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Belarus im Schatten Russlands: Was Lukaschenko nach China treibt


Was Lukaschenko nach China treibt


Aktualisiert am 02.03.2023Lesedauer: 4 Min.
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Alexander Lukaschenko: Er ist PrÀsident von Belarus seit 1994.Vergrâßern des Bildes
Alexander Lukaschenko: Er ist seit 1994 PrΓ€sident von Belarus. (Quelle: Henadz Zhinkov)

Der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko ist nach China gereist. Dahinter steckt wohl mehr als nur ein Frondienst fΓΌr Wladimir Putin.

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko ist zu einem dreitΓ€gigen Staatsbesuch in China eingetroffen. Er freue sich auf das Treffen mit seinem "alten Freund", Chinas Staatschef Xi Jinping, sagte er der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua.

Da Lukaschenko ein enger VerbΓΌndeter des russischen PrΓ€sidenten Wladimir Putins ist, liegt der eigentliche Grund seines Besuchs nahe: Er hat sich auf den Weg nach Peking gemacht, um seinem Freund im Kreml etwas Gutes zu tun. Doch um was geht es genau – und was bedeutet die Reise fΓΌr Lukaschenkos Macht daheim in Minsk?

Was will Lukaschenko in Peking?

Das war vor Lukaschenkos Besuch nicht ganz klar. VordergrΓΌndig dΓΌrfte es um das ZwΓΆlf-Punkte-Positionspapier zum Krieg in der Ukraine gehen, das China vergangene Woche verΓΆffentlicht hat. Darin bekrΓ€ftigt Peking sein Ansinnen, eine neutrale Partei zu sein, und ruft zum Dialog zwischen den beiden Seiten auf. Mehr dazu lesen Sie hier.

Lukaschenko lobte vor seinem Besuch im GesprÀch mit der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua Pekings Positionspapier als "Zeugnis seiner friedlichen Außenpolitik sowie als neuen und eigenstÀndigen Schritt, der weitreichende Auswirkungen auf die ganze Welt haben wird". Heutzutage kânne "kein einziges Problem in der Welt ohne China gelâst werden", sagte Lukaschenko demnach weiter.

Dementsprechend forderten beide Staatschefs dann auch in Peking laut der staatlichen belarussischen Nachrichtenagentur Belta ein schnellstmâgliches Friedensabkommen. Belarus und China seien daran interessiert, eine Eskalation der Krise zu verhindern, hieß es. Zudem seien sie bereit, sich für die Wiederherstellung von Frieden und Ordnung in der Region einzusetzen.

Doch fΓΌr Lukaschenko geht es bei dem Besuch wohl auch um mehr. Der belarussische Diktator balanciert seit Beginn seiner Amtszeit 1994 gekonnt zwischen dem Westen und Russland. Weil sich Belarus aber de facto am russischen Krieg gegen die Ukraine beteiligt, hat Lukaschenko potenzielle westliche Partner verprellt. Sein einziger Partner neben Russland bleibt China.

FΓΌr China ist Belarus vor allem der drittwichtigste Lieferant von KalidΓΌnger. Dessen Import ist aufgrund der Sanktionen umstΓ€ndlicher geworden. Lukaschenko bemΓΌht sich seit Jahren darum, chinesische Technologieimporte durch heimische Produktion zu ersetzen – aber bislang ohne Erfolg. Importe aus China sind am Ende hΓ€ufig billiger.

Xi und Lukaschenko unterzeichneten dann am Mittwoch auch mehrere Vereinbarungen, die auf einer 2022 vereinbarten Partnerschaft aufbauen. Dabei geht es chinesischen Medien zufolge unter anderem um Kooperationen in den Bereichen Wirtschaft, Handel, Wissenschaft, Technologie, Tourismus und Sport.

Wie groß ist die AbhÀngigkeit Belarus' von Russland?

Diese Frage ist wohl der eigentliche Kern des Besuchs. Denn die AbhÀngigkeit Belarus' vom großen Bruder Russland ist bis heute sehr groß.

