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Pflegeschülerin über Corona-Krise: Ich befürchte eine Welle von Neuinfizierten


Pflegeschülerin zum Coronavirus
"Ich habe Bedenken, dass es eine Welle von Neuinfizierten geben könnte"

InterviewVon Sandra Simonsen

Aktualisiert am 25.04.2020Lesedauer: 5 Min.
Interview
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Lara-Sophie Grellner: Die 23-Jährige ist im dritten Lehrjahr zur Gesundheits- und Krankenpflegerin.Vergrößern des Bildes
Lara-Sophie Grellner: Die 23-Jährige ist im dritten Lehrjahr zur Gesundheits- und Krankenpflegerin. (Quelle: Malteser Waldkrankenhaus St. Marien/Petra Hollederer)

Überstunden, wenig Geld, Ansteckungsgefahr: Viele Pflegekräfte kritisieren während der Corona-Krise Ihren Beruf. Pflegeschülerin Lara-Sophie Grellner erzählt im t-online.de-Interview von Chancen, Ängsten und Zusammenhalt.

Für Lara-Sophie Grellner war früh klar: Sie will Krankenschwester werden. Deshalb hat die heute 23-Jährige zuerst eine Ausbildung zur Assistentin für Ernährung und Versorgung gemacht, um die Mittlere Reife nachzuholen und sich so für die Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin zu qualifizieren. Mittlerweile ist sie im dritten Ausbildungsjahr am Malteser Waldkrankenhaus in Erlangen und trotz Corona-Krise zufrieden mit ihrem Job. Gerade arbeitet sie in der Notaufnahme. Im Gespräch mit t-online.de erzählt sie aber auch, was sie sich von der Politik wünschen würde und welche Sorgen sie hat.

t-online.de: Es gibt ja immer mehr Kritik von Pflegekräften und Ärzten zu unserem Gesundheitssystem – warum möchten Sie diesen Beruf trotzdem erlernen?

Lara-Sophie Grellner: Es gibt in jedem Beruf gute und schlechte Seiten. Aber für mich ist dieser Beruf genau das, was ich machen möchte. Und ich bin auch wirklich sehr erfüllt jeden Tag, wenn ich aus der Arbeit gehe. Man bekommt so viel zurück von den Patienten, dass es sich für mich einfach lohnt. Und ich kann auch wirklich nur jedem anderen raten: Macht die Ausbildung! Viele Leute denken falsch über den Beruf und wissen gar nicht, wie schön das sein kann. Natürlich gibt es Personalmangel und in vielen Kliniken ist wirklich Not am Mann. Aber für mich ist es wirklich der schönste Beruf.

Welches sind während der Corona-Krise bisher die größten Herausforderungen für Sie gewesen?

Ich würde sagen, besonders schwierig war die Anfangszeit und die Ungewissheit. Man hat nicht gewusst, was auf einen zukommt. Vor allem ich als Schülerin habe nicht gewusst, wie das jetzt alles abläuft. Aber wir wurden gut informiert und mittlerweile hat alles seinen Rhythmus bekommen. Und wir hatten vorher auch schon isolationspflichtige Patienten. Die Schutzmaßnahmen wurden erweitert, die Hygienestandards erhöht und man muss noch besser aufpassen. Aber das ist für mich eigentlich fast das Gleiche, was ich vorher auch schon gemacht habe.

Welche Situationen waren hingegen besonders schön für Sie?

Besonders in Erinnerung geblieben sind mir Momente, die ich auf der Geriatrie (Altersheilkunde) hatte. Ich finde, von älteren Patienten bekommt man total viel zurück. Die freuen sich einfach und man merkt, dass sie glücklich sind, wenn man sich Zeit für sie nimmt. Das sind die Momente, die mich wirklich berühren. Da muss ich zugeben, habe ich auch manchmal geweint, weil mir so etwas total ans Herz geht, weil ich ein sehr emotionaler Mensch bin. Jetzt in der Corona-Krise finde ich besonders schön, dass trotz des hohen Drucks eine sehr gute Stimmung in der Pflege herrscht. Man merkt, die Leute rücken zusammen und der Teamgeist wird gestärkt. Das ist eben auch Corona-Krise: Die Menschen wissen jetzt, worauf es ankommt.

Fühlen Sie sich sicher bei der Arbeit oder haben Sie Angst vor einer Ansteckung?

