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Inflation in Deutschland: Was ist Geldentwertung?


Das bedeutet die Inflation für Sparer und Verbraucher

  • Christine Holthoff
  • Florian Schmidt
Von C. Holthoff, M. Kloft, F. Schmidt

Aktualisiert am 29.03.2023Lesedauer: 7 Min.
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Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.

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Strom, Gas, Heizöl: So entwickelten sich die Preise in den letzten Jahrzehnten. Eine Expertin erklärt, warum. (Quelle: t-online)

Die Inflation gilt als eine der Urängste der Deutschen. Sie liegt derzeit auf dem höchsten Stand seit 40 Jahren. Was die Hintergründe sind und welche Folgen das für Sparer, Anleger und Verbraucher hat.

Die Preise in Deutschland ziehen weiter deutlich an. Vor allem steigende Energiepreise halten die Teuerung auf hohem Niveau. In Deutschland lag die Inflationsrate im November 2022 bei 10,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt in einer ersten Schätzung mitteilte.

t-online erklärt die Hintergründe und welche Auswirkungen die steigenden Preise auf Sparer und Anleger haben.

Weshalb steigen die Verbraucherpreise?

Angetrieben wird die Inflation in Deutschland und im Euro-Raum aktuell von mehreren Faktoren, hauptsächlich jedoch von den steigenden Energiepreisen.

Zuvor hatte vor allem die anziehende Weltkonjunktur die Preise gesteigert, besonders die Wirtschaft der Schwergewichte USA und China wächst rasant. Der russische Krieg gegen die Ukraine birgt aber neue Risiken für die Wirtschaft.

Die Ölpreise zogen seit dem Angriff deutlich an, mit ihnen die Spritpreise. Im Falle eines Importstopps für russisches Öl und Gas könnten die Preise noch deutlicher steigen (siehe unten).

Welche Ursachen hat Inflation grundsätzlich?

In der Praxis entsteht Inflation, wenn die Verbraucherpreise steigen. Dabei unterscheidet man zwischen einer Angebots- und einer Nachfrageinflation.

  • Angebotsinflation: Unternehmen können eine Inflation forcieren, wenn sie ihre Preise erhöhen. Zum Beispiel, um ihren Gewinn zu steigern oder um gestiegene Kosten – etwa für Energie oder Löhne – an die Konsumenten weiterzugeben.
  • Nachfrageinflation: Genauso möglich ist es, dass die Verbraucher so viele Produkte und Dienstleistungen kaufen wollen, dass das Angebot nicht ausreicht. In diesem Fall treibt die Nachfrage die Inflation an, da die Hersteller und Anbieter für ihre knappen Waren mehr Geld verlangen können. Häufig ziehen in diesem Fall mit den Preisen auch die Löhne an, so dass sich eine selbst verstärkende Lohn-Preis-Spirale in Gang setzt. Das kann die Inflation noch weiter befeuern.

Inflation: Der Begriff bezeichnet einen anhaltenden Anstieg des Preisniveaus. Verkürzt gesagt: Inflation herrscht, wenn die Preise für eine große Anzahl an Waren, Produkten und Dienstleistungen steigen und nicht wieder sinken. Passiert das, verringert sich die Kaufkraft des Geldes. Ein Euro ist also weniger wert. Aus diesem Grund spricht man bei einer Inflation auch von einer Geldentwertung.

Wie geht es mit der Inflation weiter?

Sie wird weiter steigen. Die Bundesbank rechnete Anfang März mit einer Inflationsrate im Jahresdurchschnitt von fünf Prozent. Andere Ökonomen gehen gar noch weiter: Sollte es einen Lieferstopp für russisches Gas geben, sei mit einer noch deutlicheren Teuerung zu rechnen, warnten das Münchner Ifo-Institut sowie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Der Preisanstieg würde sich dann aber nicht nur auf das Öl beziehen, sondern "auch Lebensmittel verteuern sich", sagte Ifo-Chef Clemens Fuest. Wirtschaftlich sei klar, dass die Kosten eines Lieferstopps "für uns relativ hoch wären". Letztlich sei dies aber eine politische Entscheidung.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, ging noch einen Schritt weiter und warnte vor einer Teuerung von bis zu zehn Prozent. "Wahrscheinlich wird es im laufenden Jahr Inflationsraten von deutlich über fünf Prozent geben", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Im Fall einer Eskalation des Kriegs und immer neuer Sanktionen kann es sogar Richtung zehn Prozent gehen."

Wie geht die EZB mit der anziehenden Inflation um?

