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"ARD-Tatort" mit Benjamin Lillie: Der Faktencheck zu "Déjà-vu"


Faktencheck zum "Tatort: Déjà-vu"
Behindert der Datenschutz wirklich die Ermittlungen?

Barbara Schaefer

Aktualisiert am 29.01.2018Lesedauer: 4 Min.
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Es ist heiß in Dresden. Karin Gorniak (Karin Hanczewski), Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) und Henni Sieland (Alwara Höfels) sind auf dem Weg zum Tatverdächtigen.Vergrößern des Bildes
Es ist heiß in Dresden. Karin Gorniak (Karin Hanczewski), Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) und Henni Sieland (Alwara Höfels) sind auf dem Weg zum Tatverdächtigen. (Quelle: MDR/Wiedemann & Berg/Daniela Incoronato)

"Der taucht schon wieder auf." Lapidar dahingesagt, doch der Satz von Oberkommissarin Henni Sieland (Alwara Höfels) bewahrheitet sich nicht. Der neunjährige Rico Krüger wurde ermordet. Heiß ist es in Dresden, und Kommissariatsleiter Schnabel (Martin Brambach) hadert mit dem Datenschutz.

Kindermord in Dresden, die Stadt ist in Aufruhr und zerfließt in Sommerhitze, und Kommissar Schnabel hat ein "Déjà-vu", so der Titel dieses "Tatorts" aus Sachsen. Denn Schnabel konnte das Verschwinden eines anderen kleinen Jungen vor einigen Jahren nicht aufklären. Nun will er "diesen Mistkerl kriegen". Aber wie? Der Datenschutz verhindere die schnelle Ermittlung, beklagt der Chef.

Das Thema (Buch Mark Monheim, Stephan Wagner) Kindesentführung, Missbrauch und Mord ist kaum auszuhalten, so geht es nicht nur den Ermittlern, es ist auch für Zuschauer ein harter "Tatort". Unerträglich wird es zum Ende hin, der Täter (bedrückend gespielt von Benjamin Lillie) nähert sich mit Erfolg einem weiteren Jungen.

Schnabel droht mit der Kavallerie, als der Datenschutz erneut bremst. Man wünscht sich, sie käme. Sie würde einem die letzten zehn Filmminuten ersparen. Die Szene wird perfide, man hält es nicht aus mit dem Mörder und dem Jungen auf dem Sofa. Es dauert zu lange, und auf die schlimmen Fotos am Ende könnte man verzichten. Das Thema birgt genug Horror in sich, weniger explizit gefilmt hätte gereicht. Als am Ende endlich Regen fällt, ist auch das keine Erlösung.

Wir wollen es wissen. Bremst der Datenschutz wirklich die Polizei aus?

Der Faktencheck

Experteninterview mit Cathleen Martin, Landesvorsitzende der Deutschen Polizei Gewerkschaft Sachsen.

t-online.de: Frau Martin, laut Drehbuch fällt dieser Satz des Kommissars: "Wir tun alles, was wir können – und dürfen. Das Problem ist, dass wir nicht alles dürfen." Die Frage: Kommt es im Einsatz zu Situationen, in denen so ein Satz fallen könnten?

Cathleen Martin: Damit hat er völlig Recht. Im reinen Vermisstenfall ist es oft schwer, eine Handyortung zu bekommen. So lange es sich dabei nicht um eine strafbare Handlung handelt, dient lediglich das Polizeigesetz des jeweiligen Bundeslandes (im Fall Dresden dann das sächsische Polizeigesetz) als Arbeitsgrundlage. Somit hat man nicht die Möglichkeiten einer Telefonüberwachung. Erst im Strafrecht erhöhen sich die Möglichkeiten. Allerdings ist es dann oft für das Opfer zu spät.

