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Wahl in Polen: Wo sich der neue Präsident Nawrocki an Trump orientiert


Präsidentschaftswahl in Polen
Gekommen, um zu bleiben

MeinungVon David Schafbuch

Aktualisiert am 02.06.2025Lesedauer: 3 Min.
POLAND-ELECTION/Vergrößern des Bildes
Karol Nawrocki: Der Politiker hat die Präsidentschaftswahl in Polen gewonnen. (Quelle: Aleksandra Szmigiel/reuters)
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In Polen hatte man unter der Regierung von Donald Tusk auf eine liberale Wende gehofft. Doch dass Tusks Kandidat bei der Präsidentschaftswahl gescheitert ist, könnte bedeuten, dass es sich nur um einen Zwischenstopp gehandelt hat.

Was war das doch für ein Aufatmen unter den liberalen Kräften Europas, als Donald Tusk im Dezember 2023 erneut zum Ministerpräsidenten von Polen gewählt worden war. Der überzeugte Europäer und ehemalige EU-Ratspräsident hatte mit seiner liberalkonservativen Bürgerplattform die rechtsnationalistische PiS nach acht Jahren aus der Regierung vertrieben.

Sein Sieg gab all denen Hoffnung, die daran glauben, dass man autoritäre Kräfte auch wieder von den Schalthebeln der Macht vertreiben kann. Dass sie in Regierungsverantwortung nicht das umsetzen können, was sie versprochen haben – und dass ihre Wähler irgendwann begreifen, dass eine freie und offene Gesellschaft besser ist als eine, die diese Werte beschädigt und sich von seinen Partnerländern abschottet.

Politischer Stillstand

Ein Sieg bei der Präsidentschaftswahl von Rafał Trzaskowski aus Tusks Partei sollte diese Erzählung jetzt abrunden. Doch daraus wird nichts: Der polnische Ministerpräsident Tusk mag ein Freund Europas sein, auf den alten und den neuen Präsidenten trifft das nicht zu. Auf Andrzej Duda folgt mit Karol Nawrocki ein weiterer Mann, der von der PiS unterstützt wird – und der es Tusks Regierung möglichst schwer machen wird, die autoritären Strukturen in Polen zu durchbrechen.

Der hauchdünne Sieg von Nawrocki zeigt: Der rechte Nationalismus der PiS lässt sich nicht mit einer einzigen Wahlniederlage wieder vertreiben. Er ist auch in Polen gekommen, um zu bleiben.

Ständiger Quertreiber

Schon die Erzählung, dass mit Tusks Sieg die rechten Kräfte Polens vorerst besiegt seien, war unvollständig: Tusk gelang es 2023 nur mit großer Mühe und unter Beteiligung von fünf weiteren Parteien, die PiS aus der Regierung zu drängen. Es ist ein Zusammenschluss aus Kräften, die sich hierzulande wohl irgendwo zwischen Union, SPD, Grünen, FDP und Freien Wählern verorten lassen. Oder anders gesagt: Weit mehr als die Abneigung gegenüber der PiS hat diese Regierung nicht gemein.

Der erste Wahlgang der Präsidentschaftswahl hatte bereits gezeigt, dass es rechts der Mitte noch viel Potenzial für Nawrocki gab: Gleich zwei rechtsextreme Politiker konnten insgesamt etwa 20 Prozent der Stimmen für sich gewinnen. Viele Experten gehen davon aus, dass das hohe Ergebnis zu einem großen Teil auf Protestwähler zurückzuführen ist, die sowohl von der PiS als auch von Tusks liberaler Bürgerplattform genug haben. Doch das Ergebnis zeigt auch: Die Zahl derer, die in Polen eine grundsätzlich illiberale bis antidemokratische Führung in Kauf nehmen, bleibt weiter hoch.

Für die polnische Gesellschaft, aber auch für Deutschland und Europa bedeutet das nichts Gutes: Berlin und Brüssel gelten in rechten polnischen Kreisen als gern gewählte Hassobjekte. Nawrockis Vorgänger Andrzej Duda teilte diese Abneigung, war allerdings nie als Lautsprecher bekannt. Bei Nawrocki, dem meinungsstarken ehemaligen Boxer, Türsteher und Hooligan, dürfte sich das ändern. Unter ihm könnte sich Polen in Brüssel und Berlin wieder zu einem ständigen Quertreiber entwickeln.

Blockade der Regierung

Bundeskanzler Friedrich Merz und Innenminister Alexander Dobrindt sollten künftig die deutsch-polnische Grenze noch stärker in den Blick nehmen. Denn ihre harte Migrationspolitik dürfte dort künftig noch schwieriger durchsetzbar sein: Die vielfach versprochenen Zurückweisungen von Asylbewerbern zum Leidwesen des Nachbarlandes wird sich Nawrocki noch weniger gefallen lassen als sein Vorgänger.

Der größte Leidtragende dürfte allerdings die polnische Gesellschaft sein. Per Veto wird Nawrocki, wie zuvor Duda, weiter die Gesetze der Regierung ausbremsen. Die großen Wahlversprechen von Tusk, die Medien oder die Justiz von den Beschränkungen der PiS zu befreien, werden sich so kaum umsetzen lassen.

Wiedererstarken der PiS?

Die Unzufriedenheit mit Tusk könnte dann steigen und letztendlich auch zum Sturz seiner Regenbogenkoalition führen. Nicht wenige Beobachter gehen davon aus, dass die PiS dann bei einer vorgezogenen Parlamentswahl starke Zuwächse erzielen und mit noch extremeren Kräften eine Regierung formieren könnte.

Somit hätte die PiS Regierung und Präsident wieder unter Kontrolle und könnte einen zweiten, noch rigoroseren Anlauf für ein autoritäres Polen nehmen. Karol Nawrocki hat dafür ein prominentes Vorbild: Schon während des Wahlkampfes hatte er Donald Trump in Washington besucht.

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