In der Theorie hat die Inflation vor allem mit der Geldmenge zu tun. Die Idee: Je mehr Geld im Umlauf ist, desto weniger ist es wert – und desto höher sind die Preise. Steigt die Geldmenge also, steigt auch das Preisniveau.

Die Kontrolle über die Geldmenge haben Noten- und Zentralbanken. Im Falle der Eurozone ist das die Europäische Zentralbank (EZB). Über verschiedene Mechanismen kann sie dafür sorgen, dass die Geldmenge steigt oder sinkt.

Die EZB ist damit die oberste Wächterin der Inflation. Ihr Auftrag ist die sogenannte Geldwertstabilität. Ziel der EZB ist es also, den Wert des Geldes dauerhaft stabil zu halten und gleichzeitig Wirtschaftswachstum zu ermöglichen.

Dafür peilt die EZB nach einem Strategiewechsel eine jährliche Inflationsrate von zwei Prozent an und ist dabei zumindest zeitweise bereit, eine moderate Über- oder Unterschreitung dieser Marke zu akzeptieren.

Welche Folgen hat Inflation für Verbraucher, Sparer und Anleger?

Viele Deutschen haben nicht umsonst Angst vor steigenden Preisen, die kurzfristigen Auswirkungen der Inflation sind für die meisten Menschen eher schlecht. Verbraucher müssen für ihre alltäglichen Ausgaben mehr Geld auf den Tisch legen – auf kurze Sicht ein Problem, sofern nicht das Gehalt parallel ebenfalls steigt.

Sparern setzt die Inflation ebenfalls zu: Angesichts der niedrigen Zinsen, die viele Banken auf Spar-, Giro-, Tagesgeld- und Festgeldkonten geben, schrumpft die Kaufkraft ihrer Ersparnisse. Das heißt: Von der "nominellen" Summe, die sie auf dem Konto liegen haben, können sie sich "real" weniger kaufen.

Für Anleger sind die Konsequenzen vielschichtiger: Haben sie ihr Geld an der Börse in Aktien investiert, müssen ihnen die direkten Folgen der Inflation zunächst keine Angst machen, die Kurse steigen tendenziell erst einmal weiter. Durch die indirekten Folgen aber kann sich das schnell ändern.

Denn: Die Zentralbanken werden sich mittelfristig gezwungen sehen, die Zinsen zu erhöhen – was Aktien unattraktiver macht. Umgekehrt profitieren vom höheren Zins all jene Anleger, die ihr Geld etwa in Anleihen investiert haben.

Gibt es eine persönliche Inflationsrate?

Die Teuerungsrate ist ein Durchschnittswert, der dem individuellen Einkaufsverhalten einzelner Verbraucherinnen und Verbraucher nicht unbedingt gerecht wird. Zudem gibt es Preise, die Menschen besonders stark wahrnehmen. Das sind vor allem Güter, die man häufiger kauft, zum Beispiel Lebensmittel.

Verbraucher können mit Hilfe des Inflationsrechners auf der Homepage des Statistischen Bundesamtes ihre persönliche Inflationsrate ausrechnen und mit dem amtlichen Verbraucherpreisindex vergleichen.

Wen trifft die Inflation besonders?

Geringverdiener, die einen Großteil ihres Einkommens für Lebensmittel und Energie wie Strom, Heizöl oder Sprit aufwenden müssen, spüren die Inflation oft besonders deutlich. Denn häufig sind gerade die Energiepreise die Treiber der Inflation.

Zu den Verlierern einer Inflation zählen auch Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und Rentner, deren Leistungen der Staat nicht schnell genug erhöhen kann, um die gestiegenen Preise auszugleichen.

Kann ich einer Inflation entkommen?

Ja, das geht. Dazu sollten bei Ihren Geldanlagen wie Tages- oder Festgeldkonten die Zinsen oberhalb der Inflationsrate liegen. Zurzeit sind die Zinsen jedoch sehr niedrig.

Stattdessen können Sie auf eine langfristige Anlage an der Börse setzen – etwa mit Aktien oder Fonds. Die Erträge liegen hier oft deutlich höher als bei klassischen Anlagen wie etwa dem Sparbuch.

Mit einer Aktie werden Sie zudem zum Miteigentümer an einem Unternehmen. Außerdem beteiligen viele Unternehmen ihre Aktionäre an ihrem Gewinn, schütten also sogenannte Dividenden aus.

Als inflationssichere Geldanlagen gelten zudem Gold oder Immobilien. Doch Vorsicht: Für Kleinanleger ist ein solches Investment meist sehr teuer.

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Wer profitiert von einer Inflation?

Die Inflation kommt vor allem Schuldnern entgegen. Verbraucher, Unternehmen oder auch der Staat können sich leichter entschulden.

