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Prozesskostenhilfe: Voraussetzungen, Antrag, Rückzahlung


Bei geringem Einkommen
So beantragen Sie Prozesskostenhilfe

Von t-online, cho

Aktualisiert am 23.03.2023Lesedauer: 4 Min.
Anwalt vor Gericht (Symbolbild): Ein Antrag auf Prozesskostenhilfe kann sich lohnen.Vergrößern des BildesAnwalt vor Gericht (Symbolbild): Ein Antrag auf Prozesskostenhilfe kann sich lohnen. (Quelle: U.J. Alexander/imago-images-bilder)

Wer sein Recht durchsetzen möchte, braucht oft einen langen Atem und vor allem Geld. Haben Sie das nicht, springt der Staat ein. Was Sie dafür tun müssen.

Ob bei einer Klage auf Unterhalt, Ärger um Hartz IV oder Streit beim Erbe – wer kaum Geld hat, aber Unterstützung vor Gericht braucht, kann Prozesshilfekosten beantragen. Wir zeigen Ihnen, welche Voraussetzungen Sie dafür erfüllen müssen, wie Sie den Antrag stellen und welches Restrisiko bleibt.

Was ist Prozesskostenhilfe?

Prozesskostenhilfe soll es einkommensschwachen Personen ermöglichen, ihr Recht vor Gericht zu erstreiten. Der Staat trägt sie als Form der Sozialhilfe, um Chancengleichheit beim Rechtschutz zu gewährleisten. Um Prozesskostenhilfe zu bekommen, müssen Sie einen Antrag bei Gericht stellen und eine Bedürftigkeitserklärung abgeben (siehe unten).

Gut zu wissen: Benötigen Sie den Rechtsbeistand lediglich außerhalb eines Gerichtsverfahrens, können Sie auch Beratungshilfe beantragen. Sie zahlen für die Rechtsberatung dann nicht mehr als 15 Euro.

Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen?

Um Prozesskostenhilfe zu bekommen, ist es entscheidend, dass Sie die Kosten für das Gerichtsverfahren nicht, nur zum Teil oder nur in Raten zahlen können. Mehr zur Berechnung lesen Sie unten.

Im Antrag müssen Sie zudem den Prozess näher erläutern. Denn Sie haben nur dann ein Recht auf Prozesskostenhilfe, wenn hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht und wenn der Prozess nicht mutwillig erscheint.

Ebenso wird das Gericht den Antrag ablehnen, wenn eine andere Stelle – zum Beispiel eine Rechtsschutzversicherung – für die Kosten aufkommen könnte. Prozesskostenhilfe können sowohl Kläger als auch Beklagte beantragen.

Wie beantrage ich Prozesskostenhilfe?

Prozesskostenhilfe beantragen Sie in der Regel bei dem Gericht, vor dem Ihr Verfahren stattfinden soll. Dabei müssen Sie nachweisen, dass Sie die Kosten tatsächlich nicht stemmen können, indem Sie Ihr Vermögen und Einkommen auflisten.

Dazu nutzen Sie das Formular "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe". Zusätzlich sind Kopien folgender Dokumente nötig:

  • Lohnnachweis, Rentenbescheid oder Arbeitslosengeldbescheid
  • Personalausweis
  • Nachweis über monatliche Zahlungsverpflichtungen (zum Beispiel Mietvertrag)
  • Kontoauszüge der vergangenen drei Monate
  • Unterlagen zum Rechtsstreit (zum Beispiel Beweise)

Anschließend stellt Ihnen das Gericht einen Berechtigungsschein aus, mit dem Sie zu einem Anwalt Ihrer Wahl gehen können. In Hamburg und Bremen ist allerdings die öffentliche Rechtsberatung zuständig.

Gut zu wissen: Beachten Sie, dass es einige Zeit dauern kann, bis Ihr Antrag auf Prozesskostenhilfe bewilligt wird. Die Verfahrensdauer kann sich dadurch um bis zu drei Monate verlängern.

Muss ich Prozesskostenhilfe zurückzahlen?

Ja. Sie erhalten Prozesskostenhilfe in der Regel als Darlehen und müssen sie in monatlichen Raten über höchstens 48 Monate, also vier Jahre, zurückzahlen. Ausnahme: Liegt die monatliche Rate unter 10 Euro, wird von einer Rückzahlung abgesehen.

Schaffen Sie es nicht, die Verfahrenskosten bis zum Ablauf der Frist vollständig zurückzuzahlen, kann Ihnen die Restschuld erlassen werden.

