Russland greift Stahlwerk in Mariupol mit Panzern an
Russische Truppen haben offenbar damit begonnen, Mariupols Stahlwerk von allen Seiten zu attackieren. Dabei sollen die Angreifer auch Panzer eingesetzt haben. Viele Zivilisten harren noch in der Bunkeranlage aus.
Russland hat einen GroΓangriff auf die letzte Bastion ukrainischer KΓ€mpfer in Mariupol begonnen. Erstmals griffen am Dienstag russische Bodentruppen und Panzer das Asow-Stahlwerk in der sΓΌdostukrainischen Hafenstadt an, wie das in dem Werk verschanzte Asow-Regiment im Onlinedienst Telegram erklΓ€rte. Unterdessen gingen die russischen Angriffe im Rest der Ukraine weiter.
Die russischen Truppen versuchten, "eine groΓe Zahl von Infanteristen mit Booten" anzulanden, berichtete der stellvertretende Kommandeur des Asow-Regiments, Swjatoslaw Palamar, in einer Videobotschaft. Er forderte, "sofort" zu versuchen, die noch in Tunneln auf dem WerksgelΓ€nde festsitzenden Zivilisten in Sicherheit zu bringen. Bei den Bombardements, die dem Angriff vorausgingen, seien zwei Frauen getΓΆtet und etwa zehn weitere Zivilisten verletzt worden.
Dem BΓΌrgermeister von Mariupol, Wadym Boitschenko, zufolge befinden sich noch etwa 200 Zivilisten auf dem GelΓ€nde. Nach Angaben des ukrainischen PrΓ€sidenten Wolodymyr Selenskyj vom Dienstagabend konnten bei Evakuierungen der UN und des Roten Kreuzes insgesamt 156 Zivilisten aus der Anlage ins ukrainisch kontrollierte Saporischschja gebracht werden. FΓΌr Mittwoch sei eine weitere Evakuierungsaktion geplant, "wenn die Sicherheitslage es zulΓ€sst", sagte die ukrainische Vizepremierministerin Iryna Wereschtschuk.
Weiterhin Angriffe in Ostukraine
Das russische Verteidigungsministerium warf dem Asow-Regiment vor, eine zur Evakuierung von Zivilisten ausgerufene Waffenruhe ausgenutzt zu haben, um neue Stellungen auf dem ausgedehnten FabrikgelΓ€nde zu beziehen. Diese wΓΌrden nun angegriffen.
AFP-Reporter sahen am Dienstag Dutzende aus dem Werk gerettete Menschen, darunter ein Baby, die an einem Empfangszentrum im 230 Kilometer entfernten Saporischschja aus Bussen stiegen.
In anderen Gebieten der Ostukraine fΓΌhrte Russland seine Angriffe unterdessen mit unverminderter HΓ€rte fort. Teile der Stadt Lwiw im Westen des Landes waren laut Medienberichten ohne Strom, nachdem nach Angaben von BΓΌrgermeister Andrij Sadowyj drei Kraftwerke durch Raketen beschΓ€digt worden seien.
Raketenangriffe auf Odessa
Raketenangriffe wurden auΓerdem aus Winnyzja im Zentrum, Odessa im SΓΌdwesten und Kirowograd, ebenfalls im Zentrum des Landes, gemeldet. Zum ersten Mal seit Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar wurde auch die Region Transkarpathien nahe der Grenze zu Ungarn mit einer Rakete angegriffen, wie Regionalgouverneur Viktor Mikita im Onlinedienst Telegram berichtete.
Embed
Bei einem russischen Angriff auf ein Koks-Werk in Awdijiwka in der ostukrainischen Region Donezk wurden nach Angaben von Regionalgouverneur Pawlo Kyrylenko mindestens 10 Menschen getΓΆtet und 15 weitere verletzt. FΓΌnf weitere Menschen wurden nach seinen Angaben durch Beschuss in der Stadt Lyman getΓΆtet, vier in Wugledar, je ein Todesopfer gab es demnach in den DΓΆrfern Welyka Nowosilka und Schandrygolowe.
Russlands PrΓ€sident Wladimir Putin forderte westliche Staaten am Dienstag auf, ihre Waffenlieferungen an die Ukraine einzustellen. In einem Telefonat mit dem franzΓΆsischen PrΓ€sidenten Emmanuel Macron warf Putin den ukrainischen StreitkrΓ€ften nach Kreml-Angaben Kriegsverbrechen vor, die von der EU "ignoriert" wΓΌrden. Der Westen kΓΆnne "dazu beitragen, diese GrΓ€ueltaten zu beenden", indem er Druck auf Kiew ausΓΌbe "sowie die Waffenlieferungen an die Ukraine stoppt", sagte Putin.
Macron rief Putin im ersten gemeinsamen TelefongesprÀch seit Ende MÀrz nach Angaben des Elysée-Palasts dazu auf, die Fortsetzung der Evakuierung von Zivilisten aus dem Asow-Stahlwerk in Mariupol zu ermâglichen. Den Geretteten müsse dabei "gemÀà internationalem humanitÀrem Recht" die Wahl gelassen werden, wohin sie gebracht werden, betonte der franzâsische Staatschef. Zuvor hatte es Angaben von russischer Seite gegeben, einige der aus dem Werk geretteten Menschen seien "freiwillig" im pro-russischen Separatistengebiet geblieben.
- Nachrichtenagentur AFP