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Schlaganfall: Wie sich das Sprachvermögen wiedererlangen lässt


Sprachtraining lohnt sich
Nach einem Schlaganfall die Worte wiederfinden

  • Ann-Kathrin Landzettel
Von Ann-Kathrin Landzettel

Aktualisiert am 05.04.2022Lesedauer: 4 Min.
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Nach einem Schlaganfall leiden viele Patienten unter Sprachstörungen und haben beim Lesen Probleme. Sprachtraining kann helfen, die Fähigkeiten wiederzuerlangen, es gibt aber keine 100-prozentige Garantie. (Quelle: PIXEL/Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das das Leben von Grund auf verändert. Einige Patienten haben bleibende Schäden davongetragen oder werden pflegebedürftig. Andere finden über eine Rehabilitation den Weg zurück in ihr altes Leben. Ein Großteil der Schlaganfallpatienten hat mit Sprachstörungen zu kämpfen.

Bei den meisten Menschen liegt das Sprachzentrum in der linken Gehirnhälfte. Wurde es von einem Schlaganfall betroffen, haben Patienten meist mit Sprachstörungen zu kämpfen. In besonders schlimmen Fällen können sie gar nicht mehr reden. Die eigene Sprache zurückzuerlangen, ist mühsam und nimmt viel Zeit in Anspruch. Eine Garantie, dass hinterher wieder alles gut ist, gibt es nicht. Doch mit der richtigen Therapie, mit Ausdauer und Unterstützung lässt sich viel bewirken.

Sprachstörungen als Folge eines Schlaganfalls

Jedes Jahr erleiden etwa 270.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Etwa 60 Prozent der Betroffenen haben in Folge mit bleibenden Beeinträchtigungen zu kämpfen. Tritt nach einem Schlaganfall eine Sprachstörung auf, unterscheiden Mediziner Aphasien (Sprachstörungen) und Dysarthrien (Sprechstörungen). Oftmals treten auch Dysphagien (Schluckstörungen) auf. Angaben der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe zufolge haben etwa 30 Prozent der Betroffenen mit einem erstmaligen Schlaganfall eine Aphasie.

"Am häufigsten sind Sprach- und Schluckstörungen nach dem Schlaganfall vorhanden. Die neu erworbene Störung des Sprachvermögens ist auf eine Schädigung der sprachdominanten Gehirnhälfte zurückzuführen – meist die linke. Es handelt sich damit um eine neurologische Folge des Schlaganfalls", erklärt Logopädin Christiane Mais vom Schlaganfallbüro Ruhr und Geschäftsführerin des Aphasiker-Zentrums NRW e. V.

Sprachstörungen können vielfältig sein

Eine Aphasie hat einschneidende Folgen für das Leben der Betroffenen. Nicht nur die Sprache selbst ist beeinträchtigt, sondern auch das Sprachverstehen, das Lesen und das Schreiben. Oft fällt es den Betroffenen schwer, die richtigen Worte zu finden, ganze Sätze zu sprechen oder zu verstehen, was man zu ihnen sagt. Auch ist es möglich, dass falsche Worte verwendet, Laute verwechselt oder neue Worte erfunden werden. Sogar Fremdsprachenkenntnisse können verloren gehen oder es wird plötzlich eine Fremdsprache statt der Muttersprache bevorzugt.

Laut der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe treten bei etwa 20 Prozent der Schlaganfall-Betroffenen Sprechstörungen auf. Dann sind die Steuerung und Ausführung von Sprechbewegungen beeinträchtigt. Bei der Dysarthrie arbeiten beispielsweise die Atemmuskulatur, die Kehlkopfmuskulatur oder die Lippen- und Zungenmuskulatur nicht mehr richtig. Die Sprache ist oft leise, undeutlich und heiser.

Wie viel Sprache geht verloren?

"Wie stark der Sprachverlust nach einem Schlaganfall ausgeprägt ist, ist individuell verschieden und unter anderem davon abhängig, wie groß der Schlaganfall ist und welche Gehirnregionen betroffen sind", sagt Mais. "Manche haben lediglich einige Wortfindungsstörungen, andere können nur noch über einzelne Worte kommunizieren." Ein kompletter Ausfall der Sprachfähigkeit ist der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe zufolge selten.

Spontane Verbesserungen sind möglich, ebenso dauerhafte Beeinträchtigungen

Manchmal bilden sich die Sprachstörungen nach dem Schlaganfall spontan zurück. Mediziner sprechen von Spontanremission. In etwa einem Drittel der Fälle mit anfänglicher Aphasie kommt es zu einer weitestgehenden Normalisierung der Sprachfunktionen innerhalb der ersten vier Wochen. Die Therapie von Sprach- und Schluckstörungen beginnt immer in der Akutklinik direkt nach dem Schlaganfall. Die Fortsetzung sollte in der Rehaklinik erfolgen und zeitnah nach der Entlassung aus der stationären Behandlung im häuslichen Umfeld fortgeführt werden.

