Verbreiteter Irrglaube Mythos Gehaltserhöhung: Warum mehr Brutto nie weniger Netto ist

Nach der Gehaltserhöhung mehr Brutto, aber weniger Netto? Das kann aus mathematischer Sicht niemals passieren. Und doch hält sich die Annahme hartnäckig.
Kann eine Gehaltserhöhung tatsächlich dazu führen, dass weniger Geld im Portemonnaie landet? Also, dass das ausgezahlte Nettogehalt geringer ist als vor der Erhöhung? Dieser Mythos hält sich zumindest hartnäckig. Er ist aber schlichtweg falsch. "Eine Gehaltserhöhung kann das Netto zwar geringer steigen lassen, als viele erwarten, doch mathematisch ist es ausgeschlossen, dass das Nettogehalt insgesamt sinkt", sagt Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler.
Was oft dahintersteckt, ist eine Verwechslung zwischen dem Grenz- und dem Durchschnittssteuersatz. Denn in Deutschland gilt das Prinzip der progressiven Besteuerung. Wenn das Gehalt steigt, kann es passieren, dass auf die zusätzlich verdienten Euros ein höherer Grenzsteuersatz Anwendung findet – aber eben ausdrücklich nicht auf das gesamte Gehalt. Das lässt den Durchschnittssteuersatz zwar auch mit ansteigen. Es kann aber in keinem Szenario – egal ob Gering- oder Großverdiener – nach einer Gehaltserhöhung zu einem geringeren Auszahlbetrag als zuvor führen.
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Ein Beispiel: Wird das Gehalt von 45.000 Euro auf 47.000 Euro brutto im Jahr erhöht, dann wird nur der zusätzliche Betrag von 2.000 Euro höher besteuert. Selbst wenn für diesen Betrag also die Steuerlast steigt, verändert sie sich für die übrigen 45.000 Euro nicht. Darum bleibt netto immer noch mehr übrig als vor der Gehaltserhöhung.
In Kombination mit Sozialleistungen wird's knifflig
Was aber zu beachten ist: In Kombination mit bestimmten Sozialleistungen wie etwa Elterngeld, Kinderzuschlag oder Wohngeld kann es vorkommen, dass sich durch ein höheres Einkommen finanzielle Vorteile reduzieren oder sogar ganz aufheben.
In solchen Fällen, in denen Steuerpflichtige ein eigenes Einkommen plus Sozialleistungen beziehen, kann sich das Gesamteinkommen dem Bund der Steuerzahler zufolge darum tatsächlich verringern. Dieses Minus entsteht dann aber rein durch Abzüge bei den staatlichen Leistungen.
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Nie weniger, aber manchmal weniger als erhofft
Darum gilt ganz grundsätzlich: Eine Gehaltserhöhung macht niemanden ärmer. Zwar kann es sein, dass der Nettozuwachs durch Steuern und Abgaben enttäuschend gering ausfällt. Sinken kann das Nettogehalt dadurch aber nie. Der Bund der Steuerzahler vermutet, dass sich der Mythos eben aufgrund dieser Ernüchterung, dass der Effekt geringer ausfällt als erhofft, so hartnäckig hält.
Wer dem Frust vorbeugen möchte, kann mit seinem Arbeitgeber auch über steuerbegünstigte Zusatzleistungen anstelle von mehr Gehalt verhandeln. Das können etwa ein Fahrtkostenzuschuss, ein steuerfreier Sachbezug oder ein Jobticket sein. "Diese kommen netto oft wirksamer an als ein kleines Bruttoplus", sagt Daniela Karbe-Geßler.
- Nachrichtenagentur dpa