Ich habe Respekt vor der Krankheit, aber keine Angst. Ich denke mir, man kann sich ja theoretisch auch im Nahverkehr oder beim Einkaufen anstecken. Hier im Krankenhaus komme ich super mit meinem Team klar, fühle mich sicher und gut aufgehoben. Da bekomme ich das Gefühl: Hier wird alles gut gehandhabt und ich muss keine Angst haben. Allerdings sind meine Verwandten alle Risikopatienten. Deswegen kann ich sie momentan in dieser Zeit gar nicht besuchen. Das mache ich auch von mir aus, weil man die Erkrankung ja haben kann, aber keine Symptome zeigt. Man weiß natürlich nicht, was man durch den Beruf an seine Nächsten heranträgt. Deshalb halte ich mich da momentan zurück. Und das ist schon schwer für mich. Aber ich bin trotzdem glücklich und stolz, dass ich den Menschen im Krankenhaus helfen kann.

Finden Sie, dass Sie ausreichend entlohnt werden? Wie hoch ist Ihr Gehalt bei wie viel Arbeitszeit?

Also momentan arbeite ich ungefähr 38 Stunden in der Woche und bekomme jetzt im dritten Lehrjahr ungefähr 1.000 Euro netto. Und ich finde, das reicht für eine Ausbildung vollkommen aus. Verglichen mit anderen Ausbildungen wie beispielsweise dem Einzelhandelskaufmann, der im dritten Lehrjahr in manchen Betrieben nur rund 400 Euro bekommt, ist das wirklich gut. Später kommt es darauf an, in welchem Bereich man arbeitet oder welche Weiterbildungen man hat.

Fühlen Sie sich von der Politik ausreichend unterstützt – was würden Sie sich wünschen, auch bezogen auf die Versorgung mit Schutzmaterial?

Ich finde die momentane Aufmerksamkeit, die der Pflege und unserem Berufszweig zugemessen wird, schon gut. Aber ich habe Bedenken, dass das nach der Krise wieder abflaut und unser Beruf dann nicht mehr so wertgeschätzt wird, wie es sein sollte. Manchmal habe ich das Gefühl, die Menschen wissen gar nicht, was hinter unserem Beruf steckt und da finde ich es gut, dass das gerade an die Öffentlichkeit getragen wird. Beim Schutzmaterial hatte ich anfangs Sorge, dass es nicht ausreichen könnte. Aber die Versorgungsprobleme wurden schnell gelöst und wir sind ausreichend gerüstet für die Krise. Bei Krankenhäusern wurde schon relativ schnell dafür gesorgt, dass wir versorgt werden. Das ist zumindest das, was ich über unser Krankenhaus weiß.

Wie stehen Sie zu den Schutzmaßnahmen der Politik und den Lockerungen, die für Anfang Mai geplant sind und teilweise schon umgesetzt wurden?

Ich finde auf jeden Fall gut, dass am Anfang der Krise die Geschäfte geschlossen wurden, weil das natürlich die Möglichkeiten der Ansteckung reduziert hat. Und auch die Ausgangsbeschränkungen unterstütze ich. Aber jetzt finde ich es richtig, dass es wieder ein bisschen gelockert wird. Ich vermisse natürlich meine Familie auch und würde sie gerne mal wieder sehen. Aber ich denke trotzdem, dass wir die Beschränkungen noch beibehalten sollten. Ich habe Bedenken, dass es eine Welle von Neuinfizierten geben könnte, wenn wir die Maßnahmen zu schnell lockern sollten. Weil die Leute dann vielleicht denken: 'Oh, jetzt haben die Geschäfte wieder geöffnet, jetzt müssen wir alle wieder schnell einkaufen.' Und dann ist das Risiko einer Ansteckung natürlich wieder erhöht.

Haben Sie Sorge vor einer Überlastung des Gesundheitssystems und vor Verhältnissen wie beispielsweise in Italien?

Ich weiß natürlich nicht, wie die italienischen Krankenhäuser aufgestellt und ausgestattet sind. Aber hier bei uns habe ich eigentlich keine Bedenken. Wir hatten ja vorher auch schon isolationspflichtige Patienten, sodass wir hier gut vorbereitet sind. Natürlich haben wir die Hygienestandards noch einmal hochgefahren. Aber das deutsche System ist denke ich schon gut auf die Corona-Krise vorbereitet und es stehen auch deutlich mehr Intensivbetten zur Verfügung als beispielsweise in Italien. Wir haben hier in Mittelfranken und Bayern natürlich Corona-Fälle gehabt, aber bisher dennoch deutlich weniger als vorausgesagt. Die erste Welle an Corona-Patienten in Deutschland war vergleichsweise niedrig und selbst, wenn sie größer würde, würde das System es doch trotzdem schaffen, denke ich.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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