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Russlands Ukraine-Krieg | Borrell: Die EU will nicht irgendeinen Frieden


Die EU will nicht irgendeinen Frieden

Von Josep Borrell, Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik

28.03.2023Lesedauer: 4 Min.
Meinung
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Deutscher Kampfpanzer Leopard 2 (Archivbild): Die EuropΓ€ische Union unterstΓΌtzt die Ukraine bei ihrem Abwehrkampf, sagt Josep Borrell.
Deutscher Kampfpanzer Leopard 2 (Archivbild): Die EuropΓ€ische Union unterstΓΌtzt die Ukraine bei ihrem Abwehrkampf, sagt Josep Borrell. (Quelle: David Inderlied/imago-images-bilder)

Russland darf den Krieg gegen die Ukraine nicht gewinnen, die EuropÀische Union sendet nun eine eindeutige Botschaft gen Moskau. Wie? Das beschreibt Josep Borrell als Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik im Gastbeitrag.

Der Ukraine wird ein Krieg von hoher IntensitÀt aufgezwungen, ihre Freiheit und ihr nationales Überleben stehen hier auf dem Spiel. Um sich zu wehren und den russischen Angreifer zurückdrÀngen zu kânnen, braucht die Ukraine nicht nur politische und finanzielle Unterstützung. Sie braucht vor allem Waffen und Munition, da Waffen ohne Munition nutzlos sind.

Derzeit sind die russischen BestΓ€nde und der Einsatz von Artilleriegranaten viel hΓΆher als die der Ukraine – und der Preis fΓΌr diesen Unterschied wird mit ukrainischen Leben bezahlt. Wir haben wiederholt gesagt, dass die Verteidigung der ukrainischen SouverΓ€nitΓ€t existenziell ist – fΓΌr die Ukraine, aber auch fΓΌr ganz Europa. Wir kΓΆnnen dieses Ziel nicht ausgeben, ohne der Ukraine die Mittel zu geben, dieses Ziel zu erreichen.

Josep Borrell Fontelles, Jahrgang 1947, ist ein spanischer Politiker, seit 2019 amtiert er als Hoher Vertreter der EuropÀischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik.

Seit Russland seinen Krieg gegen die Ukraine begonnen hat, hat die EU gezeigt, dass sie weiß, was auf dem Spiel steht. Und dass sie, wenn es nâtig ist, auch dazu bereit ist, Tabus zu brechen. Vor einem Jahr haben wir zum ersten Mal die Lieferung von letalem MilitÀrgerÀt an ein angegriffenes Land finanziert. Im Herbst haben wir dann damit begonnen, ukrainische Soldaten unter EU-Flagge auf unserem Boden auszubilden. Bis zum Ende dieses Jahres werden wir voraussichtlich 30.000 ukrainische Soldaten ausbilden. Und jetzt machen wir einen weiteren großen Schritt: Wir arbeiten zusammen, um der Ukraine die Munition zu liefern, die sie so dringend benâtigt.

In der vergangenen Woche haben die europΓ€ischen Staats- und Regierungschefs einem dreigleisigen Vorschlag zugestimmt, den ich gemeinsam mit Kommissar Breton vorgelegt habe. Erstens: Finanzierung der Bereitstellung von Artilleriemunition aus vorhandenen BestΓ€nden oder aus noch nicht erteilten AuftrΓ€gen; zweitens: gemeinsame Beschaffung neuer Artilleriegranaten; und drittens: Zusammenarbeit mit der europΓ€ischen Verteidigungsindustrie zur ErhΓΆhung der ProduktionskapazitΓ€ten, um unseren eigenen Bedarf zu decken und die Ukraine weiter zu unterstΓΌtzen.

Klare Signale

Konkret werden wir eine Milliarde Euro aus der EuropΓ€ischen FriedensfazilitΓ€t (EPF – vom EU-Haushalt getrennt) verwenden als EntschΓ€digung fΓΌr Mitgliedstaaten, die bereit sind, sofort Munition an die Ukraine zu liefern. Dieser Teil der Lieferungen wird aus vorhandenen BestΓ€nden oder aus noch ausstehenden Bestellungen stammen. Eine weitere Milliarde Euro werden wir verwenden, um gemeinsam Munition des Kalibers 155 Millimeter und, falls notwendig, Raketen zu beschaffen, und zwar von der europΓ€ischen Verteidigungsindustrie und von Norwegen.

