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"Knallharter Betrug": So führen Autohersteller ihre Kunden hinters Licht


So führen Autohersteller ihre Kunden hinters Licht

Von Markus Abrahamczyk

Aktualisiert am 12.02.2020Lesedauer: 4 Min.
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Mercedes-Neuwagen: Die Deutsche Umwelthilfe enttarnt "immer wieder äußerst erfinderische Werbelügen".Vergrößern des Bildes
Mercedes-Neuwagen: Die Deutsche Umwelthilfe enttarnt "immer wieder äußerst erfinderische Werbelügen". (Quelle: Deutzmann/imago-images-bilder)

Sie erfinden Effizienzklassen, stellen haarsträubende Vergleiche an: Laut eines Verbandes schrecken Autohersteller nicht davor zurück, ihre Kunden zu betrügen. Vier Beispiele für "äußerst erfinderische Werbelügen".

Die Grenzen von Recht und Gesetz: Einige Autobauer scheinen sich von ihnen nicht aufhalten zu lassen. Diesen Vorwurf erhebt die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Der Verein prüft immer wieder die Aussagen der Hersteller daraufhin, ob sie erlaubt sind – und ob sie stimmen. Dabei enttarne der Verein immer wieder erfinderische Werbelügen.

Das Fazit der Umweltschützer zum Vorgehen der Konzerne: "Die Automobilhersteller betrügen ihre Kunden systematisch." Auch gegen die Behörden von Bund und Ländern erhebt die DUH schwere Vorwürfe. Sie würden wegschauen und sich weigern, die schwerwiegenden Verstöße zu verfolgen. Hier sind vier Beispiele für solche Fehltritte der Autohersteller.

Neue Effizienzklassen erfunden

Das Energieeffizienz-Label soll auf den ersten Blick zeigen, wie sauber ein Auto ist. Dazu gibt es eine farbige Skala: Sehr saubere Autos erhalten ein grünes A+, sehr schmutzige ein rotes G.

So ein schmutziges rotes G will natürlich kein Autohersteller. Da wäre es doch gut, wenn das G gar nicht so schmutzig wäre.

Volkswagen erfand deshalb im Dezember 2011 kurzerhand eine neue Effizienz-Klasse, das H. Und schon sahen schmutzige Autos der Klasse G auf dem Label sauberer aus, als sie waren.

Noch weiter ging Cadillac: Die US-Marke schummelte gleich sechs neue Klassen auf das Label: H, I, J, K, L und M. Später endete das Label auch bei Hyundai plötzlich bei H statt bei G.

Laut der DUH wollten weder Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) noch Niedersachsens damals amtierender Umweltminister Hans-Heinrich Sander († 2017, FDP, Rücktritt 2012) gegen diese Fälschungen vorgehen. Stattdessen stoppten die Verbraucherschützer den Etikettenschwindel.

"Emissionen auf Minimum reduziert"?

Das klang vielversprechend: "BlueTec reduziert die Emissionswerte unserer hochmodernen Dieselmotoren auf ein Minimum." So bewarb Mercedes seine C-Klasse (Modell C 220 BlueTec).

Messungen zeigten das Gegenteil: Der Mercedes hat die erlaubten Stickoxid-Grenzwerte um das 28-fache überschritten, sagt die DUH. Von allen untersuchten Autos schnitt die C-Klasse damit am schlechtesten ab.

Die Mercedes-Ansage – eine Werbelüge? Das ließ die DUH vor Gericht klären. Dort präsentierte Daimler eine erstaunliche Erklärung für sein vollmundiges Versprechen: "Reduzierung auf ein Minimum" – das bezog sich nicht auf die sauberen Motoren der Konkurrenz. Gemeint war viel mehr: der Vergleich mit den anderen Mercedes-Motoren. Denn diese seien eben noch schmutziger.

Dass illegale Abschalteinrichtungen in dem Auto stecken, bestritt der Hersteller. Später bestätigte hingegen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) intern die DUH-Untersuchungen: Drei Millionen Mercedes-Autos seien mit illegalen Abschalteinrichtungen manipuliert worden.

Spitzenmodell verbraucht nichts?

Noch einmal Mercedes: Als die Luxusmarke 2013 ihre neue S-Klasse herausbrachte, waren Zeitungen und Plakatwände voll mit Anzeigen. Sie erklärten, wie schön das Auto sei, wie bequem – und wie sauber. Seltsam: Die Angaben zu Verbrauch und Schadstoffen stimmten überhaupt nicht. Die miesen Werte des Topmodells fehlten gleich komplett – ein "knallharter Betrug", so die DUH.

Die Umweltschützer wollten die Sache zunächst außergerichtlich klären. Mercedes habe sich aber geweigert, die Angaben zu korrigieren. Daraufhin setzte die DUH eine einstweilige Verfügung und ein Ordnungsgeld durch – das übrigens in die Staatskasse floss.

Sauber für 21 Minuten

Einen "geringen Ausstoß an Emissionen" verspricht Fiat für seinen 500X. Wenn das überhaupt stimmt, dann wohl nur für kurze Zeit. Denn nach 21 Minuten schalte sich die Abgasreinigung des SUVs komplett aus, so die DUH. Warum nach 21 Minuten? Weil die Abgasmessungen auf dem Prüfstand genau 20 Minuten dauern. Anschließend stoße der Fiat bis zu 22-mal so viele Emissionen aus wie erlaubt.

Das Bundesverkehrsministerium bestätigte später: Diese Abschalteinrichtung ist illegal. Zudem könne das Ministerium empfindliche Strafen gegen den Autobauer verhängen – bis zu 5.000 Euro je Auto.

Das haben die zuständigen Vollzugsbehörden laut der DUH aber bis heute nicht getan.

Bundesgerichtshof stärkt DUH den Rücken

Die Deutsche Umwelthilfe wird häufig als Klageverband bezeichnet, da ihre juristischen Maßnahmen zu etlichen Fahrverbotsurteilen in ganz Deutschland geführt haben. Dabei geht es um Luftreinheitswerte, die in etlichen Innenstädten weit überschritten werden.

Gegner hat die DUH deshalb zur Genüge, etwa in der Autoindustrie und der CDU. Sie behaupten, die Organisation würde mit Abmahnungen viel Geld verdienen. Was sie verschweigen: Die DUH ist ein gemeinnütziger Verein und darf als solcher überhaupt keine Gewinne machen.

Dass die Arbeit der DUH rechtens sei, bestätigte in der vergangenen Woche der Bundesgerichtshof (BGH). Er sprach die Organisation vom Vorwurf des Rechtsmissbrauchs frei.

Geklagt hatte ein Mercedes-Händler. Mit Unterstützung des Kfz-Gewerbes wollte er der DUH Profitabsichten und unzulässige Querfinanzierungen nachweisen.


Zuvor war seine Firma selbst von der DUH abgemahnt worden: Die Felix Kloz GmbH hatte laut DUH falsch über Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß eines Neuwagens informiert.

Verwendete Quellen
  • duh.de
  • Eigene Recherche
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