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Rolf Zuckowski: Ukraine-Krieg "macht mir das Herz schwer"


Rolf Zuckowski
"Ich will meine Lebensweise nicht entschuldigend vortragen"

  • Steven Sowa
InterviewVon Steven Sowa

Aktualisiert am 14.05.2022Lesedauer: 9 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Rolf Zuckowski: Er ist einer der erfolgreichsten Liedermacher Deutschlands und wurde mit Kinderklassikern wie "Ich schaff das schon" berühmt.Vergrößern des Bildes
Rolf Zuckowski: Er ist einer der erfolgreichsten Liedermacher Deutschlands und wurde mit Kinderklassikern wie "Ich schaff das schon" berühmt. (Quelle: Chris Emil Janßen/imago-images-bilder)

Rolf Zuckowski feiert heute seinen 75. Geburtstag. Mit t-online spricht er über seine politischen Ansichten, Kindheitserinnerungen und seine ablehnende Haltung zum Thema Gendern.

Seine tiefe, ruhige Stimme dringt unverkennbar durchs Telefon. Rolf Zuckowski ruft auf die Minute pünktlich zum vereinbarten Interviewtermin an. Er ist bestens aufgelegt, so kurz vor seinem 75. Geburtstag. "Ich habe das große Glück, gesund zu sein", erzählt er zufrieden und verweist darauf, wie viele seiner Altersgenossen mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben.

Der Liedermacher selbst kämpft nur gegen ein für ihn ärgerliches Missverständnis: das Gendern. Denn wie er im t-online-Interview erklärt, rede nie jemand darüber, was die geschlechtergerechte Sprache beim Singen anrichte. "Ich wünsche mir, dass darüber mehr gesprochen wird", so Zuckowski. Wie der Norddeutsche das traditionelle Familienbild verteidigt, Kanzler Olaf Scholz in Schutz nimmt und sich an die Traumata der Nachkriegszeit erinnert, lesen Sie im Interview.

t-online: Haben Sie eigentlich immer gute Laune, Herr Zuckowski?

Rolf Zuckowski: Wenn man sich meine Lieder anhört, schwingt ganz oft auch ein bisschen Melancholie und Nachdenklichkeit mit. Einfach nur ein Spaßvogel, das bin ich nicht.

Belastet Sie der Krieg in der Ukraine sehr?

Der Krieg im Osten, bei dem niemand sicher sagen kann, ob er sich weiter ausbreitet, macht mir das Herz schwer. Da kann man mit Liedern einiges tun, um sich selbst ein bisschen zu besänftigen. Aber diese Bedenken kriegt man nicht weg.

"'Immer nur lächeln und immer vergnügt', war vielleicht das Lied ihres Lebens", schreiben Sie über Ihre Mutter in Ihrer Autobiografie. Haben Sie Ihre heitere Art ihr zu verdanken?

Im Text heißt es allerdings auch: "Immer nur lächeln und immer vergnügt, Immer zufrieden, wie's immer sich fügt. Lächeln trotz Weh und tausend Schmerzen, Doch wie's da drin aussieht, geht niemand etwas an." Es ist also ein Lied der Verzweiflung, mit dem meine Mutter versucht hat, sich selbst Mut machen.

Wieso brauchte sie das?

Meine Mutter war eine typische Frau der Nachkriegszeit. Ihr erster Mann ist im Krieg gefallen, dann hat sie meinen Vater geheiratet, ich bin 1947 geboren. Da hat man sich mit Liedern durchaus Mut machen müssen. Aber sie konnte auch richtig Spaß haben. Wenn sie gute Laune hatte und Gäste da waren, hat sie auf dem Tisch getanzt und laut gesungen. Ich glaube, das war eine Art Ausgleich ob der vielen harten Entbehrungen in der Nachkriegszeit.

Das erinnert auch an Bilder aus der Ukraine. Menschen, die in Luftschutzbunkern Zuflucht in der Musik finden, gemeinsam singen, musizieren, sich Mut machen.

So ähnlich war das damals auch, ja. Zwar sollte man sich genau überlegen, nach welchem Lied einem zumute ist, wenn man in Kriegsgefangenschaft oder in irgendeiner Krisensituation ist, aber es stimmt: Musik ermöglicht es, eine Gemeinschaft zu stärken. Frei nach dem Motto: "Wir kommen hier durch".

Sie sind in einer Zeit im Hamburger Stadtteil Winterhude aufgewachsen, in der große Teile der Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört waren. Wie sehr hat Sie diese Erfahrung geprägt?

