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Zu teuer, zu groß, zu ineffizient: Flugzeugträger sind Amerikas verwundbare Giganten


Flugzeugträger: Amerikas verwundbare Giganten

spiegel-online, Markus Becker

Aktualisiert am 12.09.2013Lesedauer: 5 Min.
USA, Militär, FlugzeugträgerVergrößern des BildesDer Bau des US-Flugzeugträgers "Gerald R. Ford" ist ein zähes Mega-Projekt (Quelle: Reuters-bilder)
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Die USA haben offenbar erhebliche Probleme mit ihrer neuen Flugzeugträger-Klasse. Der Rechnungshof kritisiert den Einbau unausgereifter Systeme, warnt vor massiven Mehrkosten und Verzögerungen. Der Bericht bestärkt Kritiker: Sie halten die schwimmenden Festungen für Relikte der Vergangenheit.

Flugzeugträger sind für die USA nicht nur ein Waffensystem unter vielen - sie sind Symbol und auch Werkzeug ihrer globalen Machtausübung. Doch Amerika bekommt auch auf diesem Gebiet zunehmend Konkurrenz: China hat seinen ersten Flugzeugträger in Dienst gestellt und plant den Bau modernerer Exemplare. Im August hat Indien seinen ersten in Eigenregie gebauten Flugzeugträger vom Stapel gelassen, nur wenige Tage später folgte Japan mit einem Hubschrauberträger.

Die USA wollen ihre technologische Führungsrolle mit den neuen Flugzeugträgern der "Gerald R. Ford"-Klasse verteidigen. Sie sollen zwar nicht größer ausfallen als die aktuelle "Nimitz"-Klasse, der Rumpf wird weitgehend baugleich sein. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten auch schon: Die drei geplanten Flugzeugträger - die derzeit im Bau befindliche "Gerald R. Ford", die "John F. Kennedy" und die "Enterprise" - sollen ihre Vorgänger in jeder Hinsicht übertreffen, insbesondere was die Integration neuer Technologien betrifft.

Doch das gestaltet sich offenbar schwieriger als erwartet. Der US-Rechnungshof GAO hat jetzt scharfe Kritik an dem Programm geübt. Die Marine habe lediglich "gemischten Erfolg" bei der Entwicklung zentraler Technologien. Um Termine einzuhalten, habe sie Systeme in die "Gerald R. Ford" eingebaut, die noch gar nicht ausreichend getestet worden seien. Das berge die Gefahr kostenträchtiger Korrekturen. Auch an vielen anderen Stellen hinke die Navy dem Zeitplan hinterher, schreibt der GAO in seinem Bericht.

Mehrkosten in Milliardenhöhe

Schon jetzt liege der geschätzte Preis für die "Gerald R. Ford" bei 12,8 Milliarden Dollar - 22 Prozent mehr als ursprünglich vorgesehen. Und der Rechnungshof fürchtet weitere Kostensteigerungen. Konkret nennt er den schwierigen Einbau des neuartigen elektromagnetischen Flugzeugkatapults, das die bisherigen dampfgetriebenen Modelle ersetzen soll, sowie die Integration des Kampfjets F-35, dessen Entwicklung ebenfalls Pannen in Serie produziert hat. Dass die "Gerald R. Ford" noch wie geplant im November 2013 vom Stapel läuft und 2016 in Dienst gestellt wird, hält der Rechnungshof inzwischen für unwahrscheinlich.

Auch die Schätzung des Pentagon über die Gesamtkosten des Projekts bezweifelt der GAO. Insgesamt sollen die drei neuen Schiffe 43 Milliarden Dollar kosten. Doch schon den Kostenplan für den Bau der "John F. Kennedy" halten die Rechnungsprüfer für "optimistisch".

Die Kritik des Rechnungshofs kommt für die Anhänger der großen Flugzeugträger zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Jahrzehntelang galten die Riesenschiffe militärpolitisch als sakrosankt, doch inzwischen stellen immer mehr Fachleute und sogar aktive Marineoffiziere ihren Sinn offen in Frage.

Ein Grund sind die gewaltigen Kosten. Bau und Betrieb eines Trägers der Nimitz-Klasse verschlingen laut einer GAO-Studie von 1998 rund 22 Milliarden Dollar, gerechnet über die gesamte Einsatzdauer. Beträgt diese 50 Jahre, kommen jährliche Kosten von 440 Millionen Dollar (333 Millionen Euro) zusammen. Das sind etwa 1,2 Millionen Dollar pro Tag - wohlgemerkt nach dem Dollarwert von 1998.

Sind Flugzeugträger noch zeitgemäß?

