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Magdeburger "Polizeiruf 110": Ben Beckers große Nebenrolle


Ein Mann sieht Rot
Ben Beckers große Nebenrolle im Magdeburger "Polizeiruf"

MeinungVon Barbara Schaefer

Aktualisiert am 24.09.2018Lesedauer: 3 Min.
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Verwundet: Klaus (Ben Becker, mi.) erfährt von den Ermittlern Brasch (Claudia Michelsen) und Köhler (Matthias Matschke) vom Tod seiner Tochter.Vergrößern des Bildes
Verwundet: Klaus (Ben Becker, mi.) erfährt von den Ermittlern Brasch (Claudia Michelsen) und Köhler (Matthias Matschke) vom Tod seiner Tochter. (Quelle: MDR/filmpool fiction//Stefan Erhard)

Wenn eine junge Frau spät nachts mit Kopfhörern auf den Ohren eine Straße überquert, dann weiß man, dass das kein gutes Ende nehmen wird. So auch hier, in Magdeburg. Ein Auto rast heran, die Sektflasche in ihrer Hand zerschmettert in tausend Teile. Die Frau ist tot, der Raser auf der Flucht.

Das ist der Beginn dieses verstörenden "Polizeirufs", der auf verschiedenen Ebenen bedrückend ist und lange nachwirkt. Der Verdacht des Magdeburger Ermittlerteams Doreen Brasch (Claudia Michelsen) und Dirk Köhler (Matthias Matschke) fällt auf eine Handvoll Männer, sie nennen sich Le Magdeburg, nach Le Mans. Und sie betreiben illegale Autorennen in der Stadt. Wer langsam fährt, ist feig. Das erinnert fatal an den James-Dean-Filmklassiker "Denn sie wissen nicht, was sie tun". Hier aber wissen die Männer, was sie tun. Zu den Autorennen kommt noch Autoklau mit Drogenhandel. Wie sich alsbald zeigt, war die junge Frau keine Unbekannte und Unbeteiligte; zwei der Männer liebten sie. Und sie war schwanger.

Ben Beckers große Nebenrolle

Ein tragende Rolle dieses Dramas hat der Vater der verunglückten jungen Frau. Man sieht ihn wie er nach der Todesnachricht scheinbar ungerührt weiter seine Stulle schmiert. Aber weil Ben Becker – überraschend uneitel – diesen Mann spielt, schwärt die Trauer unterschwellig. Der Mann steht auf, schaut die Balkontüre an und sinniert, eine neue Scheibe könne er sich eigentlich nicht leisten. Und stößt unvermittelt seine Faust durchs Glas, erst jetzt kann er Schmerz spüren und zulassen. Becker spielt das zurückgenommen, jenseits allen Theaterdonners, was ihn in dieser Rolle zu einem großen Schauspieler macht.

War es ein Unfall, war es Mord, ging es um Drogen, um Eifersucht? Das Ermittlerteam Brasch und Köhler nimmt sich die verdächtigen Männer vor. Gleich der Erste wird beim Verhör ziemlich perfide eingekocht; die Frau werde ihn nicht mehr besuchen im Gefängnis, sagt Brasch. Aber sie wolle ihm keine Angst machen, sondern ein Angebot.

Wann ist ein Mord ein Mord?

Aber warum werden die Kommissare überhaupt bei einem Verkehrsunfall tätig? Nach neuer Gesetzeslage handle es sich um Mord, wenn es bei illegalen Autorennen zu einem Todesfall kommt, heißt es hier. Das stimmt so allerdings nicht mehr. Die Aussage bezog sich wohl auf einen Fall in Berlin, da waren 2016 zwei Männer mit 170 Kilometern pro Stunde über den Kurfürstendamm gerast und töteten dabei einen Mann. Sie wurden wegen Mordes verurteilt. Doch der Bundesgerichtshof hob das Urteil später auf. Da war der Magdeburger "Polizeiruf" aber schon abgedreht.

Verdächtig ist auch der reiche, letzte Freund (Anton von Lucke) der jungen Toten. Im leeren Herrenhaus prostet er seinem nicht anwesenden Vater zu und fährt auf der Spielzeug-Rennbahn Autorennen. Gut gekleidet, blassiert, eitel – er wird als reiches Söhnchen vorgeführt, man mag ihn gleich nicht. Was aber nur die Fallhöhe vergrößert. Denn trotz aller Querverbindungen war es am Ende eben doch kein Mord. Aus Versehen hat der Raser seine schwangere Geliebte tot gefahren.

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Ermittlerin Brasch lernt man in dieser Folge von einer anderen Seite kennen. Um die Verfolgung aufnehmen zu können, bekommt sie einen schnellen Dienstwagen. Wir sehen: Dem Rausch der Geschwindigkeit gibt auch sie sich gerne hin. Es sei wie eine Sucht, um sich selber zu spüren, heißt es an einer Stelle. Eine Frau fährt schnell.

Ein Mann sieht Rot

Und ein Mann sieht Rot. Der Vater – Ben Becker – vertraut der Justiz nicht, wird zum Rächer, und fährt mit Vorsatz einen jungen Mann tot. Spätestens jetzt wird der "Polizeiruf" zum Drama griechischen Ausmaßes (Drehbuch: Wolfgang Stauch). Ben Becker spielt den Vater als eine verwundete Seele, traurig, bewegend, tragisch.

Was diesen "Polizeiruf" auszeichnet: Auch die Nebenrollen sind erstklassig besetzt, allen voran Ben Becker, eine waidwunde Seele in einem massigen Kerl. Aber auch Steven Scharf als Polizeipsychologe Niklas Wilke, der hier seinen zweiten Auftritt hat, gehört zu den Großen des Fachs, er war 2013 Schauspieler des Jahres, gehörte zum Ensemble der Münchner Kammerspiele.

Am Ende bleibt nur schiere Verzweiflung. Die Kommissarin sinkt in die Arme des Ex-Therapeuten. Aber man ahnt, dass auch hierin keine Rettung und keine Zukunft liegt.

Verwendete Quellen
  • "Polizeiruf" vom 23. September
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