Das waren Jahre des Wiederaufbaus. Wir haben in meiner Kindheit gesehen, dass die Trümmer nach und nach weggeräumt wurden. Teilweise haben wir auch in den Trümmern gespielt, was nicht ganz ungefährlich und eigentlich verboten war.

Wie haben Sie Ihre Eltern damals erlebt?

Von meinen Eltern und Großeltern gab es eigentlich immer nur ermutigende Aussagen wie "Es wird wieder besser werden für euch". Sie haben uns deutlich spüren lassen, dass sie an eine Zukunft glaubten, die wir natürlich alle zusammen wieder aufbauen mussten – die Eltern und Großeltern wahrscheinlich mehr als die Kinder. Aber wir haben diesen Grundoptimismus verinnerlicht: Auch wenn man ganz unten ist, geht es wieder bergauf. Mein Lied "… und wieder muss es weitergehn" mag da seine Wurzeln haben.

Ist Ihnen deshalb bis heute ein gewisser Pragmatismus geblieben?

Unsere Eltern haben uns jedenfalls keine Vorträge gehalten, die haben einfach ihren Alltag gelebt. Meine Mutter war berufstätig und wir Kinder haben mit angepackt, das war ganz normal und ist bei mir auch bis heute so geblieben.

Auch beim Musizieren?

Ich kann mich oft singend besser ausdrücken als im Gespräch. Lieder entstehen aus einer Stimmung oder Laune heraus und sind für mich eine verdichtete Meinung, die musikalisch dargeboten wird.

Ihr Vater hat viele Ihrer größten Erfolge nicht mehr erlebt. Er nahm sich 1980 mit 62 Jahren das Leben. Hat er Ihnen viel vom Krieg erzählt? Schließlich diente er als Marinesoldat und landete in niederländischer Kriegsgefangenschaft.

Ganz wenig. Die Erlebnisse waren wahrscheinlich zu hart und zu dramatisch, um sie Kindern irgendwie weiterzugeben. Aber er hat uns erzählt, dass er an Bord des Marineschiffes sehr wichtig war und vielen Leuten Anweisungen geben konnte. An Land war das nicht mehr möglich. Da war er nicht mehr der Chef, sondern nur Papa. Und er ist mit diesem Zwiespalt, glaube ich, nicht gut klargekommen.

Wie hat sich das in seinem Verhalten geäußert?

Grundsätzlich war er ein positiver Mensch, aber er war schon ein Vater, der typisch war für diese Zeit. Er wollte uns Kindern vor allem sagen, was wir zu tun hatten und das weiß ja jeder, der Kinder hat, dass Kinder auch Widerspruch einlegen und nicht immer so leicht zu überzeugen sind und damit musste er irgendwie zurechtkommen. Ich denke heute aber viel öfter an meine Mutter, die mich auch musikalisch beeinflusst hat und meinen Werdegang deutlich mehr mitverfolgen konnte.

Sie bezeichnen sich selbst als "konservativ". Was genau meinen Sie damit?

Na ja, das ist schon sehr verkürzt … eine differenzierte Antwort bräuchte vielleicht ein bisschen mehr Zeit.

Die haben wir. Legen Sie los.

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Ich bin in einem Arbeiterhaushalt aufgewachsen und deswegen bin ich den Gedanken der Sozialdemokratie grundsätzlich sehr nah. Ich finde, dass es unbedingt einen Ausgleich zwischen denen geben muss, die viel haben und viel geben könnten, und denen, die hart arbeiten, aber benachteiligt sind. Das geht durch viele Berufe. Insofern habe ich immer noch sehr viele sozialdemokratische Ideale.

Aber?

Ich bin ein traditioneller Familienmensch. Wir leben das. Meine Frau und ich sind verheiratet, wir sind seit über 50 Jahren zusammen. Dieses Familienbild bedeutet uns sehr, sehr viel. "Familie und Gedöns", dieser Satz von Gerhard Schröder mit Bezug auf das Familienministerium – damit konnte ich gar nichts anfangen. Was die konservative Haltung angeht, bin ich jemand, der die traditionelle Familie sehr schätzt. Aber auch alle Familienbilder, die heute gewachsen sind, akzeptiert und respektiert. Natürlich gibt es so viele Alleinerziehende und gleichgeschlechtliche Beziehungen und das soll alles sein, aber die traditionelle Familie finde ich trotzdem ganz, ganz wichtig und sie sollte nicht einfach nur als Auslaufmodell gesehen werden.

