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Ukraine-Konflikt: Zweifel an Russlands Truppenabzug – Experte hofft noch


Blufft Putin nur?
Wie ein Militärexperte die russische Strategie deutet

Von t-online, NoS, das

16.02.2022Lesedauer: 3 Min.
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Ukraine: Das russische Verteidigungsministerium erklärt eine Militärübung auf der Krim für beendet. (Quelle: t-online)
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Sind die Berichte über einen Rückzug russischer Truppen aus dem Grenzgebiet zur Ukraine nur ein Täuschungsmanöver? Die Nato schließt das nicht aus – doch ein Experte schätzt die Lage anders ein.

Es war eine unerwartete Meldung, die das russische Verteidigungsministerium am Dienstagmorgen veröffentlichte: Bundeskanzler Olaf Scholz war erst kurz zuvor in Moskau gelandet, da wurde plötzlich der Abzug von russischen Truppen im Grenzgebiet der Ukraine verkündet. Einheiten im Süden und Westen des Landes hätten "ihre Aufgaben erfüllt" und würden nun zurück zu ihren Hauptstandorten verlegt. Die Formulierung findet sich danach in weiteren Mitteilungen des Ministeriums.

Am Mittwochmorgen folgte dann eine weitere Nachricht: Diesmal sollten Soldaten von der annektierten ukrainischen Halbinsel Krim abgezogen werden. Als Beweise wurden Fotos und Videos aufgeführt, in denen Panzer auf Zügen abtransportiert werden. Um wie viele Einheiten es sich konkret handelt, wird in den Meldungen nicht erwähnt, genauso wenig, ob der Abzug nur vorübergehend oder dauerhaft erfolgt.

Es sollen, nach monatelangen Drohgebärden in Richtung der Ukraine, die ersten Anzeichen einer vermeintlichen Entspannung auf russischer Seite sein. Dabei warnten die USA zuletzt, eine russische Invasion stehe unmittelbar bevor. Sind die Meldungen aus Moskau also überhaupt glaubhaft?

"Russland scheint den Militäraufmarsch fortzusetzen"

Aus Sicht des westlichen Militärbündnisses Nato zumindest nicht. Sie hält es für unwahrscheinlich, dass die Kriegsgefahr derzeit gebannt ist. "Bislang haben wir vor Ort keine Deeskalation gesehen. Im Gegenteil: Russland scheint den Militäraufmarsch fortzusetzen", sagte der Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel. Demnach beweisen die aktuellen Bewegungen von Truppen und Kampfpanzern nicht, dass es einen echten Rückzug gebe.

"Sie haben Truppen immer vor und zurück bewegt", so Stoltenberg. Russland behalte die Fähigkeit, ohne jegliche Vorwarnzeit eine umfassende Invasion zu starten.

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Auch Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht äußerte sich skeptisch. "Es gibt Signale, die uns zumindest hoffnungsvoll stimmen lassen. Aber es ist wichtig, genau zu beobachten, ob diesen Worten auch Taten folgen", sagte sie.

"Insgesamt halte ich das Signal für glaubwürdig"

Anders schätzt ein Sicherheitsexperte die Lage ein: Wolfgang Richter geht davon aus, dass Putin den Truppenabzug bewusst gegenüber Kanzler Scholz angekündigt hat. Er sagt: "Das muss man im Kontext mit den diplomatischen Initiativen sehen, die Russland auf den Weg gebracht hat. Insgesamt halte ich das Signal für glaubwürdig, weil es im russischen Interesse ist", so Richter.

Zur Person: Oberst a.D. Wolfgang Richter ist Sicherheitsexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. Sein Forschungsschwerpunkt ist unter anderem das Nato-Russlandverhältnis.

Der Experte hält einen begrenzten Konflikt für denkbar, glaubt aber nicht, dass eine großangelegte Invasion in die Ukraine erfolgt. "Russland hat zwar mit dem Säbel gerasselt und nachgewiesen, dass es in der Lage ist, Truppen zu konzentrieren. Aber es geht damit auch Risiken ein", so Richter. Er verweist dabei auf die gewachsene Stärke der ukrainischen Armee mit rund 255.000 Soldaten und 1.000 Panzern. Eine Invasion wäre "für Russland kein Spaziergang. Es müsste mit vielen Toten und Verwundeten rechnen", betont Richter.

Darin liege ebenso innenpolitische Sprengkraft wie in der Frage, wer die Verantwortung für einen möglichen "Bruderkrieg" trage. Es könne auch nicht in russischem Interesse sein, als Aggressor international weiter isoliert zu werden. Und: Das Ziel, eine Nato-Erweiterung nach Osten zu verhindern, könne damit nicht erreicht werden. Eher im Gegenteil: Nach Ansicht Richters könnte eine russische Invasion andere Staaten erst recht ermutigen, der Nato beizutreten.

Ob die angekündigten Truppenreduzierungen Russlands nun tatsächlich stattfinden, müsse man abwarten. Doch Richter ist zuversichtlich: "Trotzdem erkenne ich im Signal von gestern, dass wahrscheinlich der Diplomatie und dem Dialog wieder eine Chance gegeben wird."

Was Russland wirklich plant, bleibt weiterhin im Unklaren. In den jüngsten Mitteilungen des russischen Verteidigungsministeriums fällt zumindest eine Formulierung auf, die vermuten lässt, dass eine weitere Eskalation nicht ausgeschlossen ist: Nach der Rückkehr in die Militärbasen werde die Ausrüstung zunächst gewartet und vorbereitet für "die nächste Phase der Kampfausbildung".

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Wolfgang Richter am 16. Februar 2022
  • Russisches Verteidigunsministerium: "" (auf englisch)
  • Russisches Verteidigungsministerum: "The first vehicle convoy of CSS formation of Southern MD passed the Crimean bridge in the direction of the point of permanent deployment after the exercise in Crimea" (auf englisch)
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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