Wichtig: Während der vier Jahre sind Sie verpflichtet, einmal im Jahr Auskunft über Ihre finanzielle Lage zu geben. Verbessert sich Ihre Situation, zahlen Sie eventuell mehr an den Staat.

Wie wird die Prozesskostenhilfe berechnet?

Um Prozesskostenhilfe zu erhalten, müssen Sie bedürftig sein. Ob dem so ist, bemisst sich an Ihrem einzusetzenden Einkommen und Vermögen. Ein Teil des Vermögens gilt allerdings als Schonvermögen und muss nicht eingesetzt werden.

Dazu gehören in der Regel eine selbstbewohnte Immobilie, Vermögen, das Sie für Berufsausbildung und Altersvorsorge nutzen sowie Barbeträge und sonstige Geldwerte in Höhe von 5.000 Euro für jede volljährige oder alleinstehende minderjährige Person. Für jede unterhaltsberechtigte Person kommen weitere 500 Euro hinzu.

Haben Sie kein ausreichendes Vermögen, um den Prozess zu zahlen, kommt es noch auf Ihr einzusetzendes Einkommen an. Hilfe erhalten Sie grundsätzlich dann, wenn die voraussichtlichen Prozesskosten vier Monatsraten übersteigen. Eine Monatsrate beläuft sich dabei auf die Hälfte des einzusetzenden Einkommens.

Um das einzusetzende Einkommen zu berechnen, werden von Ihrem Bruttoeinkommen Steuern, Vorsorgeaufwendungen, Werbungs- und Wohnkosten sowie verschiedene Freibeträge abgezogen.

Für 2023 gelten folgende Freibeträge:

  • Arbeitslose: 551 Euro
  • Berufstätige: 802 Euro
  • Für Ehe- oder Lebenspartner: 552 Euro
  • Für unterhaltsberechtigte Erwachsene: 442 Euro
  • Für unterhaltsberechtigte Jugendliche vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres: 462 Euro
  • Für unterhaltsberechtigte Kinder vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres: 383 Euro
  • Für unterhaltsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres: 350 Euro

In Landkreisen mit besonders hohen Lebenshaltungskosten gelten höhere Freibeträge. Die Freibeträge für unterhaltsberechtigte Personen werden um deren Einkommen gemindert – bei Kindern also um das Kindergeld.

  • Beispiel: Nehmen wir an, Sie wollen sich von Ihrem getrennt lebenden Ehemann scheiden lassen. Die Kosten für den Prozess belaufen sich auf voraussichtlich 2.000 Euro. Ihr Nettoeinkommen beträgt 1.800 Euro, Sie haben ein 16-jähriges Kind und geben monatlich 600 Euro für Wohnen und Heizen aus. Die Rechnung sieht dann wie folgt aus: 1.800 Euro Nettoeinkommen minus 600 Euro Wohnkosten, minus 802 Euro Freibetrag für Berufstätige, minus 462 Euro Freibetrag fürs Kind plus 250 Euro Kindergeld – macht 186 Euro einzusetzendes Einkommen.

Da die monatliche Rate die Hälfte des einzusetzenden Einkommens beträgt, liegt sie in diesem Fall bei 93 Euro. Vier Monatsraten belaufen sich also auf 372 Euro – und liegen damit unter den voraussichtlichen Prozesskosten von 2.000 Euro.

Das bedeutet: Sie haben Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Weil die monatliche Rate allerdings über 10 Euro liegt, müssen Sie die Unterstützung später zurückzahlen.

Welches Risiko besteht bei Prozesskostenhilfe?

Ein Nachteil der Prozesskostenhilfe tritt ein, wenn Sie vor Gericht verlieren. Üblicherweise müssen Sie dann auch die Kosten der Gegenpartei tragen – also Gerichtsgebühren und die Kosten für den Rechtsanwalt. Eine Ausnahme gilt in der ersten Instanz beim Arbeitsgericht: Sollten Sie dort verlieren, müssen Sie nichts erstatten.

Ein weiterer Nachteil: Meist benötigen Sie bereits anwaltliche Hilfe, um Ihr Recht auf Prozesskostenhilfe geltend zu machen. Sollte Ihr Antrag jedoch abgelehnt werden, müssen Sie alle bis dahin entstandenen Kosten selbst tragen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
  • Bundesrechtsanwaltskammer
  • hensche.de
  • unterhalt.net
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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