Leider ist dies das wahre Leben, und auch die wirklichen Polizisten müssen sich je nach Delikt an das betreffende Gesetz und deren Handlungsgrenzen halten. Selbst im Strafrecht gibt es Unterschiede in der Handlungsweite, denn dort wird deutlich zwischen Vergehen und Verbrechen unterschieden. Dafür ist die Telefonüberwachung eines der besten Beispiele.

Weiter im Drehbuch: "Wenn wir hier in Deutschland Methoden anwenden dürften, die in den USA und den Niederlanden längst Standard sind, dann wären wir mit Sicherheit schneller." – Welche Methoden kann der Kommissar hier meinen?

Hier stellt sich die Frage, ob er damit Handlungsmethoden bzw. Vernehmungsmethoden oder technische Methoden meint. Einen Test mit dem Lügendetektor benötigen wir in Deutschland nicht. In puncto Handlungsmethoden benötigen wir keine amerikanischen Methoden. Wir haben in Sachsen und auch im restlichen Bundesgebiet in den eigenen Reihen sehr fähige und clevere Ermittler.

In puncto technische Methoden wäre es allerdings sehr schön, wenn man in Deutschland nicht immer erst über Jahre wartet, bis man neue Technik anschafft und neue Wege mit neuen Gerätschaften geht. Man sollte endlich anfangen, nicht auf die Kosten für Technik zu achten, sondern auf deren Qualität und Einsatzmöglichkeit. Ein Thema, bei welchem man sich tatsächlich an der amerikanischen Polizei orientieren könnte, ist der Einsatz von diversen Spezialhunden (Differenzierungshunden, Mantrailer etc.).

Noch ein Satz: "Wir haben seine DNA, was könnten wir damit anfangen? Ich könnte sein Alter bestimmen, Haarfarbe, Augenfarbe, Schuhgröße bestimmen – aber ich darf's nicht!" – Wie läuft es in der Realität ab, wenn man "die DNA hat"? Welche Schritte müssen unternommen werden, um diese auszuwerten? Braucht es richterliche Beschlüsse dafür?

Dies könnte theoretisch so gehen, wenn genügend DNA vorhanden ist. Jedoch ist eine solche Auswertung im Strafverfahren nicht zulässig und umsetzbar. In der Theorie möglich, praktisch nicht.

Als erstes benötigt man überhaupt DNA, denn nicht jeder ist ein guter Verteiler von DNA. Es gibt Menschen, welche keine oder kaum DNA hinterlassen. Ist die DNA dann gesichert, kann diese als Spur ausgewertet werden. Es entstehen dann aus der Spur hoffentlich verschiedene DNA-Muster. Manchmal kann man diese nicht trennen und es sind unbrauchbare Mischspuren. Diese extrahierten DNA-Spuren werden durch die DNA-Datei, welche über Jahre angelegt wurde, geschickt. Darin befinden sich DNA-Muster, welche freiwillig von Beschuldigten oder per Beschluss abgenommen und gespeichert wurden. Leider erfolgt eine solche Einlegung in die Datei nur bei großen Delikten. Wenn man Glück hat, kommt man so zum Täter. Wenn nicht, kann man vorerst auf die freiwillige Abgabe der DNA des Beschuldigten bzw. Verdächtigen hoffen. Tut er dies nicht, muss ein richterlicher Beschluss beantragt werden. Erst dann können die DNA-Muster verglichen werden.

Hat man keinen Beschuldigten und benötigt eine Massen-DNA-Analyse, wird es kompliziert. Diese braucht den Beschluss des zuständigen Gerichtes und eines vorherigen gründlichen Konzeptes.

Was man immer braucht, ist die DNA des Opfers oder der berechtigten Personen, um diese als Verursacher auszuschließen. Deren DNA wird auf Freiwilligkeit für das laufende Verfahren verwendet und danach wieder gelöscht.

Wer untersucht eigentlich die DNA? Hat die Polizei dafür ein Labor, oder wer macht das?

In Sachsen wird DNA entweder durch das Landeskriminalamt oder durch die Rechtsmedizin der Unikliniken ausgewertet.

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