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Russland | Urteil gegen Alexej Nawalny: An ihm ist Putin gescheitert


Urteil gegen Alexej Nawalny
Nawalny zeigt, wo Putins Grenzen liegen

  • David Schafbuch
MeinungVon David Schafbuch

04.08.2023Lesedauer: 3 Min.
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imago images 0301048881Vergrößern des Bildes
Alexej Nawalny: Der Kremlkritiker lächelte vor seiner Verurteilung. (Quelle: Mikhail Voskresenskiy/imago images)

Schon wieder wird Russlands bekanntester Kremlkritiker zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Wladimir Putin will an Alexej Nawalny ein Exempel statuieren. Doch das lässt den Kremlchef schwach aussehen.

Die Bilder sind grobkörnig, abgefilmt von einem Bildschirm. Näher heran kommt an Alexej Nawalny aktuell kaum noch jemand, höchstens noch Gefängnisaufseher oder andere Mitarbeiter im russischen Machtapparat. Dennoch sind die Fotos deutlich genug, um eines zu erkennen: Alexej Nawalny kann noch lächeln. Mehr als ein Bild zeigt den 47-Jährigen am heutigen Freitag mit einem breiten Grinsen.

Gründe dazu hatte er eigentlich nicht: Wieder einmal wurde er verurteilt, diesmal sind es 19 Jahre Straflager. Seine Familie sieht er möglicherweise nie wieder. Künftig könnten seine Haftbedingungen noch brutaler und unmenschlicher sein als sie es ohnehin schon sind – sofern das überhaupt möglich ist. Mehr zu den Haftbedingungen in russischen Straflagern lesen Sie hier.

Nawalny wurde in seinem Leben schon unzählige Male verhaftet. Das russische Regime ließ ihn vergiften und einsperren. In der Strafkolonie soll er die meiste Zeit in Isolationshaft verbringen und gefoltert werden. Und doch grinst er, wenn ihm weitere Jahre aufgebrummt werden.

Das Regime von Wladimir Putin will an Nawalny seine Stärke demonstrieren. Doch der heutige Tag zeigt, dass mit dem Oppositionellen ein Mensch auf der Anklagebank sitzt, der sich nicht brechen lässt. Nawalny zeigt, wo Putins Grenzen liegen.

"Lebenslange Strafe"

Den Anschein, dass es sich bei dem Prozess um einen angeblich fairen handele, versucht das russische Regime nicht mehr zu erwecken: Das Urteil wurde in keinem Gericht, sondern direkt in dem Straflager gesprochen, in dem Nawalny bereits einsitzt. Die Gründe für die Verurteilung? Das genaue Strafmaß? All das spielt überhaupt keine Rolle mehr im Putin-Russland des Jahres 2023.

Nawalny und seine Mitstreiter wissen das genau. Schon vor dem Urteilsspruch hatten sie sich keine Illusionen gemacht. Auf den Punkt brachte es Leonid Wolkow: "Alle verstehen doch, es ist eine lebenslange Strafe", sagte der im Exil lebende Nawalny-Vertraute heute Morgen noch der ARD.

Anders gesagt: Die Welt sieht zu, wie Putin Nawalny langsam sterben lässt. Doch das scheint an dem Oppositionellen abzuperlen: "Denken Sie darüber nach, warum eine solch beispielhaft hohe Strafe notwendig ist. Ihr Hauptzweck ist es, einzuschüchtern. Euch, nicht mich", schrieb er in einem Brief, bevor das Urteil gesprochen wurde.

Eine Möglichkeit für die Freiheit

Man muss nicht alles gut finden, was Nawalny und seine Mitstreiter in der Vergangenheit getan und gesagt haben. Doch sein Mut bleibt bewundernswert. Ebenso wie der anderer politischer Gefangener des Kreml: Wladimir Kara-Mursa wurde zuletzt zu 25 Jahren Haft verurteilt. Anschließend sprach er von der "höchstmöglichen Punktzahl", die er erreichen konnte. Reue zeige er keine, die Verurteilung erfülle ihn stattdessen mit Stolz.

Auch der US-amerikanische Journalist Evan Gershkovich sitzt seit einiger Zeit aus fragwürdigen Gründen in russischer Untersuchungshaft. Doch auch Kara-Mursa und Gershkovich konnten, wie Nawalny, bei ihren letzten öffentlichen Terminen immer noch lächeln. Die Härte, mit der Putin gegen sie vorgeht, zeigt nur, was nötig ist, um sein autokratisches, korruptes System am Leben zu halten.

Wie lange das noch funktioniert? Durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ist das Risiko für ein Scheitern Putins jedenfalls größer geworden. Es wird wohl die einzige Möglichkeit sein, dass die vielen russischen Oppositionellen ihre Zellen wieder verlassen können. Auch Alexej Nawalny wird das wissen. Wer bei diesen Gedanken noch lächeln kann, hat vermutlich jegliches Gefühl von Angst abgelegt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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