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Debatte um Lockdown-Verschärfungen: Wie sinnvoll sind Ausgangssperren?


Debatte um Lockdown-Verschärfungen
Was bringen Ausgangssperren im Kampf gegen Corona?

  • Melanie Rannow
Von Melanie Rannow

27.03.2021Lesedauer: 3 Min.
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Kein Menschenverkehr, keine Ansteckung: In der Diskussion über härtere Corona-Maßnahmen spielen Ausgangssperren eine zentrale Rolle.Vergrößern des Bildes
Kein Menschenverkehr, keine Ansteckung: In der Diskussion über härtere Corona-Maßnahmen spielen Ausgangssperren eine zentrale Rolle. (Quelle: Julian Stratenschulte/dpa-bilder)

Erneut stehen Ausgangssperren zur Diskussion. Bund und Länder wollen sich bislang nicht darauf einigen. Auch Experten stellen den Effekt infrage. Was spricht für eine solche Maßnahme und was dagegen?

In der Diskussion um härtere Corona-Maßnahmen spielen Ausgangssperren eine zentrale Rolle. In einigen Ländern gibt es solche Einschränkungen bereits, doch sind sie wirklich eine sinnvolle und angemessene Maßnahme? Schließlich sind Ausgangssperren ein Eingriff in die Grundrechte der Bürger. Die Rechtsgrundlage steht im erneuerten Infektionsschutzgesetz: "Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen im privaten sowie im öffentlichen Raum" sind demnach ein erlaubtes Mittel – mit dem Ziel, alle möglichen Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren.

Einige Bundesländer wie Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen machen in Regionen mit besonders hoher Sieben-Tage-Inzidenz bereits davon Gebrauch. In Bayern etwa gilt seit Mitte Februar eine Ausgangssperre von 22 Uhr bis 5 Uhr für alle Landkreise und kreisfreien Städte, deren Sieben-Tage-Inzidenz über 100 liegt. Wer gegen die nächtliche Ausgangssperre verstößt, riskiert 500 Euro Bußgeld. Trotz dieser Maßnahme blieb die Inzidenz vielerorts hoch.

Was bedeutet eine Ausgangsperre genau? Wird in einer Region eine Ausgangssperre verhängt, ist es den Bewohnern nur aus einigen wenigen Gründen erlaubt, die Wohnung während einer bestimmten Zeit zu verlassen. Dazu zählen medizinische Notfälle, die Betreuung von Kindern, die Begleitung Sterbender oder "Handlungen zur Versorgung von Tieren".

Was sagen Corona-Experten zu flächendeckenden Ausgangssperren?

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sieht in Ausgangssperren ein letztes Mittel in der Pandemiebekämpfung. Sie "könnten unvermeidlich werden", sagte Lauterbach t-online. Es sei noch keinem Land gelungen, die Ausbreitung der britischen Mutation ohne Ausgangssperren zu stoppen. Auf die Frage nach dem Nutzen dieser Maßnahme sagte er: "Ausgangssperren wirken nicht, weil sie den Abendspaziergang verhindern, sondern weil sie private Treffen weiter einschränken, bei denen sich viele Menschen infizieren."

Anders sieht das der Virologe Alexander Kekulé. Eine "bundesweite Ausgangssperre wäre epidemiologisch unbegründet, wirtschaftlich desaströs und eine soziale Katastrophe", sagte er im MDR-Podcast "Kekulés Corona-Kompass". Es gebe "weniger einschneidende, aber genauso wirksame Mittel".

Auch der Epidemiologe Markus Scholz von der Uni Leipzig sieht Ausgangssperren kritisch: "Über die Wirksamkeit dieser Maßnahme wissen wir leider praktisch nichts, vor allem da nicht ausreichend dokumentiert ist, wo sich die Menschen aktuell anstecken". Man könne nur nachträglich abschätzen, wie wirksam eine bestimmte Maßnahme war, sagte Scholz t-online.

Und tatsächlich ist in den Lageberichten des Robert Koch-Instituts (RKI) weiterhin von einer oft diffusen Ausbreitung von SARS-CoV-2-Infektionen in der Bevölkerung die Rede, "ohne dass Infektionsketten eindeutig nachvollziehbar sind". Häufungen stünden derzeit im Zusammenhang mit privaten Haushalten, dem beruflichen Umfeld und zunehmend auch Kitas und Schulen.

Erste umfangreiche Studie: Ausgangssperren erzeugen geringen Effekt

Erste Daten, was für einen Unterschied Ausgangssperren in der Pandemiebekämpfung bringen können, gibt es erst seit Februar 2021. Die im englischsprachigen Fachblatt "Science" veröffentlichte Studie aus Großbritannien kam zu dem Ergebnis, dass Ausgangssperren weit weniger brächten als andere Maßnahmen.

Mathematiker der Universität Oxford setzten dazu die zeitversetzt ergriffenen Corona-Regeln in 41 Ländern (überwiegend aus Europa) mit den Erkrankungszahlen in Verbindung, um die Auswirkungen von verschiedenen Corona-Maßnahmen zu berechnen.

Den stärksten Effekt hatte demnach die Beschränkung von Versammlungen auf weniger als zehn Personen. Danach folgten die Schließung von Schulen sowie Universitäten und daraufhin folgend die Schließung von Geschäften mit einem hohen "Face-to-Face-Risiko" – also beispielsweise Restaurants, Bars und Fitnessstudios. Ausgangssperren hatten den geringsten Effekt der analysierten Maßnahmen gezeigt.

Je mehr Daten aus vielen Staaten vorlägen, so die Forscher, umso mehr könne man die verschiedenen Einschränkungen auf ihren Erfolg hin analysieren. Dennoch bleibe es eine Herausforderung, die einzelnen Effekte isoliert zu messen.

Wie verhältnismäßig sind Ausgangsperren also?

Klar ist: Eine Ausgangssperre hat einen gewissen Effekt auf das Infektionsgeschehen. Dieser ist aber nur schwer messbar. Für die einzelnen Bundesländer existieren dazu bislang keine Daten. Fraglich bleibt deshalb, wie groß die Wirkung ist und ob alle anderen Möglichkeiten vollkommen ausgeschöpft worden sind.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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