb, der dabei erst so richtig aufblüht.

t-online.de: Herr Degenkolb, Paris-Roubaix gilt als eines der härtesten Rennen überhaupt. Vor zwei Jahren hat es nur etwas mehr als die Hälfte der Fahrer überhaupt ins Ziel geschafft. Sie haben es aber einmal als Ihre "große Liebe" bezeichnet. Wie kann man so eine Tortur eigentlich "lieben"?

John Degenkolb: Liebe eben! Schon als Kind saß ich begeistert zusammen mit meinem Vater vor dem Fernseher. Und ich war von der ersten Sekunde an fasziniert von den staubigen Gesichtern, dem Dreck, dem Matsch, der Härte des Rennens. Aber auch von dem Spektakel, den Zuschauern – das ist einfach purer Radsport. Mehr geht nicht. Ich liebe dieses Rennen.

Was fasziniert Sie so an Paris-Roubaix?

Wie gesagt – eigentlich alles. Auch, dass es ein Mythos ist und seit 1896 eigentlich fast auf einer unveränderten Strecke ausgetragen wird, spielt dabei natürlich eine große Rolle. Es ist eben ein echtes Monument mit einer besonderen Geschichte und besonderen Orten, die jeder Radsportfan kennt und liebt.

John Degenkolb
Der gebürtige Geraer fährt seit 2017 für das Team Trek-Segafredo. 2018 gewann er seine erste Tour-de-France-Etappe in Roubaix. 2015 triumphierte er bei den Frühjahrsklassikern Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix.

Vor einigen Monaten haben Sie eine Crowdfunding-Aktion zur Rettung des U19-Rennens bei Paris-Roubaix ins Leben gerufen. Was hat es damit auf sich?

Als ich in einem Tweet – auf holländisch übrigens (lacht) – von den finanziellen Schwierigkeiten des U19-Rennens erfahren habe, war mir sofort klar, dass das nicht sein kann. Das Rennen ist für den Nachwuchs super wichtig. Deshalb habe ich umgehend den Veranstalter kontaktiert und ihm die fehlende Summe garantiert. Aber ich wollte irgendwie auch mehr Öffentlichkeit für die Situation schaffen und habe dann das Crowdfunding gestartet. Die Fans haben super mitgemacht, das ging durch die Decke und wurde tausendfach geteilt – bis nach Russland, Griechenland und Kolumbien. Die Aktion hat dem Nachwuchsrennen eine breitere Aufmerksamkeit gebracht und ich hoffe, dass die Message bei vielen – auch Sponsoren – angekommen ist: Wir können und wir müssen da auch ab und an selbst was tun, um den Nachwuchs zu fördern und Rennen zu sichern.

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Sie unterstützen den Verein der Freunde von Paris-Roubaix, sind sogar deren Botschafter. Worum geht es genau?

So ein Pavé (eine Pflasterstein-Passage, Anm. d. Red.) wirkt ja immer ungepflegt – aber das Gegenteil ist der Fall! Die Pflaster-Abschnitte zu erhalten, ist harte und zeitraubende Arbeit. Genau darum kümmern sich die "Amis de Paris-Roubaix". Ehrenamtlich. Sie sorgen dafür, dass die Strecke so bleibt, wie sie ist und helfen damit, dass Rennen so einzigartig und besonders zu machen. Um das zu würdigen und zumindest einen kleinen Teil beitragen zu können, engagiere ich mich als Botschafter für die vielen Helfer des Vereins.

Vor knapp neun Monaten haben Sie Millionen deutsche TV-Zuschauer mit ihrem ersten Tour-de-France-Etappensieg begeistert – und das ausgerechnet in Roubaix. Danach haben Sie im Ziel unter Tränen erklärt, was Ihnen das bedeutet. War das der wichtigste und emotionalste Erfolg Ihrer Karriere?

Der emotionalste war es auf jeden Fall. Wichtig war er auch – aber ob es der wichtigste in meiner Karriere war, kann ich erst sagen, wenn die vorbei ist. Und das dauert ja noch ein paar Jahre und ich habe schon noch das ein oder andere Ziel auf meiner To-Do-Liste (lacht). Aber sicher – der Sieg wird definitiv als einer der schönsten im Gedächtnis bleiben, auch wenn ich hoffe, dass schon noch mal toppen zu können.

Hat das Ihre öffentliche Wahrnehmung in Deutschland – trotz des Roubaix-Sieges 2015 – nochmal verändert?

Ehrlich, das ist schwer zu sagen. Immerhin in meiner Heimat werde ich jetzt sogar an der Eisdiele erkannt (lacht). Und auch bei meinem Heimrennen Eschborn-Frankfurt am 1. Mai wird die Aufmerksamkeit sicher noch mal etwas stärker sein als sonst. Auch der große Zuspruch von den Fans hat mich riesig gefreut. Aber noch wichtiger ist mir, dass es die Wahrnehmung des Radsports als Ganzes noch weiter gepusht hat.

Wie steht es mit Ihrer Zielsetzung in diesem Jahr? Ex-Radprofi Jens Voigt traut Ihnen nach den letzten Ergebnissen (u. a. Platz zwei bei Gent-Wevelgem) zu, Paris-Roubaix erneut zu gewinnen.

Na, das ist doch schon mal eine Ansage von Jens. Eigentlich gibt es da auch gar nichts hinzuzufügen (lacht). Schauen wir mal...

Wer sind Ihre schärfsten Konkurrenten?

Da gibt es viele und es werden eigentlich von Rennen zu Rennen mehr. Und dann kommen noch die dazu, die draußen vielleicht noch gar keiner auf der Uhr hat – so wie jetzt bei der Ronde (der Flandern-Rundfahrt, die Alberto Bettiol Anfang April völlig überraschend gewann, Anm. d. Red.).

Haben Sie sich auf die Kopfsteinpflaster-Passagen speziell vorbereitet?

Ja, auch in diesem Jahr war ich kurz vor Ort und habe ein paar Materialtests gemacht. Und am Freitag werden wir uns nochmal die aktuelle Situation anschauen und ein paar Abschnitte fahren, die wichtig werden können.

Was ist beim Fahren auf Kopfsteinpflaster besonders wichtig?

Gut positioniert und sehr weit vorne in die Pavés zu kommen und dann Vollgas durchzuziehen. Je schneller man fährt, desto besser kommt man drüber.


Neben Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix haben Sie bereits andere Klassiker wie Gent-Wevelgem (2014) und Paris-Tours (2013) gewonnen. Dazu Etappen bei Tour, Italien- und Spanien-Rundfahrt. Wie steht es eigentlich mal mit einer größeren Rundfahrt? Bei der Präsentation der Deutschland-Tour haben Sie und Ihre Kollegen Nikias Arndt und Maximilian Schachmann die verschiedenen Etappensiege scherzhaft schon untereinander aufgeteilt …

Eine große Rundfahrt ohne große Berge und ich rechne mir Chancen aus... aber leider spielen da die Veranstalter nicht mit, fürchte ich (lacht). Bei der Deutschland Tour sieht die ein oder andere Etappe durchaus so aus, dass ich mir Chancen ausrechnen könnte und wenn Max und Nikias mitspielen – warum nicht? Aber jetzt zählt erst mal nur der Sonntag, Paris-Roubaix.

Verwendete Quellen
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