Auch die Zweifel am militärischen Sinn der Giganten wachsen. Die "Superträger" der USA, rund 330 Meter lang und mit einer Verdrängung von 100.000 Tonnen, sind auf die symmetrische Kriegsführung ausgerichtet, auf einen intensiven Schlagabtausch mit einem hochgerüsteten Gegner. Die "Gerald R. Ford"-Klasse führt diese Tradition fort: Sie soll beispielsweise 160 Kampfjet-Missionen pro Tag ermöglichen, 40 mehr als die aktuellen Flugzeugträger der "Nimitz"-Klasse.

Doch das Szenario eines Krieges zwischen Großmächten halten Kritiker für nicht mehr zeitgemäß - schon allein wegen der Globalisierung. Die USA und China etwa seien wirtschaftlich inzwischen so eng miteinander verflochten, dass ein veritabler Krieg auch auf lange Sicht extrem unwahrscheinlich sei.

Stattdessen sei auch in Zukunft von asymmetrischen Konflikten auszugehen, und da sei es sinnvoller, eine größere Zahl an kleineren Einheiten vorzuhalten - etwa Hubschrauberträger, die sowohl Helikopter als auch eine kleinere Zahl senkrechtstartfähiger Kampfjets tragen können. Sie könnten bei regionalen Konflikten und im Kampf gegen Terroristen schneller zur Stelle sein als die gigantischen Flugzeugträger-Kampfgruppen, die außer dem Träger selbst auch noch zwei Kreuzer, zwei bis drei Zerstörer, eine Fregatte, zwei U-Boote und ein Versorgungsschiff umfassen.

"Große, stolze und teure Zielscheiben"

Die täglichen Betriebskosten einer solchen Flotte beziffert US-Marinekapitän Henry Hendrix gar mit 6,5 Millionen Dollar pro Tag. Flugzeugträger, schrieb Hendrix kürzlich in einem Beitrag für den Think-Tank Center for a New American Security, drohten auf dem Schrottplatz der Geschichte zu landen - wie vor ihnen die Schlachtschiffe: Sie seien "groß, teuer, verwundbar und überraschend irrelevant für die Konflikte ihrer Zeit".

Denselben Vergleich zog kürzlich der russische Militärblogger Gary Brecher. Flugzeugträger seien das, was Schlachtschiffe schon 1941 gewesen seien: "Große, stolze und teure Zielscheiben". Im Zweiten Weltkrieg hätten sich die Flugzeugträger den Schlachtschiffen als überlegen erwiesen, doch das sei Jahrzehnte her. "Heute kann ein Tanker 60 selbstlenkende Marschflugkörper aus einer Entfernung von Hunderten Meilen abfeuern", bemerkt Brecher, offenbar in Anspielung auf Systeme wie das russische "Club-K". "Kein Flugzeugträger würde seine erste echte Schlacht überleben."

Drohnen sind effizienter

Navy-Kapitän Hendrix wirft dem Weißen Haus, dem Kongress und dem Pentagon - also immerhin seinen Chefs - vor, die Zeichen der Zeit zu missachten, indem sie unbeirrt auf das klassische Konzept des Flugzeugträgers mit bemannten Kampfjets setzten. Marschflugkörper oder Drohnen könnten die gleiche Wirkung erzielen wie ein Flugzeug mit Pilot - allerdings zu einem Bruchteil des Preises. Zwar sollen Drohnen auf den neuen Schiffen der Ford-Klasse starten und landen. Doch von der Einsatztauglichkeit sind derartige Systeme wie etwa die X-47B noch weit entfernt.

Und auch sie würden das Problem der Verwundbarkeit großer Flugzeugträger nicht lösen. Die aber ist im Zeitalter von Satelliten und präzisen Langstreckenraketen größer denn je. Schon jetzt könnten sich Flugzeugträger kaum noch in die Nähe einer Küste wagen, an der feindliche Marschflugkörper und Raketen stationiert sind. In Zukunft dürfte das Problem nicht kleiner werden. So reagierten US-Militärs überaus besorgt auf die Nachricht, dass China im Eiltempo eine ballistische Rakete des Typs DF-21D entwickelt hat. Das als Schiffskiller konzipierte Langstreckengeschoss soll eine Reichweite von bis zu 3000 Kilometern haben. Ein trägergestützter F-35-Kampfjet hat dagegen einen Einsatzradius von nur 1140 Kilometern.

Eine einzige DF-21D, so Hendrix, könnte einen Flugzeugträger so stark beschädigen, dass er seine Mission abbrechen müsste. Im schlimmsten Fall würde sie ihn direkt versenken. Die Kosten für eine DF-21D lägen nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen fünf und elf Millionen Dollar. Bei einem Preis von rund 13 Milliarden Dollar für die "Gerald R. Ford" könnte China mindestens 1200 DF-21D für jeden neuen US-Träger bauen.

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