Zwar regiert Lukaschenko sein Land inzwischen seit mehr als 25 Jahren. Die wichtigsten Entscheidungen aber werden in Moskau getroffen. Gehârt Belarus also überhaupt noch sich selbst? Mehrere europÀische Medien berichteten von einem Geheimdokument aus dem Jahr 2021, das die PlÀne der Übernahme von Belarus durch Russland beschreiben soll.

Die BevΓΆlkerung soll immer mehr prorussisch beeinflusst werden, westliche EinflΓΌsse hingegen sollen zurΓΌckgedrΓ€ngt werden. 2030 soll dann aus Russland und Belarus ein "Unionsstaat" mit einheitlicher Grenz-, Zoll- und Steuerpolitik, gemeinsamer MilitΓ€rfΓΌhrung und einer gemeinsamen WΓ€hrung werden. Auch die Amtssprache soll sich Γ€ndern.

Einen Unionsstaat bilden die beiden LΓ€nder bereits seit LΓ€ngerem – zumindest auf dem Papier: Lukaschenko und der damalige russische PrΓ€sident Boris Jelzin unterschrieben schon 1997 einen Vertrag ΓΌber die Union beider Staaten. Umgesetzt wurde das Vorhaben aber nicht.

Wie viel RΓΌckhalt hat Lukaschenko in Belarus?

Sein RΓΌckhalt ist nicht sehr groß – und doch bleibt Lukaschenko dank der Hilfe des Kremls an der Macht. Russland hatte Lukaschenkos Wahlsieg anerkannt und sein Regime mit einem milliardenschweren Kredit unterstΓΌtzt. Putin erklΓ€rte bereits im August 2020, er wΓΌrde Lukaschenko mit russischen SicherheitskrΓ€ften jederzeit zur Seite zu stehen, sollte es abermals zu Protesten in dem Nachbarland kommen.

Eine Gegenleistung erfolgte nur wenig spΓ€ter in Form von politischer und wirtschaftlicher UnterstΓΌtzung: Im November 2021 unterschrieb Lukaschenko einen Beschluss ΓΌber eine Integration in einen Unionsstaat mit Russland. Das Dokument sieht 28 Integrationsprogramme vor.

Vor einem Jahr marschierten russische Truppen auch von Belarus aus in die Ukraine ein. Belarus ist sowohl finanziell als auch politisch abhΓ€ngig von Moskau und diente als Ausgangspunkt fΓΌr die russische MilitΓ€roffensive; belarussische StreitkrΓ€fte haben aber bisher nicht in die KΓ€mpfe eingegriffen.

Die russische Einverleibung, die jΓΌngst noch einmal in einem Geheimplan ΓΆffentlich wurde, hat somit lΓ€ngst begonnen. Nicht einmal die eigene belarussische Sprache wird im Alltag noch stark genutzt. Wurden im Jahr 2005 noch rund ein Viertel der SchΓΌler in ihrer Heimatsprache unterrichtet, sind es heute nach offiziellen Angaben nur noch zehn Prozent, Tendenz sinkend.

Was kann die Opposition in Belarus tun?

Wenig – zumindest, wenn man der EinschΓ€tzung der Osteuropaexpertin Astrid Sahm glaubt. Die Opposition mΓΌsse auf das richtige Zeitfenster warten. Derzeit sei das nicht gegeben, es gebe im Augenblick keine ProtestmΓΆglichkeiten, ohne dass Russland eingreifen kΓΆnnte.

Zugleich sagt sie im GesprÀch mit t-online: "Der russische Einfluss ist groß, aber nicht unbegrenzt." Lukaschenko riskiere die belarussische Staatlichkeit, wolle sie aber nicht aufgeben. "Er versucht, alle SpielrÀume, die es noch gibt, zu nutzen, um mâglichst viel Gegenleistung für sich zu bekommen."

Verwendete Quellen
  • TelefongesprΓ€ch mit Dr. phil. Astrid Sahm
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa und AFP
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