Digital statt Tante Emma Retten diese Läden das Dorfleben?

Ohne Personal, ohne Kasse, aber mit Kamera: Diese Supermärkte funktionieren ganz anders – und helfen genau da, wo andere längst aufgegeben haben.
In vielen ländlichen Regionen haben Dorfbewohner kaum noch Zugang zu örtlichen Geschäften. Wer einkaufen möchte, muss oft mehrere Kilometer mit dem Auto fahren, selbst Milch und Butter. Abhilfe könnten sogenannte Mini-Supermärkte schaffen: kleine Läden ohne dauerhaftes Personal, die auf digitale Technik setzen.
Einkaufen per Selbstbedienung
Diese Mini-Supermärkte funktionieren größtenteils automatisiert. Die Kunden scannen ihre Waren selbst ein und bezahlen ohne Kasse und Verkäufer. Das Unternehmen Tante M etwa betreibt gemeinsam mit Franchise-Partnern rund 60 solcher Geschäfte, die meisten davon in Baden-Württemberg. Auch Tegut hat mit den Teo-Märkten ein vergleichbares Konzept etabliert.
Rechtlich umstritten
Die Öffnungszeiten sind großzügig: Während Tante M in der Regel von 5 bis 23 Uhr geöffnet hat, sind die Teo-Märkte rund um die Uhr zugänglich. Und obwohl das Ladenöffnungsgesetz es eigentlich nicht erlaubt, sind viele dieser Läden auch an Sonn- und Feiertagen offen.
"Die Kommunen erteilen den Geschäften dennoch eine Genehmigung", sagt Stephan Rüschen, Professor für Lebensmittelhandel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Man könne von einer Duldung sprechen.
Die Bevölkerung steht hinter dem Konzept
Das neue Einkaufsmodell kommt bei vielen Menschen gut an. Die Kunden möchten auf die Mini-Märkte nicht mehr verzichten, da ihr Alltag dadurch spürbar einfacher wird, sagt Rüschen. Carsten Pletz bestätigt die hohe Akzeptanz. „Wir bekommen superviele positive Rückmeldungen", sagt der Tante-M-Geschäftsführer.
Rückenwind aus der Politik
Auch in der Politik findet das Konzept Anklang. Andreas Schwarz, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag von Baden-Württemberg, sieht in den Mini-Märkten eine Chance für strukturschwache Regionen: "Ein Laden im Ort erhöht die Lebensqualität in den Dörfern enorm."
Akzeptanz trotz Hürden
Das hat allerdings seinen Preis. Zwar gibt es keine konkreten Zahlen. Fachleute schätzen aber, dass die Mini-Märkte im Schnitt rund zehn Prozent teurer sind als normale Supermärkte. Laut Umfragen stört das kaum jemanden. Etwa 90 Prozent Kunden empfinden das Preisniveau als akzeptabel.
Trotz höherer Preise und einer rechtlichen Grauzone zeigt sich: Die Mini-Supermärkte füllen eine Lücke, die in vielen Dörfern längst entstanden ist. Sie ersetzen keine Einkaufsstraße – aber sie bringen ein Stück Alltag zurück.
- Nachrichtenagentur dpa