"In den meisten Fällen ist ein über viele Jahre hinweg dauerndes Sprachtraining notwendig, damit das Gehirn in Übung bleibt und das neu Erlernte nicht wieder in Vergessenheit gerät", sagt Mais. "Das Sprachvermögen, wie es vor dem Schlaganfall war, erlangen die Betroffenen in der Regel nicht mehr in derselben Qualität zurück. Oftmals bleiben auch Aufmerksamkeit, Konzentration und Kurzzeitgedächtnis beeinträchtigt."

Trainieren, bis die Worte wiederkommen

Die S3-Leitlinie "Schlaganfall" empfiehlt entweder eine Therapiefrequenz von zehn Stunden Sprachtraining pro Woche für drei Wochen nach dem Schlaganfall oder eine Therapiefrequenz von fünf bis zehn Stunden pro Woche für sechs bis acht Wochen. Im Anschluss an die hochfrequente Therapie wird in der frühen Post-Akutphase (bis drei Monate nach dem Schlaganfall) eine niederfrequente Therapie mit drei Mal pro Woche empfohlen. Ab der späten Post-Akutphase (drei Monate bis zwölf Monate nach dem Schlaganfall) sollte die niederfrequente Therapie zwei Mal pro Woche stattfinden. Nur unter diesen Bedingungen sind der Leitlinie zufolge sprachliche Fortschritte zu erwarten.

Sprachtherapie hilft zu jedem Zeitpunkt

Auch wenn der Beginn der Aphasie-Therapie so rasch wie möglich nach dem Schlaganfall erfolgen sollte, so ist auch für Menschen mit einer länger bestehenden Aphasie eine Therapie sinnvoll. Wie der Bundesverband für die Rehabilitation der Aphasiker e. V. betont, gibt es keine Belege dafür, dass ein Patient, bei dem eine Aphasie bereits seit Jahren besteht, weniger von einer Sprachtherapie profitiert als ein Patient, der erst seit Kurzem unter einer Aphasie leidet. Ebenso existierten keine Evidenzen dafür, dass bei ausgeprägten Aphasien keine oder nur geringere sprachliche Fortschritte zu erreichen seien als bei leichten Formen der Aphasie.

Dem stimmt auch Mais zu: "Eine Aphasie-Therapie mit einer Sprachtherapeutin oder einem Sprachtherapeuten ist für jede schlaganfallbetroffene Person mit Sprachproblemen wichtig – zu jedem Zeitpunkt. Je früher mit dem Sprachtraining begonnen wird, desto besser ist das allerdings für die Betroffenen. Das Ziel ist, die Lebensqualität so schnell wie möglich zu verbessern. Kommunikation ist für das Leben essenziell."

Wie erfolgreich ist die Aphasie-Therapie nach dem Schlaganfall?

In einem Cochrane-Review von 2016 schlossen die Autoren in die Untersuchung 57 Studien mit insgesamt 3002 Personen mit Aphasie ein. Untersucht wurden alle Arten sprachtherapeutischer Interventionen, Rahmenkonzepte und Vermittlungsmethoden. Das Fazit der Auswertungen: Basierend auf den Ergebnissen von 27 Studien (1620 Menschen mit Aphasie) verbessert Sprachtherapie den funktionalen Sprachgebrauch, das Sprachverständnis (beispielsweise beim Zuhören oder Lesen) und die Sprachproduktion (Sprechen oder Schreiben) verglichen mit keiner Therapie. Unklar bleibt jedoch, wie lange diese Verbesserungen anhalten, wenn die Therapie nicht weiter fortgeführt wird.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • InterviewTherapieverfahren. Online-Information der . (Stand: Aufgerufen am 26. November 2021)Aphasie. Ein Ratgeber der . (Stand: April 2021)Arzt-Patienten-Gespräch. Eine Anleitung. Online-Broschüre des (Stand: Aufgerufen am 29. November 2021)S3-Leitlinie „“ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. (DEGAM). AWMF-Register-Nr. 053-011. (Stand: 2020)“. Eine Zusammenfassung des Bundesverbands für die Rehabilitation der Aphasiker e. V. (Stand: 2020)Logopädie für Sprachprobleme nach Schlaganfall. zur Wirkung von Sprachtherapie bei Sprachstörungen, die Menschen nach Schlaganfall erleiden (Aphasien). (Stand: 1 Juni 2016)Schlaganfall. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 28. Juni 2017)
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