Welche Werte sind Ihnen noch wichtig?

Natürlich die Ökologie. Da gibt es Sachen von den Grünen, die ich sehr sinnvoll finde. Wir müssen mit diesem Planten so umgehen, dass er auch für unsere Urenkel noch bewohnbar ist, und darum sind auch mir Gedanken der ökologischen Bewegung wichtig.

Zuletzt haben die Diskussionen um Waffenlieferungen die Medienlandschaft sehr aufgewühlt. Auf welcher Seite standen Sie denn in dieser Frage – und warum beteiligen Sie sich nicht an solchen Aktionen wie den offenen Briefen an Bundeskanzler Olaf Scholz?

Weil ich keine eindeutige Meinung habe. Ich bin politisch nicht so klug, wie viele andere es glauben zu sein. Ich mache mir meine eigenen Gedanken. Aber ich muss mich dazu nicht öffentlich äußern. Wir haben eine gewählte Regierung, die das meines Erachtens gut handhabt. Wir haben in der EU und in der Nato insgesamt Leute, die sehr viel unternehmen und ich hoffe, dass sie die richtigen Entscheidungen treffen.

Ich höre heraus: Da wo andere Olaf Scholz ein Zaudern und Zögern vorwerfen, sehen Sie eine überlegte, nachdenkliche Seite an ihm, die Sie zu schätzen wissen?

Ja, natürlich. Es ist ja auch nicht leicht, bei Fragen nach Waffenlieferungen zu einer Entscheidung zu kommen. Als Deutschland haben wir mit dem, was wir im Krieg angerichtet haben, eine unglaubliche Verantwortung und ich finde eine gewisse Zurückhaltung und gute Abstimmung mit den Verbündeten sehr wichtig.

Ihnen ist ein besonnener Kanzler wie Scholz also lieber als ein Regierungschef, der schnell und konsequent handelt?

Ja. Jedenfalls ist er mir lieber, als jemand, der zu schnell meint, die richtige Entscheidung getroffen zu haben und das dann später bereut.

Sie haben Gerhard Schröder erwähnt. Denken Sie eigentlich, dass der Ruf der Sozialdemokratie hierzulande unter dem Altkanzler leidet?

Das würde ich jetzt nicht behaupten. Was den Angriffskrieg der Russen angeht, ist das natürlich sehr problematisch für die Sozialdemokraten. Als Kanzlerpartei ein derart prominentes SPD-Mitglied mit dieser Putin-Nähe zu haben, das ist nicht einfach. Aber wie die Sache ausgeht, wird man sehen müssen. Ich glaube, die SPD hat ein anderes Problem: Ihre klassische Klientel – eine große Arbeiterbewegung – existiert nicht mehr. Auch deshalb ringt sie immer wieder mit ihren Positionen.

Sie haben das traditionelle Familienbild erwähnt – und hochgehalten. Können Sie verstehen, wenn an manchen Ihrer Textzeilen Kritik geübt wird? Nach dem Motto: Rolf Zuckowski macht nur Musik unter heteronormativem Blickwinkel.

Nein, das kann ich überhaupt nicht verstehen. Ich schreibe meine Lieder aus meinen Verhältnissen heraus. In einem meiner Lieder und das ist ein sehr wichtiges Lied, "Ich schaff' das schon", kommt eine alleinerziehende Mutter vor. Das habe ich 1983 verfasst.

Sie waren also schon immer musikalisch bereit, vom traditionellen Familienbild abzurücken?

Ich bin sehr, sehr offen für die Vielfalt der Lebensweisen, möchte aber meine Lebensweise dadurch nicht entschuldigend vortragen. Ich singe meine Lieder und andere Leute singen andere Lieder. Ich finde in der Liedervielfalt wird die Vielfalt der Lebensweisen deutlich. Aber ich glaube, dass viele Menschen tief im Herzen spüren, dass unsere Familie ein ganz großer Wert ist.

Sie stören sich also daran, dass an der Musik Kritik in Form der Political Correctness geäußert wird?

Es gibt den Ansatz, ein Thema zu finden und aufzubereiten, um möglichst vielen Menschen gerecht zu werden. Das ist im Theater der Fall, das ist in vielen Fernsehsendungen der Fall, vielleicht auch in der Musik. Meine Art und Weise ist das nicht. Ich versuche vielmehr, bei mir zu bleiben. Ich beobachte und erlebe und versuche, nicht zu egozentrisch zu sein und trotzdem für mich und mein Umfeld glaubwürdig zu bleiben. Das ist mir wichtig. Ich möchte nicht anderen nach dem Mund reden, um jedem zu gefallen.

