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Milliarden-Strafe für Google: Diese Frau nimmt es mit dem Konzern auf


Milliarden-Strafe gegen Google
Diese Frau nimmt es mit den Internet-Riesen auf

dpa, rtr, Alkimos Sartoros

Aktualisiert am 19.07.2018Lesedauer: 3 Min.
Margrethe Vestager: Die EU-Wettbewerbskommissarin ist bei manchen in den USA nicht sonderlich beliebt. Offenbar auch bei Trump nicht.Vergrößern des BildesMargrethe Vestager: Die EU-Wettbewerbskommissarin ist bei manchen in den USA nicht sonderlich beliebt. Offenbar auch bei Trump nicht. (Quelle: Olivier Matthys/ap-bilder)
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Diese "Steuer-Dame" hasse die USA, soll Donald Trump einmal über Margrethe Vestager gesagt haben. Die 4,34-Milliarden-Euro-Strafe gegen Google dürfte ihn in seiner Meinung bestärken. Vestager scheint das egal zu sein.

"Ich mag die USA sehr gern", versichert EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. "Die Kultur, die Leute, unsere Freunde, Reisen – aber dies hier hat nichts damit zu tun, was ich empfinde." Gefühlsduselei muss sich Europas oberste Wettbewerbshüterin in der Tat kaum vorwerfen lassen. Gerade hat sie den US-Internetriesen Google wegen dessen Geschäftsgebaren beim weltweit meistgenutzten Smartphone-System Android zu einer Rekordstrafe verdonnert. 4,34 Milliarden Euro muss Google berappen – und noch mehr, wenn der Konzern nicht innerhalb von 90 Tagen mehr Konkurrenz bei Android-Anwendungen ermöglicht.

Die Entscheidung hätte kaum zu einem heikleren Moment kommen können. Gerade erst ist US-Präsident Donald Trump mit der politischen Abrissbirne durch Europa gezogen. Die Bilanz: Ein Eklat beim Nato-Gipfel, eine Schimpftirade gegen Deutschland und zu guter Letzt bezeichnete er die EU noch als Feind in Handelsfragen.

Die höchsten Kartellstrafen der EU:
- 2,42 Milliarden Euro: Google 2017 – Marktmissbrauch bei Preisvergleichen
- 1,06 Milliarden Euro: Intel 2009 – Geschäftspraktiken bei Prozessoren
- 1 Milliarde Euro: Daimler 2016 – Lkw-Kartell
- 997 Millionen Euro: Qualcomm 2018 – Marktbeherrschend bei Smartphone-Chips

Anfang Juni hatte Trump Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte eingeführt und dies "mit nationalen Sicherheitsinteressen" begründet. Die EU hält das jedoch für unglaubwürdig und für nicht vereinbar mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO. Die Brüsseler Behörde geht davon aus, dass es eigentlich nur darum geht, US-Herstellern Vorteile zu verschaffen. Für nächsten Mittwoch ist ein Treffen zwischen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und Trump in Washington geplant, bei dem es um die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen gehen soll. Da dürfte es heiß hergehen.

Affront verkniffen

In Brüssel rumorte die Gerüchteküche in Sachen Google bereits seit einer ganzen Weile. Teilweise wurde erwartet, dass Vestager die brisante Entscheidung schon eine Woche früher verkünden könnte – zu einem Zeitpunkt als Trump anlässlich des Nato-Gipfels in der belgischen Hauptstadt weilte.

Diesen Affront verkniff sich die resolute Dänin, ansonsten aber nahm sie kaum Rücksicht. "Das ist kein moralisches Unterfangen, es geht um illegales Verhalten", betonte sie. "Es gibt Regeln im Markt. Wir wollen, dass Google sein Verhalten ändert." Knebelverträge für Smartphone-Hersteller sollen künftig tabu sein, auch ein Paket von elf vorinstallierten Google-Apps, die nicht gelöscht werden können, soll es in der Form nicht mehr geben.

Unterm Strich steht die mit Abstand höchste Wettbewerbsstrafe, die Brüssel jemals verhängt hat. Auch den bisherigen Rekord gegen ein einzelnes Unternehmen hielt Google im Verfahren um die Shopping-Suche im vergangenen Jahr mit rund 2,4 Milliarden Euro.

"Ihre Steuer-Dame hasst die USA"

Vestager ist in den USA daher schon seit geraumer Zeit alles andere als beliebt. Als "politischen Mist" bezeichnete Apple-Chef Tim Cook ihre Entscheidung im Jahr 2016, dass Irland dem iPhone-Hersteller unerlaubte Staatshilfe geleistet habe und mehr als 13 Milliarden Euro zurückfordern müsse. Beim jüngsten G7-Gipfel in Kanada soll Trump dann Berichten zufolge Juncker zugeraunt haben: "Ihre Steuer-Dame ("Tax Lady") hasst die USA."

Vestager selbst lässt sich von all dem nicht beirren. Es sei richtig, dass sie sich mit Steuern beschäftige und dass sie eine Frau sei, sagte sie trocken. Ansonsten stimme der Satz aber nicht. Auch den Vorwurf, das Silicon Valley besonders im Visier zu haben, lässt sie an sich abperlen.

"Ich denke, das ist eine hohe Geldsumme. Aber wenn man auf den Anteil am Umsatz schaut, dann ist es im Rahmen dessen, was wir üblicherweise verhängen", sagte sie. "Vielleicht ein bisschen am höheren Ende, aber nicht spektakulär in der Hinsicht." Und ohnehin seien auch ihre US-Kollegen letztlich an fairem Wettbewerb interessiert.

Applaus aus Europa

In der Sache erhält Vestager – zumindest in Europa – ohnehin viel Applaus. "Einmal ein Android-Handy gekauft, ist man Google ausgeliefert. Google sichert diese Abhängigkeit [...] mit seinen strengen Vorgaben ab", sagt der Direktor des Instituts für Kartellrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Professor Rupprecht Podszun. Die Entscheidung sei "ein Signal, dass die Kommission den Kampf um den freien Wettbewerb bei digitalen Plattformen noch nicht verloren gibt."

Dafür kritisiert die EU Google:
- Die EU-Kommission hat Verfahren gegen Google wegen der marktbeherrschenden Stellung bei Preisvergleichen, Android und dem Anzeigendienst "AdSense" angestrengt.
- Auch der Google-Bilderdienst und Google Maps könnten noch in den Fokus der Ermittler geraten.

Auch der europäische Verbraucherschutzverband Beuc begrüßte die Entscheidung. "Kunden sollten in der Lage sein, eine echte Wahl zu haben zwischen Suchmaschinen, Internetbrowsern und den Anwendungen, die sie herunterladen wollen. Google hat seine Marktmacht missbraucht, um seine eigenen Produkte zu stärken", erklärte der Verband. Das habe europäischen Verbrauchern geschadet.

Vestager selbst sieht sich ebenfalls noch nicht am Ziel. Eine endgültige Vision für den Digitalmarkt habe sie nicht, sagte sie. Aber für fairen Wettbewerb in Europa fehlen aus ihrer Sicht noch etliche Puzzleteile. Google könnte demnächst noch einmal Ärger drohen. In einem weiteren Verfahren ermitteln die Wettbewerbshüter wegen des Dienstes "AdSense for Search", bei dem andere Internetseiten Google-Suchmasken einbinden können. Auch hier sieht die Kommission eine Behinderung des Wettbewerbs.

Verwendete Quellen
  • dpa, Reuters
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