Denn: Steigt das Preisniveau, verlieren Schulden relativ an Wert. Schuldner können sich schneller mit Geld eindecken, während sich der reale Wert des Kredits verringert und schneller zurückgezahlt werden kann.

Zum Ausgleich der Inflation müssen aber auch die Einkommen steigen, damit die Verbraucher die Entwertung ihrer Schulden auch wirklich spüren.

Wie wird die Inflationsrate ermittelt?

Um die Inflationsrate zu bestimmen, orientieren sich Statistiker an einem sogenannten Preisindex. Dieser gibt für einen imaginären Warenkorb an, wie sich die Preise der Güter und Dienstleistungen in dem Korb im Zeitverlauf verändert haben. Im Korb enthalten sind etwa die Preise für Butter, Heizöl oder Fernseher.

Der bekannteste Preisindex im Euro-Raum ist der sogenannte Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI). Auf diesen bezieht sich die EZB in ihren Berechnungen (siehe oben).

Die Inflationsrate wird aus dem Preis des gesamten Warenkorbs in einem Monat im Vergleich zum Preis desselben Warenkorbes im Monat des Vorjahres errechnet. Die Teuerungsrate bezeichnet demnach die prozentuale Veränderung der Lebenshaltungskosten innerhalb eines Jahres.

Bei der Ermittlung der Inflationsrate spielt die Gewichtung der Güter eine wichtige Rolle. Dabei wird den Preisen von Produkten, für die im Durchschnitt mehr Geld ausgegeben wird – wie zum Beispiel Strom – eine größere Bedeutung beigemessen als zum Beispiel Produkten, für die weniger Geld ausgegeben wird.

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Warum gilt Inflation als "Urangst der Deutschen"?

In den 1920er-Jahren, in der Weimarer Republik, schnellte die Inflation drastisch nach oben. Das Deutsche Reich musste Reparationen nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg bezahlen. Zudem hatten die Deutschen dem Staat über sogenannte Kriegsanleihen Milliarden für den Krieg geliehen, das er wieder zurückzahlen musste.

Das Deutsche Reich ließ daher Unmengen Geld drucken, das aber keinen reellen Gegenwert hatte. Das Ganze verschärfte sich, als Frankreich Anfang 1923 das Ruhrgebiet besetzte, die Reichsführung zum Generalstreik aufrief und die Löhne von Millionen Arbeitern weiterzahlte.

Im Deutschen Reich kam es in der Folge zu einer Hyperinflation: Davon spricht man im Allgemeinen bei einer Inflationsrate von mehr als 50 Prozent im Monat. Den Höhepunkt erreichte sie im Oktober 1923 mit unvorstellbaren 29.525 Prozent. Das Geld war nicht mehr den Schein wert, auf den es gedruckt war.

Die Hyperinflation wurde durch eine Währungsreform im November 1923 gestoppt, als der Staat die Rentenmark einführte: eine Rentenmark bekam man gegen eine Billion Papiermark. Diese Hyperinflation wird oft als "Urtrauma" oder auch "Urangst der Deutschen" bezeichnet.

Droht uns eine solche Inflation erneut?

Nein, sicherlich nicht. Denn die Situation von damals ist zu heute kaum vergleichbar.

So war beispielsweise zur Zeit der Hyperinflation die Zentralbank nicht unabhängig – anders als heutzutage die Bundesbank bzw. die Europäische Zentralbank. Das heißt: Kein Staat kann diktieren, dass die Notenbank Geld drucken soll.

In den vergangenen zehn Jahren waren die Inflationsraten oftmals unter der Zielmarke der EZB von 2 Prozent. Durch die Erholung nach der Corona-Krise sowie steigende Energiepreise zieht die Inflation aber derzeit deutlich an (siehe oben).

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Was unterscheidet Inflation und Deflation?

Auch eine zu geringe Inflation birgt eine große Gefahr: die einer Deflation.

Eine Deflation ist das Gegenteil einer Inflation: Die Preise sinken dauerhaft. Was erst einmal gut klingt, kann dafür sorgen, dass Unternehmen und Verbraucher ihre Investitionen und Ausgaben aufschieben.

Darunter leiden wiederum andere Firmen, die nichts mehr verkaufen können – und deshalb womöglich gar Mitarbeiter entlassen. Verlieren Menschen in der Deflation ihren Job, kaufen sie noch weniger ein, weil sie sparen müssen. Diese Abwärtsspirale halten Ökonomen für noch gefährlicher für eine Volkswirtschaft als eine Inflation.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Deutsches Historisches Museum
  • Statistisches Bundesamt
  • Europäische Zentralbank
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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