Josep Borrell: Die EU steht an der Seite der Ukraine.
Josep Borrell: Die EU steht an der Seite der Ukraine. (Quelle: NICOLAS MAETERLINCK/imago-images-bilder)

Dies wird ΓΌber die EuropΓ€ische Verteidigungsagentur (EDA) oder ΓΌber ergΓ€nzende gemeinsame Beschaffungsprojekte unter der Leitung eines Mitgliedstaates erfolgen. Das Hauptziel besteht darin, schnell zu liefern. Indem wir gemeinsam einkaufen, geben wir der Industrie die klaren Signale, die sie braucht, um schnell zu liefern.

Beim dritten Element geht es darum, die KapazitΓ€t der europΓ€ischen Industrie zu erhΓΆhen, um die gestiegene Nachfrage zu bedienen. Dadurch kΓΆnnen unsere Armeen ihre VorrΓ€te auffΓΌllen und gleichzeitig die Ukraine beliefern. Das, was man heute hat, kann man einfacher abgeben, wenn man sicher ist, dass man morgen Nachschub kaufen und erhalten kann. In diesem Sinne wird die EuropΓ€ische Kommission den Ausbau von ProduktionskapazitΓ€ten unterstΓΌtzen. Das behebt EngpΓ€sse und ermΓΆglicht effiziente Beschaffungsverfahren, auch durch finanzielle Anreize.

In den vergangenen 20 Jahren haben die EuropΓ€er die Investitionen in die RΓΌstungsindustrie reduziert. Aufgrund des radikal verΓ€nderten Sicherheitsumfelds mΓΌssen wir sie wieder aufstocken.

Nicht irgendein Friede

Konkret wollen wir der Ukraine innerhalb eines Jahres eine Million Artilleriegeschosse liefern. DafΓΌr stellen wir im Rahmen der EuropΓ€ischen FriedensfazilitΓ€t insgesamt 2 Milliarden Euro bereit. Bei einer Erstattungsquote von 50 bis 60 Prozent kΓΆnnen wir mit diesem neuen Paket rund vier Milliarden Euro mobilisieren. Das zeigt: Die EU ist in der Lage, schnell zu handeln, wenn es nΓΆtig ist. Und es ist ein Beweis dafΓΌr, dass wir weiterhin entschlossen sind, der Ukraine die nΓΆtigen Mittel fΓΌr ihre legitime Selbstverteidigung zur VerfΓΌgung zu stellen.

Wladimir Putin: Gegen den russischen PrΓ€sidenten liegt ein Haftbefehl vor.
Wladimir Putin: Gegen den russischen PrΓ€sidenten liegt ein Haftbefehl vor. (Quelle: Gavriil Grigorov/imago-images-bilder)

Diese Entscheidung mag die Frage aufwerfen, wie die Bereitstellung von mehr Waffen diesen schrecklichen Krieg beenden kann? Die Antwort ist: Solange Russland die Ukraine angreift und bombardiert, braucht die Ukraine sowohl Waffen als auch Munition, um sich zu verteidigen und um den Krieg zu beenden.

NatΓΌrlich wollen wir, ebenso wie die Ukraine, Frieden. Aber wir wollen nicht nur irgendeinen Frieden. Wir wollen einen gerechten und dauerhaften Frieden auf der Grundlage der UN-Charta. Einen Frieden, bei dem Russland seine Truppen aus allen Gebieten der Ukraine abzieht, die es derzeit besetzt hΓ€lt. Das ist auch der Grund, warum wir die Friedensformel von PrΓ€sident Selenskyj unterstΓΌtzen.

Richtiger Schritt

Mit anderen Worten: Es kommt darauf an, wie der Krieg endet – und nicht nur darauf, dass er endet, mit russischen territorialen und andere Gewinnen durch diesen Angriffskrieg. Wir wollen zudem, dass Russland zur Rechenschaft gezogen wird. Deshalb ist die Anklage von PrΓ€sident Putin durch den Internationalen Strafgerichtshof so wichtig: Putin muss fΓΌr die Kriegsverbrechen, die er zu verantworten hat, bezahlen. Dazu gehΓΆrt die gewaltsame EntfΓΌhrung vieler Kinder aus der Ukraine.

In diesem Krieg sind die Geschichte und die Gerechtigkeit auf der Seite der Ukraine. Aber wir mΓΌssen den Lauf der Geschichte beschleunigen. Unsere militΓ€rische UnterstΓΌtzung und unsere Entscheidung, gemeinsam Munition zu kaufen, dienen der Sache eines gerechten Friedens in der Ukraine. Es ist eine richtige und notwendige Entscheidung.

Die in GastbeitrÀgen geÀußerten Ansichten geben die Meinung der Autorinnen und Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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