Sie feiern am 12. Mai Ihren 75. Geburtstag. Spüren Sie Ihr Alter an manchen Stellen?

Ich habe das große Glück, gesund zu sein. Ich hatte irgendwann mal einen Leistenbruch, auch eine Knie- und Schulteroperation musste ich durchstehen. Aber das sind alles Dinge, die dann ausgestanden sind. Das macht mich gegenüber einigen Freunden, denen es viel schlechter geht, dankbar. Bisher zeigen sich keine Erkrankungen, die mich in den nächsten Jahren stark belasten würden. Aber das kann von heute auf morgen anders sein. Dieses Bewusstsein ist jetzt natürlich ganz stark da. Um mich herum gibt es Todesfälle, Schlaganfälle, Herzinfarkte und vieles mehr. Man kann sich glücklich schätzen, über jeden Tag, an dem es einem gut geht.

Wie werden Sie Ihren Geburtstag dieses Jahr verbringen?

Wenn Sie dieses Interview veröffentlichen, bin ich mit meiner Frau schon nach Paris gefahren. Ich habe ihr an meinem 70. Geburtstag versprochen, dass wir nicht groß feiern, denn das große Feiern bringt doch immer viele Herausforderungen, Arbeit, Überlegungen mit sich und sie hat gesagt, lass uns doch auch mal ganz klein, nur wir beide, deinen Geburtstag feiern. Dann haben wir uns gemeinsam für Paris entschieden, weil wir da so lange nicht waren und die Stadt sehr lieben. Wir gehen ins Olympia, hören Chansons von Anne Sila in dem großen Musiktempel und werden dann hinterher, wenn wir wieder zu Hause sind, mit unserer engeren Familie ein schönes Essen machen.

Zum Abschluss haben Sie einen Wunsch frei: Was wünschen Sie sich anlässlich Ihres Geburtstages für die Zukunft?

Ich wünsche mir, dass man bei allen Veränderungen der deutschen Sprache auch das Singen nicht vergisst. Es gibt viele Bestrebungen im Moment, die Sprache gerechter zu machen. Doch beim Gendern wird kaum darüber nachgedacht, dass es auch eine Singsprache gibt. Wenn die sich zu weit von der Kommunikationssprache entfernt, dann ist das kulturell, meines Erachtens, eine ganz große Schwierigkeit, der sich viele noch gar nicht bewusst sind und ich wünsche mir, dass darüber mehr gesprochen wird.

Ist das als Appell gegen das Gendern zu verstehen?

Vielleicht ein Appell gegen das unreflektierte Gendern. Es geht eben auch darum, wie man Gendern und Singsprache unter einen Hut kriegen kann. Das ist eine grammatikalische Herausforderung allererster Güte. Ich denke, dass diese sprachliche Bewegung kaum aufzuhalten ist. Ich wünsche mir aber, dass einem klar wird, wie schwierig das Gendern bei gesungenen Texten umzusetzen ist. Dann macht man sich vielleicht über sein eigenes Gendern mehr Gedanken. Ich sage Ihnen ein Beispiel: "jeder". In wie vielen meiner Lieder kommt das Wort vor und ich meine natürlich immer alle. Hat das je jemand in Frage gestellt?

Sie wünschen sich also, dass das generische Maskulinum in der Singsprache erhalten bleibt?

Ich finde es wichtig, dass es nicht verloren geht. Man kann es aber immer ergänzen, man kann immer verdeutlichen, was man meint. Aber es generell infrage zu stellen, ist zumindest für gesungene Texte, Theatertexte, für Gedichte, gar nicht möglich. Und diese Entwicklung ist im Gange und ich beobachte das mit ganz großem Interesse. Ich diskutiere auch sehr gerne mit Menschen, die sprachlich anders arbeiten als ich. Aber ich würde mich vor allem wegen der Liedtexte und nicht zuletzt wegen der Kinderliedtexte freuen, wenn sich mehr Leute darüber Gedanken machen.

Horchen Sie auch auf, wenn im Radio oder im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gegendert wird?

Es fällt mir schwer, dann zuzuhören. Weil es einfach eine Sprache ist, die nicht fließt.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Rolf Zuckowski
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