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Kambodscha: Konflikt mit Thailand könnte in Krieg enden


Eskalation in Südostasien
Dieser Konflikt könnte in einen Krieg ausarten

Von t-online, jaf

Aktualisiert am 26.07.2025 - 06:31 UhrLesedauer: 4 Min.
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Video: Diese Aufnahmen sollen die Zerstörung von Waffendepots in Kambodscha zeigen. (Quelle: reuters)
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An der Grenze von Thailand und Kambodscha eskaliert die Lage, mehrere Zivilisten sind gestorben. Die Sorge vor einem Krieg wächst.

Der Konflikt zwischen Thailand und Kambodscha schwelt bereits seit Jahrhunderten. Auch in der jüngeren Vergangenheit kam es zu Schusswechseln zwischen beiden Armeen. Doch so gravierend wie aktuell war die Lage schon lange nicht mehr. Mindestens 15 Menschen sind gestorben, dazu kommen zahlreiche Verletzte.

Nach der Eskalation am Donnerstag gingen die Kämpfe am frühen Freitagmorgen weiter. Beide Seiten behaupten, der jeweils andere sei der Aggressor. Eine Einigung ist nicht in Sicht. Beobachter warnen davor, dass der Konflikt in einen Krieg ausarten könnte.

Auslöser war offenbar eine Landminenexplosion an der Grenze, bei der fünf thailändische Soldaten verletzt wurden. Einer soll dabei ein Bein verloren haben. Thailand wirft dem Nachbarland vor, erst kürzlich auf sicheren Wegen Minen verlegt zu haben. Kambodscha besteht darauf, dass es alte Minen aus vergangenen Konflikten seien.

Kampfjets und Raketen im Grenzgebiet

Die Auseinandersetzungen haben sich seitdem schnell ausgeweitet. In mindestens sechs Regionen des Grenzgebiets wird mittlerweile gekämpft. Auch das eingesetzte Waffenarsenal übertrifft alles, was in den vergangenen Jahren zum Einsatz kam. So setzte Thailand auch Kampfjets gegen kambodschanische Stellungen ein. Nach Angaben des Militärs wurden zwei kambodschanische, regionale Militärhauptquartiere getroffen. Kambodscha soll nach thailändischen Angaben Raketen des Typs BM-21 von Lastwagen auf Wohngebiete abgefeuert haben.

Das kambodschanische Verteidigungsministerium hingegen beschuldigte das Nachbarland, mit Kampfjets zwei Bomben auf eine Straße abgeworfen zu haben. Es kursieren Bilder von einer brennenden Tankstelle. Auch ein Supermarkt und ein Krankenhaus sollen getroffen worden sein.

Laut thailändischen Angaben starben im eigenen Land bereits 14 Zivilisten – darunter auch Kinder – und ein Soldat. Zudem seien 32 Zivilisten und 15 Soldaten verletzt worden. 100.000 Anwohner aus vier Provinzen (Ubon Ratchathani, Si Sa Ket, Surin und Buriram) wurden laut Innenministerium in etwa 300 Evakuierungszentren in Sicherheit gebracht. Kambodscha sprach dagegen von vier Verletzten und 4.000 Vertriebenen. Nach Berichten des thailändischen Militärs sollen zudem mindestens 24 kambodschanische Soldaten getötet worden sein.

Experte: Eskalation, aber noch kein Krieg

Während die Regierung in Bangkok von einem "schweren Verstoß gegen das Völkerrecht" und eigenen "Selbstverteidigungsmaßnahmen" spricht, schreibt Kambodschas Ministerpräsident Hun Manet auf Facebook: "Kambodscha hat sich stets für eine friedliche Lösung von Problemen eingesetzt, doch in diesem Fall haben wir keine andere Wahl, als mit bewaffneten Streitkräften auf bewaffnete Aggressionen zu reagieren."

Felix Heiduk, Forschungsgruppenleiter Asien an der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, sagt dem schweizerischen Portal "20 Minuten", es lasse sich definitiv von einer Eskalation sprechen. Der "Einsatz schwerer Waffen wie Raketenwerfer und Kampfflugzeuge, die zivilen Todesopfer und die überaus scharfe Rhetorik auf beiden Seiten stellt in Relation zu den letzten zehn Jahren eine erneute Eskalation dar". Eine klare Prognose könne er aber noch nicht abgeben: "Ob das schon als Kriegsausbruch bezeichnet werden kann, lässt sich derzeit nicht beantworten."

Die bisher letzten größeren Kämpfe in der Region gab es im Jahr 2011, damals starben 20 Menschen. Im Mittelpunkt des Konflikts steht dabei der Verlauf der über 800 Kilometer langen Grenze, die noch aus der Kolonialzeit stammt. Insbesondere geht es um das Vorgebirge Preah Vihear, ein Gebiet rund um den 1.000 Jahre alten Tempel Preah Vihear, der 2008 zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt wurde. Der Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen sprach Kambodscha 2013 die Souveränität über die Region zu, Thailand erkennt dies aber nicht an.

Innenpolitische Konflikte in Thailand

Im Mai flammte der Konflikt dann erneut auf, als es zu einem Schusswechsel kam und ein kambodschanischer Soldat starb. Daraufhin stufte Thailand die diplomatischen Beziehungen herab und schloss Grenzübergänge. Zudem wurde erst kürzlich die thailändische Premierministerin Paetongtarn Shinawatra suspendiert – weil sie mit Kambodschas Ex-Staatschef Hun Sen telefoniert und sich für eine diplomatische Lösung eingesetzt hatte. Ihr wurde vorgeworfen, sich zu unterwürfig verhalten zu haben.

Daher hat der aktuelle Konflikt auch innenpolitische Gründe. Asienexperte Heiduk verdeutlicht: "Der Grenzkonflikt wird vor allem in Thailand wiederholt innenpolitisch instrumentalisiert – vor allem vom mächtigen Militär, das immer wieder direkt in die Politik interveniert." So werfe das Militär der zivilen Regierung in Bangkok vor, die Souveränität Thailands nicht ausreichend zu verteidigen. Sie sei "schwach und nicht patriotisch genug".

UN-Generalsekretär António Guterres hatte beide Länder in der Folge zu "maximaler Zurückhaltung" aufgerufen. Der UN-Sicherheitsrat kündigte für Freitag eine Dringlichkeitssitzung wegen der Kämpfe an, berichtete die Nachrichtenagentur AFP. Die USA, China und Malaysia hatten zudem angeboten, einen Dialog zu ermöglichen. Malaysia hat derzeit den Vorsitz des südostasiatischen Staatenbundes Asean inne.

Allerdings lehnt Thailand eine Vermittlung durch Drittstaaten ab. Die kambodschanische Regierung müsse zunächst ihre Angriffe einstellen, teilte das Außenministerium am Freitag in Bangkok mit. Der Konflikt könne zudem nur durch bilaterale Gespräche gelöst werden. "Ich glaube nicht, dass wir vorerst eine Vermittlung durch ein Drittland benötigen", sagte Außenamtssprecher Nikorndej Balankura der Nachrichtenagentur Reuters.

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