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Attentat in Haiti: Mindestens 28 Menschen an Präsidentenmord beteiligt


Mordkommando aus Kolumbien?
US-Amerikaner nach Attentat in Haiti festgenommen

Von dpa, afp
Aktualisiert am 09.07.2021Lesedauer: 3 Min.
Polizisten nahe des Tatorts: Der Präsident von Haiti wurde in seinem Haus erschossen.Vergrößern des BildesPolizisten nahe des Tatorts: Der Präsident von Haiti wurde in seinem Haus erschossen. (Quelle: Estailove St-Val/Reuters-bilder)
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In seinem eigenen Haus wird der Staatspräsident von Haiti mitten in der Nacht erschossen. Als Täter werden kolumbianische Söldner und zwei US-Amerikaner identifiziert. Es bleibt die Frage: Warum?

Der Mord an Haitis Präsident Jovenel Moïse geht nach Angaben der Polizei auf das Konto einer Söldnertruppe aus dem Ausland. Die Nationalpolizei des Karibikstaats führte am Donnerstagabend (Ortszeit) in der Hauptstadt Port-au-Prince 15 Männer aus Kolumbien und zwei US-Amerikaner vor, die den Anschlag verübt haben sollen.

Polizeichef Léon Charles teilte mit, acht weitere Kolumbianer seien noch auf freiem Fuß. Drei mutmaßliche Täter seien getötet worden. Zuvor hatte die Polizei von vier toten Angreifern gesprochen. Von wem das Mordkommando den Auftrag bekam, blieb unklar.

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Festnahmen in Botschaft

Nach Angaben Taiwans sind elf Verdächtige auf dem taiwanischen Botschaftsgelände in Port-au-Prince festgenommen worden. "Eine Gruppe bewaffneter Männer" sei am Donnerstagmorgen in die diplomatische Vertretung Taiwans eingedrungen, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums in Taipeh am Freitag der Nachrichtenagentur AFP.

"Das Sicherheitspersonal benachrichtigte sofort das Botschaftspersonal und die haitianische Polizei", sagte die Sprecherin. Auf Anfrage der Regierung Haitis habe die Botschaft den Sicherheitskräften erlaubt, das Gelände zu betreten. Haiti ist eine von nur 15 Nationen, die Taiwan offiziell als unabhängig von China anerkennen.

Die mutmaßlichen Verantwortlichen für die Ermordung von Moïse seien nach ersten Informationen ehemalige Angehörige der kolumbianischen Armee, sagte Molano in einem Video, das er auf Twitter veröffentlichte. Die Regierung in Bogotá habe Polizei und Armee angewiesen, sich an den Ermittlungen zu beteiligen.

Söldner gaben sich als US-Agenten aus

Die Festgenommenen waren bei der haitianischen Polizei mit angelegten Handfesseln auf dem Boden sitzend zu sehen. Manche von ihnen waren sichtbar verletzt. Auf einem Tisch lagen Gegenstände, die beschlagnahmt worden seien: mehrere automatische Waffen, Macheten, Vorschlaghammer, kolumbianische Reisepässe und Handys. Mindestens zwei der Festgenommenen waren anscheinend von aufgebrachten Menschenmengen gefangengenommen worden, wie auf Videos in sozialen Medien zu sehen war. Zivilisten hatten laut Charles auch Fahrzeuge angezündet, die mutmaßlich bei dem Attentat zum Einsatz kamen.

Der 53 Jahre alte Staatschef Moïse war in der Nacht zum Mittwoch in seiner Residenz erschossen worden. Seine Ehefrau Martine wurde schwer verletzt und zur Behandlung in die gut 1.000 Kilometer entfernte US-Stadt Miami gebracht. Die Zeitung "Le Nouvelliste" berichtete, Moïses Leichnam habe zwölf Einschusslöcher, zum Teil von großkalibrigen Waffen. Haitis Botschafter in den USA, Bocchit Edmond, hatte die Attentäter vor den Festnahmen als gut ausgebildete und schwer bewaffnete ausländische Söldner bezeichnet. Sie hätten sich als Agenten der US-Drogenbehörde DEA ausgegeben.

USA bereit zu helfen

Die UN-Sonderbeauftragte für Haiti, Helen La Lime, sagte am Donnerstag in einer Online-Pressekonferenz, dass Haiti den UN-Sicherheitsrat um zusätzliche Sicherheitsunterstützung gebeten habe. Es war zunächst unklar, um was genau es sich dabei handeln soll. Auch habe Haitis UN-Botschafter internationale Unterstützung bei den Ermittlungen zu den Hintergründen der Tat angefragt. La Lime betonte, dass die Vereinten Nationen zu Hilfe bereit seien. Auch die USA sind nach Angaben der Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, dazu bereit. Voraussetzung sei, dass es eine formelle Bitte gebe.

Das Attentat hinterlässt ein Machtvakuum. Da eine für Oktober 2019 vorgesehene Parlamentswahl unter anderem wegen heftiger Proteste gegen Moïse ausgefallen war, gibt es dort seit Januar 2020 kein handlungsfähiges Parlament mehr. Moïse regierte seither per Dekret.

15 Tage Belagerungszustand ausgerufen

Erst am Montag hatte Moïse den Neurochirurgen Ariel Henry zum Interims-Premierminister ernannt. Den Titel hatte seit April Joseph inne, der allerdings mangels Parlament nie verfassungsmäßig in dem Amt des Regierungschefs bestätigt wurde. Weil Henry bisher nicht vereidigt wurde, erklärte sich Joseph zum amtierenden Interims-Premierminister. Er unterzeichnete einen Erlass, mit dem 15 Tage Belagerungszustand ausgerufen wurden. Damit können unter anderem die Befugnisse des Militärs erweitert und Rechte der Bürger beschnitten werden. In einem Interview von "Le Nouvelliste" sagte Henry, aus seiner Sicht sei Joseph nicht mehr Premierminister.

Moïse, der seit 2017 regierte, war äußerst unbeliebt. Ihm wurden Korruption, Verbindungen zu brutalen Banden und autokratische Tendenzen vorgeworfen. Proteste legten Haiti in den vergangenen drei Jahren immer wieder lahm. Zuletzt trieben blutige Kämpfe zwischen Banden um die Kontrolle über Teile der Hauptstadt Tausende Menschen in die Flucht. Am 26. September sind Präsidenten- und Parlamentswahlen sowie ein Verfassungsreferendum geplant. Joseph hat erklärt, an dem Datum festhalten zu wollen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP und dpa
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